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FG des Landes Sachsen-Anhalt Urteil v. - 1 K 358/15

Gesetze: InvZulG 2005 § 2 Abs. 1 S. 1InvZulG 2007 § 2 Abs. 1 S. 1InvZulG 2007 § 2 Abs. 1 S. 4InvZulG 2007 § 2 Abs. 1 S. 5 Nr. 1 Buchst. aInvZulG 2007 § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1InvZulG 2007 § 5 Abs. 2 S. 1AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Empfehlung 2003/361/EG Anhang Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 1 Empfehlung 2003/361/EG Anhang Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 4 Empfehlung 2003/361/EG Anhang Art. 2

Investitionszulage für KMU bei Übertragung von zulagegeförderten Wirtschaftsgütern zwischen von Mitgliedern einer Familie beherrschten Gesellschaften innerhalb der Bindungsfrist

von Familie beherrschte Gesellschaften als investitionszulagenrechlich einheitliches verbundenes Unternehmen i.S. der KMU-Empfehlung

Übertragung von Wirtschaftsgütern als rückwirkendes Ereignis bei der Investitionszulage

Leitsatz

1. Der begünstigte Betrieb oder die begünstigte Betriebsstätte muss im Anwendungsbereich des InvZulG 2007 dem Anspruchsberechtigten oder einem verbundenem Unternehmen i. S. d. § 2 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1a InvZulG 2007 im Bindungszeitraum zuzurechnen sein, wobei die Bindung des Wirtschaftsgutes an das Anlagevermögen des Investors zur Folge hat, dass Investor und Nutzender des begünstigten Wirtschaftsgutes grundsätzlich rechtlich identisch sein müssen.

2. Im Anwendungsbereich des InvZulG 2007 können begünstigte Wirtschaftsgüter nur noch dann an ein anderes Unternehmen übertragen oder verkauft werden, wenn es sich bei dem Erwerber um ein verbundenes Unternehmen handelt. Wird ein begünstigtes Wirtschaftsgut innerhalb des Zugehörigkeits- und Verbleibenszeitraums an ein begünstigtes verbundenes Unternehmen übertragen, hängt der Anspruch auf die erhöhte Investitionszulage davon ab, ob auch das verbundene Unternehmen eine erhöhte Investitionszulage erhalten hätte, wenn es anstelle des Anspruchsberechtigten die Investition vorgenommen hätte; die Voraussetzungen hierzu müssen nicht im Zeitpunkt des Beginns des Erstinvestitionsvorhabens, sondern im Zeitpunkt der Übertragung des Wirtschaftsguts vorliegen. Das gilt ungeachtet dessen, ob ggf. ein Organschaftsverhältnis zwischen den beteiligten Unternehmen besteht oder ein Wirtschaftsgut auf eine 100%ige Tochtergesellschaft übertragen wird.

3. Der sowohl für das InvZulG 2005 als auch für das InvZulG 2007 geltende Begriff der kleinen und mittleren Unternehmen i. S. d. Empfehlung der Europäischen Kommission vom (2003/361/EG, ABlEU 2003 Nr. L 124/36; sog. KMU-Begriff) ist unter Berücksichtigung der Gründe auszulegen, die zu ihrem Erlass geführt haben.

4. Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 4 des Anhangs der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen ist dahin auszulegen, dass Unternehmen, die ganz oder teilweise in demselben Markt oder in benachbarten Märkten tätig sind, als „verbunden” im Sinne dieses Artikels angesehen werden können, wenn die Prüfung der zwischen ihnen bestehenden rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehungen ergibt, dass sie, vermittels einer natürlichen Person oder einer gemeinsam handelnden Gruppe natürlicher Personen, eine einzige wirtschaftliche Einheit bilden, auch wenn sie formal nicht in einer der in Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 1 des Anhangs aufgeführten Beziehungen zueinander stehen (Anschluss an ).

5. Von verbundenen Unternehmen ist auszugehen, wenn Mitglieder einer Familie, insbesondere Vater und Sohn, in drei Gesellschaften teils als Gesellschafter, teils als Geschäftsführer, teils in beiden Funktionen auf die Unternehmensschicksale der Unternehmen Einfluss nehmen können, die drei Gesellschaften eine gemeinsame geschichtliche Entwicklung derart haben, dass die Mitglieder der Familie (Vater, Mutter und Kind) verschiedene Gesellschaften gründen, die Gesellschaftsanteile untereinander abtreten und auch teilweise als Geschäftsführer tätig werden, und wenn bei einer Gesamtwürdigung insgesamt das Bild eines, nicht mehrerer getrennter Familienunternehmens, bestehend aus verschiedenen Gesellschaften, entsteht, bei dem die Unternehmen nicht etwa miteinander konkurrieren, sondern sich gegenseitig unterstützen und das mit Mitteln, die fremde Dritte einander nicht gewähren würden. Dafür sprechen ferner z.B. eine unter Fremden unübliche Einräumung des Vorkaufsrechts an den Anteilen einer Gesellschaft zugunsten einer anderen Gesellschaft, die langfristige Stundung des Kaufpreises für eine Anteilsübertragung bzw. die Umwandlung einer Kaufpreisforderung, Geschäftsbeziehungen zwischen den Gesellschaften in erheblichem Umfang sowie ein gemeinsamer Internetauftritt.

6. Die Übertragung zulagegeförderter Wirtschaftsgüter auf ein anderes Unternehmen stellt bei der Investitionszulage ein rückwirkendes Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar.

Fundstelle(n):
OAAAF-80313

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FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil v. 21.04.2016 - 1 K 358/15

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