BGH Beschluss v. - 4 StR 160/16

Instanzenzug:

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls in sechs Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, sowie wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls in sieben Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

21. Die Annahme real konkurrierender Taten in den Fällen II.3.m und II.3.n sowie II.3.p und II.3.r der Urteilsgründe hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

3a) Nach den Feststellungen war der Angeklagte die "treibende Kraft" einer Gruppierung, die sich zum Zweck der Begehung von Wohnungseinbruchsdiebstählen zusammengeschlossen hatte. Der Angeklagte war bei den Einbrüchen nie vor Ort, sondern kümmerte sich im Hintergrund um verschiedene organisatorische Angelegenheiten, stellte Tatfahrzeuge zur Verfügung und übergab den vor Ort agierenden Tätern Zettel mit für die Taten in Betracht kommenden Wohngebieten, die er zuvor recherchiert hatte.

4In den Fällen II.3.m und II.3.n brachen die gesondert Verfolgten L. und R. sowie der Mitangeklagte P. in Absprache mit dem Angeklagten, der einen Pkw Renault Clio als Tatfahrzeug angemietet und L. die Fahrzeugschlüssel übergeben sowie einen Zettel mit einer Zieladresse zur Verfügung gestellt hatte, zunächst am 4. März 2014 in zwei Wohnungen in W. ein und entwendeten dort Geld und Schmuck (Fall II.3.m). Am nächsten Tag kam es unter Benutzung des schon vor der Tat II.3.m übergebenen Renault Clio zu einem weiteren Einbruch in C. , bei welchem die Gruppierungsmitglieder L. , N. und P. vor Ort agierten (Fall II.3.n). Insoweit ist ein erneuter Tatbeitrag des Angeklagten - wie etwa die Übergabe eines weiteren Zettels mit Zieladressen - nicht festgestellt.

5In den Fällen II.3.p und II.3.r brachen die gesondert Verfolgten L. und R. sowie der Mitangeklagte P. in Absprache mit dem Angeklagten, der wiederum zuvor einen Zettel mit Zieladressen in G. und M. zur Verfügung gestellt hatte, zunächst am 8. März 2014 in drei Wohnungen in G. und M. ein und entwendeten dort Geld und Schmuck (Fall II.3.p). Am 16. März 2014 verübten sie weitere Einbrüche in G. (Fall II.3.r), wobei sie denselben Zettel mit Anschriften benutzten. Es ist nicht festgestellt, dass der Angeklagte in Bezug auf die Fortsetzung der Einbruchsserie in G. einen erneuten Tatbeitrag geleistet hat.

6b) Sind an einer Deliktserie mehrere Personen beteiligt, so ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, bei jedem Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Leistet ein Mittäter für bestimmte Einzeltaten einen individuellen, nur diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten - soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt - als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Fehlt es hingegen an einer solchen individuellen Tatförderung und erbringt der Täter im Vorfeld oder während des Laufes der Deliktserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeltaten seiner Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden, so sind ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich zuzurechnen (st. Rspr., vgl. nur Senat, Beschluss vom 19. November 2014 - 4 StR 284/14 mwN).

7Da das Landgericht keine allein die Fälle II.3.n und II.3.r betreffenden Tatbeiträge des Angeklagten festgestellt hat, ist nach dem Zweifelssatz zu seinen Gunsten davon auszugehen, dass sich seine Tatbeiträge - insbesondere das Bereitstellen des Tatfahrzeugs und die Übergabe von Zetteln mit möglichen Einbruchszielen - jeweils sowohl zugleich auf die Fälle II.3.m und II.3.n als auch zugleich auf die Fälle II.3.p und II.3.r bezogen. Damit ist insoweit (gleichartige) Tateinheit gemäß § 52 Abs. 1 StGB anzunehmen (vgl. Senat aaO). Der Senat schließt aus, dass ein neuer Tatrichter Feststellungen treffen könnte, die in den Fällen II.3.m und II.3.n sowie II.3.p und II.3.r der Urteilsgründe eine Verurteilung wegen materiell-rechtlich selbständiger Tat tragen könnten.

82. Der Senat ändert den Schuldspruch in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO selbst ab. § 265 StPO steht nicht entgegen, denn der Angeklagte hätte sich nicht wirksamer als geschehen verteidigen können.

93. Durch die Schuldspruchänderung kommen die in den Fällen II.3.n und II.3.p der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen in Wegfall. Einer Aufhebung der Gesamtstrafe bedarf es nicht. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht vor dem Hintergrund der Anzahl und Höhe der verbleibenden elf Einzelstrafen zwischen drei Jahren und neun Monaten und einem Jahr und sechs Monaten auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte (vgl. ).

104. Wegen des lediglich geringfügigen Erfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu belasten.

Fundstelle(n):
GAAAF-83541