Haftung des schwer erkrankten GmbH-Geschäftsführers für Lohnsteuer der GmbH bei Bevollmächtigung des Bruders zur Geschäftsführung,
Beauftragung eines Steuerbüros und unterbliebener Überwachung des Bruders bzw. des Steuerbüros bei Erfüllung der ihnen übertragenen
Aufgaben
Leitsatz
1. Die Nichtabführung einzubehaltender und anzumeldender Lohnsteuer, Kirchensteuer sowie des Solidaritätszuschlags zu den
gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten stellt regelmäßig eine zumindest grob fahrlässige Verletzung der Pflichten eines GmbH-Geschäftsführers
i. S. d. §§ 34, 69 AO dar.
2. Die Haftung ergibt sich schon aus der nominellen Bestellung zum Geschäftsführer und ohne Rücksicht darauf, ob die Geschäftsführung
auch tatsächlich ausgeübt werden kann und ob sie ausgeübt werden soll. Das gilt auch dann, wenn der Geschäftsführer im Haftungszeitraum
aufgrund einer schweren Erkrankung und damit verbundener Arbeitsunfähigkeit die Geschäftsführung faktisch selbst niedergelegt
und seinen – von ihm sorgfältig ausgewählten – Bruder zur Geschäftsführung bevollmächtigt hat und sich die GmbH ihrerseits
zur Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten eines Steuerbüros bedient hat, wenn der Geschäftsführer jedoch die von ihm beauftragten
bzw. eingesetzten Vertreter nicht laufend und sorgfältig bei der Durchführung der ihnen übertragenen Aufgaben zu überwacht
hat.
3. Es gilt eine gesteigerte und auch durch eine schwere Erkrankung nicht verringerte Pflicht des GmbH-Geschäftsführers zur
Überwachung der von ihm beauftragten Vertreter bei der Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben, wenn sich die Gesellschaft
in einer wirtschaftlichen Krise befindet, mithin bei Liquiditätsschwierigkeiten, sich abzeichnender Zahlungsunfähigkeit oder
einem bevorstehendem Insolvenzantrag.
4. Wer den Anforderungen, die an einen gewissenhaften Geschäftsführer gestellt sind, nicht oder nicht mehr entsprechen kann,
muss zur Vermeidung von Haftungsrisiken von der Übernahme des Geschäftsführeramts absehen bzw. es – sofort – niederlegen und
darf nicht im Rechtsverkehr den Eindruck erwecken, als sorge er selbst weiter für die ordnungsgemäße Abwicklung der Geschäfte.
Fundstelle(n): GmbH-StB 2018 S. 26 Nr. 1 RAAAG-41659
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FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil v. 24.11.2016 - 6 K 822/13
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