BGH Beschluss v. - XII ZB 448/16

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: Einlegung des statthaften Rechtsmittels gegen die gesonderte Entscheidung über das Wiedereinsetzungsgesuch

Leitsatz

Bei gesonderter Entscheidung über das Wiedereinsetzungsgesuch muss diese mit dem statthaften Rechtsmittel angegriffen werden, weil andernfalls die Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag rechtskräftig und für die Entscheidung über die Verwerfung des Rechtsmittels bindend wird (im Anschluss an , NJW-RR 2016, 507).

Gesetze: § 113 Abs 1 FamFG, § 233 ZPO, § 238 Abs 2 ZPO

Instanzenzug: Az: II-5 UF 48/16vorgehend AG Essen-Borbeck Az: 12 F 236/14

Gründe

I.

1Die Antragstellerin wendet sich gegen die Verwerfung ihrer Beschwerde in einer Unterhaltssache.

2Die Beteiligten sind getrennt lebende Eheleute. Die Antragstellerin hat gegen den Antragsgegner Trennungs- sowie Kindesunterhalt geltend gemacht. Der Beschluss des Amtsgerichts, mit dem dieses dem Antrag der Antragstellerin nur teilweise stattgegeben hat, ist ihrer Verfahrensbevollmächtigten am zugestellt worden. Am hat sie beim Amtsgericht die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für ein beabsichtigtes Beschwerdeverfahren beantragt. Am hat sie beim Oberlandesgericht per Telefax Beschwerde gegen den amtsgerichtlichen Beschluss eingelegt. Nachdem das Oberlandesgericht auf die Unzulässigkeit der Beschwerde hingewiesen hatte, hat sie am Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Beschwerdefrist beantragt. Nachdem das Oberlandesgericht zunächst die Anträge auf Verfahrenskostenhilfe und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit einem noch im Juni 2016 zugestellten Beschluss zurückgewiesen hatte, hat es die Beschwerde mit Beschluss vom verworfen. Gegen den letztgenannten Beschluss richtet sich die am beim Bundesgerichtshof eingegangene Rechtsbeschwerde der Antragstellerin.

II.

3Die Rechtsbeschwerde ist nach § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG i.V.m. §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Sie ist aber nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt und die Antragstellerin vermag auch nicht aufzuzeigen, dass eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich wäre.

41. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Antragstellerin habe nicht innerhalb der am abgelaufenen Beschwerdefrist beim Amtsgericht Beschwerde eingelegt. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lägen nicht vor, da sie nicht ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist zur Einlegung der Beschwerde gehindert gewesen sei.

52. Diese Ausführungen halten sich im Rahmen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

6a) Zutreffend ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass die von der Antragstellerin eingelegte Beschwerde verfristet ist, weil sie nicht innerhalb der Monatsfrist des § 63 Abs. 1 FamFG gemäß § 64 Abs. 1 Satz 1 FamFG beim zuständigen Amtsgericht eingelegt worden ist.

7b) Soweit sich die Rechtsbeschwerde gegen die Versagung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wendet, gehen ihre Angriffe ins Leere.

8aa) Bei gesonderter Entscheidung über das Wiedereinsetzungsgesuch muss diese mit dem statthaften Rechtsmittel angegriffen werden, weil andernfalls die Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag rechtskräftig und für die Entscheidung über die Verwerfung des Rechtsmittels bindend wird (BGH Beschlüsse vom - I ZB 41/15 - NJW-RR 2016, 507 Rn. 14; vom - VI ZB 23/00 - NJW 2002, 2397, 2398 und Senatsbeschluss vom - IVb ZB 825/81 - FamRZ 1982, 163; BeckOK ZPO/Wendtland [Stand: ] § 238 Rn. 18; Musielak/Voit/Grandel ZPO 12. Aufl. § 238 Rn. 7).

9Allerdings ist die betroffene Partei unter dem Aspekt der Rechtskraft - soweit die Wiedereinsetzungsfrist des § 234 ZPO gewahrt ist, die bei Geltendmachung mehrerer Hinderungsgründe erst mit der Beseitigung des letzten Hinderungsgrunds zu laufen beginnt - nicht gehindert, nachfolgend weitere Wiedereinsetzungsgründe geltend zu machen, über die noch nicht entschieden worden ist ( - NJW-RR 2016, 507 Rn. 14).

10bb) Gemessen hieran war die Entscheidung des über den Wiedereinsetzungsantrag für seine nachfolgende Entscheidung über die Verwerfung des Rechtsmittels bindend. Denn die Antragstellerin hat verabsäumt, gemäß § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 238 Abs. 2 ZPO und §§ 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG i.V.m. §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss vom einzulegen.

11Daran ändert auch nichts, dass die Antragstellerin hiergegen Gegenvorstellung erhoben hat. Zum einen hat sie mit dieser nur die bereits von ihr geltend gemachten Wiedereinsetzungsgründe zu bekräftigen versucht, also keinen neuen Wiedereinsetzungsgrund genannt. Zum anderen ist die Gegenvorstellung gegenüber dem ordentlichen Rechtsbehelf, hier also der Rechtsbeschwerde, nachrangig (vgl. Thomas/Putzo/Reichold ZPO 37. Aufl. Vorbem. § 567 Rn. 14; Zöller/Heßler ZPO 31. Aufl. § 567 Rn. 23 jew. mwN).

12Schließlich entfällt die Bindung an den Beschluss vom auch nicht deshalb, weil das Oberlandesgericht in seiner Entscheidung über die Verwerfung der Beschwerde die Gründe, warum eine Wiedereinsetzung nicht zu gewähren sei, fast wortgleich wiederholt hat.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2017:010317BXIIZB448.16.0

Fundstelle(n):
NJW 2017 S. 10 Nr. 16
NJW 2017 S. 1554 Nr. 21
TAAAG-41910