Gesetzgebung | Lob und Kritik für Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken (hib)
Der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen (BT-Drucks. 18/11233, 18/11531) ist in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses auf ein durchwachsenes Echo gestoßen.
Mit dem Gesetzentwurf will die Bundesregierung Gewinnverlagerungen unterbinden und die steuerliche Abzugsmöglichkeit für Lizenzaufwendungen einschränken. Dies soll auch für andere Aufwendungen für Rechteüberlassungen, die beim Empfänger nicht oder nur niedrig besteuert werden, gelten.
Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) warnte in der Anhörung vor negativen Wirkungen für den Forschungsstandort Deutschland. Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft, darunter auch der BDI, zeigten in einer gemeinsamen Erklärung zwar Verständnis für die Absicht, schädliche Steuerpraktiken zu unterbinden. Ungeachtet dessen "verursacht der Gesetzentwurf systematische Verwerfungen, den er lässt sich nur schwer in bestehendes nationales und internationales Recht integrieren". Darüber hinaus könne der Entwurf zu übermäßigen Belastungen führen, warnte die Wirtschaft.
Auch Werner Thumbs (Boehringer Ingelheim) sagte, Unternehmen, die Forschung zum Beispiel in internationalen Kooperationen erbringen würden, und Unternehmen, die sehr viel mehr Lizenzentgelte aus dem Ausland erhalten als sie dorthin bezahlen würden, dürften nicht belastet werden: "Das stellt die vorgeschlagene Regelung jedoch nicht sicher." Außerdem stelle sich die Frage, ob die Regelung nicht zu einer Doppelbesteuerung führe.
Die geplante Betriebsausgabenabzugsbeschränkung hielt Reimar Pinkernell (Kanzlei Flick Gocke Schaumburg) für vermutlich verfassungswidrig. Er schrieb in seiner Stellungnahme von einer Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips, für die keine ausreichende sachliche Rechtfertigung erkennbar sei. Selbst wenn der Gesetzgeber dieses Risiko wie bereits bei der "Zinsschranke" sehenden Auges in Kauf nehmen sollte, "besteht im Unterschied zur Zinsschranke der zusätzliche Einwand, dass die Abzugsbeschränkung mit einer faktischen Ausländerdiskriminierung verbunden ist, die gegen die Dienstleistungs- beziehungsweise Niederlassungsfreiheit verstößt" erklärte Pinkernell.
Dagegen erklärte Professor Ekkehart Reimer (Universität Heidelberg): "Ich habe insgesamt den Eindruck, dass der Entwurf ausgewogen ist." Ihm sei es nicht gelungen, einen harten Verstoß gegen Verfassungsrecht oder Unionsrecht zu entdecken. Professor Frank Hechtner (Freie Universität Berlin) bezeichnete den Gesetzentwurf als "schlüssig im Sinne der Gesamtstrategie der Bundesregierung". Mit dem Entwurf könne es gelingen, schädliche Steuerpraktiken zu verhindern. Auch Achim Pross (OECD) sagte "Ja zur Stoßrichtung dieses Gesetzentwurfs". Professor Jürgen Brandt, Richter am Bundesfinanzhof, meinte, dem Gesetzgeber sei ein "guter Entwurf gelungen". Verfassungsrechtliche Bedenken hatte er nicht.
Weitere Stimmen: hib - heute im bundestag Nr. 217 vom 30.03.2017
Das Gesetz soll am in 2./3. Lesung im Bundestag beschlossen werden. Danach muss der Bundesrat dem Vorhaben noch zustimmen.
Quelle: Bundestag online (il)
Fundstelle(n):
ZAAAG-41613