Auslandszeugen sind in der mündlichen Verhandlung zu stellen; Verletzung der Sachaufklärungspflicht; Beweiserhebung und Auswahl der Beweismittel stehen im Ermessen des Gerichts
Leitsatz
1. Auslandszeugen sind in der mündlichen Verhandlung vor dem FG zu stellen.
2. Nach dem Amtsermittlungsgrundsatz hat das Gericht den Sachverhalt unter Ausschöpfung aller verfügbaren Beweismittel bis zur Grenze des Zumutbaren so vollständig wie möglich aufzuklären, soweit die Aufklärungsmaßnahmen durch den Inhalt der Akten, das Beteiligtenvorbringen oder sonstige Umstände veranlasst sind.
3. Die Art und Weise der Beweiserhebung und die Auswahl der Beweismittel stehen grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts.
Gesetze: FGO § 76 Abs. 1 Satz 1, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Instanzenzug:
Gründe
1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
2 Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) in Gestalt einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) zuzulassen. Denn das Finanzgericht (FG) hat die ihm obliegende Pflicht zur Sachaufklärung nicht verletzt.
3 1. Dies gilt zunächst für die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) vorgebrachte Rüge, das FG habe die in den USA wohnende Zeugin X nicht zur Zeugenvernehmung geladen. Denn ein im Ausland ansässiger Zeuge ist vom FG nicht zu laden, sondern von den Beteiligten, die die Vernehmung des Zeugen beantragt haben, gemäß § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO i.V.m. § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung in der mündlichen Verhandlung vor dem FG zu stellen (vgl. u.a. , BFH/NV 2012, 772, unter 2.b cc, m.w.N.).
4 2. Soweit die Kläger vorbringen, das FG habe unter Verletzung der Regeln zum Urkundenbeweis die schriftliche Bestätigung von Frau X fehlerhaft als Zeugenaussage gewertet, greift ihr Vorbringen nicht durch. Das Gericht hat die ihm vorliegende Urkunde in seine Würdigung einbezogen. Es hat ausdrücklich in den Entscheidungsgründen angeführt, der „vorgelegten schriftlichen Bestätigung“ nicht zu folgen. Eine Wertung als Zeugenaussage hat es nicht vorgenommen.
5 3. Das FG hat die ihm obliegende Pflicht zur Sachaufklärung schließlich auch nicht dadurch verletzt, dass es dem Antrag auf Beiziehung der Finanzamtsakten des Jahres 2001 nicht gefolgt ist.
6 a) Das FG ist verpflichtet, von Amts wegen den Sachverhalt zu erforschen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO). Deshalb hat das Gericht den Sachverhalt unter Ausschöpfung aller verfügbaren Beweismittel bis zur Grenze des Zumutbaren so vollständig wie möglich aufzuklären. Dies gilt insoweit, als Aufklärungsmaßnahmen durch den Inhalt der Akten, das Beteiligtenvorbringen oder sonstige Umstände veranlasst sind. Dabei steht die Art und Weise der Beweiserhebung und die Auswahl der Beweismittel grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (vgl. , BFHE 245, 493, BStBl II 2015, 117).
7 Das Gericht trifft allerdings keine Verpflichtung, den Sachverhalt ohne bestimmten Anlass und gleichsam „ins Blaue hinein“ zu erforschen. Aufklärungsmaßnahmen muss das Gericht vielmehr nur dann ergreifen, wenn ein Anlass hierzu besteht, der sich aus den beigezogenen Akten, dem Beteiligtenvorbringen oder sonstigen Umständen ergibt (vgl. , BFH/NV 2012, 1466, m.w.N). Die Mitwirkungspflicht fordert von den Beteiligten, Beweisanträge nur zu bestimmten, substantiierten Tatsachenbehauptungen zu stellen. Beweisermittlungs- oder -ausforschungsanträge, die so unbestimmt sind, dass im Grunde erst die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken soll, brauchen regelmäßig dem Gericht eine Beweisaufnahme nicht nahe zu legen (vgl. , BFH/NV 2006, 1132; Gräber/Herbert, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 76 Rz 29).
8 b) Nach diesen Grundsätzen hat das FG die ihm obliegende Sachaufklärungspflicht nicht verletzt, indem es eine Beiziehung der Akten des Jahres 2001 nicht vorgenommen hat. Die Kläger hatten weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung vor dem FG ausgeführt, dass seitens des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt) seinerzeit überhaupt Ermittlungen hinsichtlich der Frage angestellt worden sind, ob die vertraglich geschuldeten Anschaffungskosten der GmbH-Anteile auch tatsächlich von ihnen getragen worden sind und seinerzeit Unterlagen dazu angefordert worden sind. Die Kläger haben bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gegenüber dem FG auch nicht substantiiert dargelegt, dass Belege betreffend die Anschaffungskosten der Beteiligung im Rahmen der Veranlagung 2001 zu den Akten gereicht worden sind. Ebenso haben die Kläger nicht dargelegt, warum diese Unterlagen sich noch in den Finanzamtsakten befinden sollten und nicht —wie Papierbelege üblicherweise— nach Durchführung der Veranlagung zurückgesandt worden sind.
9 4. Soweit die Kläger sich gegen die „lückenhafte Beweiswürdigung“ des FG wenden, weil der im Jahr 1999 geschlossene privatschriftliche Vertrag nicht in die Beweiswürdigung einbezogen worden sei, geht ihr Vorbringen ebenfalls fehl. Ungeachtet des Umstands, dass das FG den Vertrag im Tatbestand aufgeführt und in den Entscheidungsgründen erwähnt hat, wenden sich die Kläger damit gegen die rechtliche Würdigung durch das FG. Damit kann die Zulassung wegen eines Verfahrensfehlers nicht erreicht werden.
10 5. Von einer weiter gehenden Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2016:B.020916.IXB66.16.0
Fundstelle(n):
BFH/NV 2017 S. 52 Nr. 1
NAAAF-86323