Nachträgliche Gesamtstrafenbildung: Notwendige Feststellung des Vollstreckungsstandes wegen möglicher Beschwer durch Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe
Gesetze: § 55 StGB, § 354 Abs 1b StPO, § 460 StPO, § 462 StPO
Instanzenzug: Az: (522 Ks) 234 Js 178/14 Ks (4/15)
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten E. wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren und den Angeklagten Er. wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer solchen von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten E. ist unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO). Hingegen führt die insoweit beschränkte Revision des Angeklagten Er. mit der Sachrüge zur Aufhebung des Strafausspruchs (§ 349 Abs. 4 StPO).
2Dieser ist zwar (insbesondere) aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom dargelegten Gründen für sich genommen rechtlich nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat aber keine Feststellungen zum Vollstreckungsstand der vier an sich gesamtstrafenfähigen, der Höhe nach nicht bezifferten Geldstrafen aus einer - ebenfalls nicht näher bezeichneten - Entscheidung vom getroffen. Den Urteilsgründen kann somit nicht entnommen werden, ob eine Einbeziehung in eine Gesamtfreiheitsstrafe noch möglich oder im Vollstreckungsfall die Gewährung eines Härteausgleichs erforderlich ist. Der Senat kann insbesondere mit Blick auf die mitgeteilten wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten und den Zeitablauf nicht ausschließen, dass die Vollstreckung der gebildeten Gesamtgeldstrafe durch den Vollzug von Ersatzfreiheitsstrafe - etwa in Unterbrechung der Untersuchungshaft - erledigt ist; dies würde den Angeklagten - anders als im Fall der Nichtzahlung der Geldstrafe die unterbliebene oder im Fall ihrer Bezahlung die nicht mehr mögliche Bildung einer Gesamtfreiheitsstrafe - beschweren.
3Der Aufhebung der Feststellungen bedarf es nicht. Die ergänzenden Feststellungen dürfen den bisherigen nicht widersprechen.
4Die neu zu treffende Entscheidung über den Strafausspruch kann nicht gemäß § 354 Abs. 1b StPO dem Beschlussverfahren nach §§ 460, 462 StPO überlassen werden, weil die möglicherweise zu treffende Entscheidung über einen Härteausgleich nicht in den Regelungsbereich dieser Vorschriften fällt; sie ist dem Tatgericht nach Durchführung einer Hauptverhandlung vorbehalten (vgl. ). Der Senat verweist die Sache entsprechend § 354 Abs. 3 StPO an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurück, da eine Zuständigkeit des Schwurgerichts nicht mehr besteht.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2017:240117B5STR601.16.0
Fundstelle(n):
NJW 2017 S. 10 Nr. 13
ZAAAG-42906