Zulässigkeit der Hinzuschätzung von Betriebseinnahmen einer Gaststätte bei unzureichender Dokumentation der aufzeichnungspflichtigen
Bareinnahmen anhand einer Quantilsschätzung
Leitsatz
1. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass Anlass zu einer Schätzung gegeben ist, wenn ein Gastwirt im Rahmen seiner gewerblichen
Tätigkeit nicht die gesetzlichen Aufzeichnungserfordernisse über die vollständige und zeitnahe Erfassung seiner nahezu ausschließlich
bar zugeflossenen Betriebseinnahmen in entsprechender Anwendung des § 146 Abs. 1 S. 2 AO erfüllt hat und außerdem gewichtige
Indizien dafür bestehen, dass der Gastwirt seine Betriebseinnahmen in den dem FA vorgelegten Aufzeichnungen nicht vollständig
erfasst hat, und wenn somit neben der formellen Ordnungswidrigkeit auch eine sachliche (materielle) Unrichtigkeit der Aufzeichnungen
wahrscheinlich ist.
2. Ermittelt ein Gastwirt zulässigerweise seinen Gewinn durch Einnahme-/Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG, muss er zwar
kein Kassenbuch, dafür aber nach Geldeingang chronologisch geordnete Aufzeichnungen führen, die über eine bloße Belegsammlung
hinausgehen. Nur bei Vorlage solchermaßen geordneter und vollständiger Belege kann eine Einnahme-/Überschussrechnung für sich
die Vermutung der Richtigkeit in Anspruch nehmen.
3. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass bei einer unzureichenden Dokumentation von aufzeichnungspflichtigen Bareinnahmen
eines Gastwirts die von betriebsinternen Daten ausgehende Quantilsschätzung grundsätzlich eine sachgerechte Schätzungsmethode
zur Hinzuschätzung von Betriebseinnahmen darstellt und dass der Streuung der Rohgewinnabschlagsätze mit dem Ansatz eines 80
%-Quantils ausreichend Rechnung getragen ist, wenn saisonale Schwankungen, konjunkturelle Schwankungen oder sonstige in der
Betriebsstruktur angelegte Besonderheiten von Gewicht weder geltend gemacht noch sonst erkennbar sind (gegen ).
Tatbestand
Fundstelle(n): BBK-Kurznachricht Nr. 8/2017 S. 359 TAAAG-40468
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Online-Dokument
FG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 09.01.2017 - 4 V 4255/15
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