Anforderungen an die Feststellungen in den Urteilsgründen bei einem Schuldspruch wegen Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht
Gesetze: § 68b Abs 1 StGB, § 68b Abs 2 StGB, § 145a StGB, § 267 StPO, Art 103 Abs 2 GG
Instanzenzug: Az: 11 KLs 508 Js 116619/10
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Erpressung, versuchter Erpressung, unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln, Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht in zwei Fällen und vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Seine Revision hat mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
21. Die Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht (§ 145a StGB) nicht.
3a) Voraussetzung für eine Bestrafung nach § 145a StGB ist, dass die Weisungen, gegen die verstoßen wurde, hinreichend bestimmt sind (vgl. , BGHSt 58, 136). Dies ist in den Urteilsgründen darzustellen (, StraFo 2015, 471 f. mwN). In Anbetracht des Gebots aus Art. 103 Abs. 2 GG und der Tatsache, dass § 68b Abs. 2 StGB auch nicht strafbewehrte Weisungen zulässt, muss sich aus dem Führungsaufsichtsbeschluss selbst ergeben, dass es sich bei den Weisungen, auf deren Verletzung die Verurteilung gestützt werden soll, um solche nach § 68b Abs. 1 StGB handelt, die gemäß § 145a Satz 1 StGB strafbewehrt sind. Der Umstand, dass eine Weisung strafbewehrt ist, muss in dem Führungsaufsichtsbeschluss unmissverständlich klargestellt sein (BGH, Beschlüsse vom – 5 StR 275/15, StraFo 2015, 471 f. mwN und vom – 2 StR 512/15).
4Dies ist dem Führungsaufsichtsbeschluss, soweit er im Urteil wörtlich mitgeteilt ist, nicht zu entnehmen.
5Wegen der Gefahr von Missverständnissen und Unklarheiten kann die Klarstellung des Charakters der Weisungen im Führungsaufsichtsbeschluss nicht durch eine mündliche Belehrung (vgl. § 268a Abs. 3 Sätze 2 und 3 StPO bzw. §§ 453a, 463 Abs. 1 StPO) ersetzt werden (, StraFo 2015, 471 f.).
6b) Ob der Führungsaufsichtsbeschluss im Urteil vollständig wiedergegeben ist, lässt sich diesem nicht zweifelsfrei entnehmen. Der Senat kann daher nicht ausschließen, dass ein neues Tatgericht ergänzende Feststellungen treffen kann, die zu einer Verurteilung des Angeklagten auch wegen Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht führen. Für den vom Generalbundesanwalt beantragten Freispruch (§ 354 Abs. 1 StPO) war daher kein Raum.
72. Die teilweise Aufhebung des Schuldspruchs zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich. Anders als der Generalbundesanwalt kann der Senat nicht ausschließen, dass die Jugendkammer bei Wegfall der für die beiden Vergehen nach § 145a StGB verhängten Einzelfreiheitsstrafen von drei und sechs Monaten auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
83. Der Senat ist nicht gehindert, durch Beschluss gemäß § 349 Abs. 2, Abs. 4 StPO zu entscheiden und die Sache unter Teilaufhebung des Schuldspruchs und Aufhebung der Gesamtstrafe an eine andere Jugendkammer zurückzuverweisen; denn der vom Generalbundesanwalt beantragte Teilfreispruch unter Aufrechterhaltung des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafe hätte sich im Ergebnis zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:080916B1STR377.16.0
Fundstelle(n):
PAAAF-85654