BGH Urteil v. - 5 StR 166/16

Instanzenzug:

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen schweren Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung in vier Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit Zuhälterei, und wegen versuchter räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und Körperverletzung sowie wegen versuchter Nötigung in drei Fällen unter Einbeziehung einer Freiheitsstrafe von einem Jahr aus einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision wendet sich die Staatsanwaltschaft dagegen, dass das Landgericht in drei Fällen des schweren Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung (Fälle 1, 3/4 und 7) neben gewerbsmäßiger Begehung (§ 232 Abs. 1 Satz 2, § 232 Abs. 3 Nr. 3 Var. 1 StGB) nicht auch den Tatbestand des § 232 Abs. 4 Nr. 1 StGB in Form der Anwendung von List oder Gewalt bzw. durch Drohung mit einem empfindlichen Übel angenommen hat. Darüber hinaus beanstandet die Staatsanwaltschaft die Strafzumessung hinsichtlich der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe. Das Rechtsmittel hat lediglich zum Gesamtstrafenausspruch Erfolg.

21. Die Angriffe der Revision gegen die rechtliche Bewertung in den Fällen 1, 3/4 und 7 und gegen die Einzelstrafaussprüche zeigen keinen Rechtsfehler auf. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift Bezug genommen.

32. Der Ausspruch über die Gesamtstrafe hat hingegen keinen Bestand.

4a) Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen ent- und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Das Revisionsgericht kann nur eingreifen, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstoßen wird oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, so weit löst, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatgericht eingeräumten Spielraums liegt. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist ausgeschlossen (vgl. , BGHSt 34, 345, 349). Diese Grundsätze gelten auch für die Bildung der Gesamtstrafe (vgl. , BGHR StGB § 54 Abs. 1 Bemessung 5). Hierbei sind gemäß § 54 Abs. 1 Satz 3 StGB unter Beachtung des Asperationsprinzips die Person des Täters und die einzelnen Straftaten in einem gesonderten Strafzumessungsvorgang zusammenfassend zu würdigen.

5b) Gemessen daran ist die Gesamtstrafenbildung des Landgerichts rechtsfehlerhaft. Zwar konnte es bei dem Abwägungsvorgang ohne Rechtsfehler auf die für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte bei der Festsetzung der Einzelstrafen und der einbezogenen Freiheitsstrafe Bezug nehmen. Die Wertung der Strafkammer, dass aufgrund des "sehr engen situativen, räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs der auf Grundlage eines einheitlichen umfassenden Tatplans begangenen Einzelakte nach immer gleichem Muster ein straffer Zusammenzug" geboten sei (UA S. 48), ist jedoch unzutreffend.

6aa) Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, erstreckten sich die gewichtigen Straftaten des schweren Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung in Tateinheit mit ausbeuterischer und dirigierender Zuhälterei zeitlich von Sommer 2007 bis Mitte 2011, die Fälle der versuchten Nötigungen gegenüber einer der Geschädigten bis Juli 2013. Ein enger zeitlicher Zusammenhang ist daher nicht gegeben.

7bb) Das Landgericht hat bei seiner Bewertung ferner die besonderen Umstände der Einzeltaten zueinander unberücksichtigt gelassen. In diesem Zusammenhang hat das Landgericht nicht erörtert, dass die abgeurteilten Straftaten und die der einbezogenen Strafe zugrundeliegende Tat sich gegen die sexuelle Selbstbestimmung von vier Geschädigten richteten. Die Verletzung von höchstpersönlichen Rechtsgütern mehrerer Geschädigter prägt jedoch vorliegend das Gesamtbild der Taten. Dieser Umstand hätte daher als bestimmender Strafzumessungsgesichtspunkt (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO) bei der Gesamtstrafenbildung eingestellt werden müssen. Hieran vermag weder ein "einheitlicher umfassender Tatplan" noch das gewerbsmäßige Handeln des Angeklagten etwas zu ändern (vgl. auch , NStZ-RR 2016, 105, 106).

83. Das neue Tatgericht wird daher die Gesamtstrafe erneut festzusetzen haben. Die getroffenen Feststellungen sind von dem Wertungsfehler nicht betroffen; sie können deshalb bestehen bleiben und durch ihnen nicht widersprechende Feststellungen ergänzt werden. Darüber hinaus wird das Tatgericht den versehentlich unterbliebenen Maßstab für die Anrechnung der vom Angeklagten erlittenen Auslieferungshaft zu bestimmen haben (§ 51 Abs. 4 Satz 2 StGB).

Fundstelle(n):
AAAAF-79568