Grundsatz von Treu und Glauben; Vorliegen einer Duldungsvollmacht; keine einseitig rückwirkende Änderbarkeit der Tilgungsbestimmung; keine Berufung des Steuerschuldners auf ursprüngliche Tilgungsbestimmung bei später ausdrücklich gebilligter Umbuchung bzw. Erstattung des Restbetrags; inhaltsgleich mit VII R 44/14i
Leitsatz
1. Der Grundsatz von Treu und Glauben bringt keine Steueransprüche und Steuerschulden zum Entstehen oder Erlöschen; er kann allenfalls das Steuerrechtsverhältnis modifizieren und verhindern, dass eine Forderung oder ein Recht geltend gemacht werden kann (vgl. BFH-Rechtsprechung; hier: keine Berufung des Steuerschuldners auf eine ursprüngliche, auf die Ablösung von gestundeter Schenkungsteuer gerichtete Tilgungsbestimmung bei später ausdrücklich gebilligter Umbuchung auf sofort fällige Teile der Schenkungsteuer und Erstattung des Restbetrags).
2. Eine Duldungsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt und der Geschäftsgegner dieses Dulden nach Treu und Glauben dahin verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (vgl. , BFH/NV 2010, 432).
Gesetze: AO § 218 Abs. 2, AO § 225 Abs. 1, AO § 47, AO § 224 Abs. 2 Nr. 2, BGB § 242
Instanzenzug:
Tatbestand
1 I. Die Mutter des Klägers und Revisionsklägers (Kläger), MX, schenkte mit notariellem Vertrag vom 25. Februar 2003 dem Kläger und seinen beiden Brüdern AX und BX in Vorwegnahme der testamentarisch verfügten Erbfolge vier Grundstücke zu je einem Drittel, wobei sie sich auf ihre Lebensdauer den Nießbrauch an den Grundstücken vorbehielt. Diesbezüglich gaben der Kläger und seine beiden Brüder drei gleichlautende Schenkungsteuererklärungen ab. Unter Buchstabe C Ziffer 3.2 der Schenkungsteuererklärung, an deren Anfertigung Steuerberater W mitgewirkt hatte, erklärte der Kläger, der zu stundende Betrag solle nicht mit dem Barwert abgelöst werden.
2 Mit drei Schenkungsteuerbescheiden vom 17. November 2003 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) gegen den Kläger und seine beiden Brüder Schenkungsteuer jeweils in Höhe von 25.465 € fest. Gemäß der Anlage zu diesem Bescheid stundete das FA einen Teilbetrag in Höhe von 22.427 €. Der zum 22. Dezember 2003 fällige Teilbetrag betrug 3.038 €. Weiterhin ergingen ebenfalls unter dem 17. November 2003 gleichlautende Bescheide über die Ablösung gestundeter Schenkungsteuer. Der zum 22. Dezember 2003 fällige Ablösebetrag betrug danach 12.446,98 €.
3 Mit Wertstellung 17. Dezember 2003 überwiesen der Kläger und seine beiden Brüder dem FA jeweils einen Betrag in Höhe von 12.446,98 € unter Angabe der Steuernummer . und des Erläuterungstextes „Ablösung Schenkungsteuer”. Den nicht gestundeten Teilbetrag von 3.038 € zahlten der Kläger und seine Brüder nicht.
4 Nach einem Aktenvermerk nahm die Sachbearbeiterin, Frau G, am 14. Januar 2004 Rücksprache mit dem Steuerberater W und wies auf die noch offene sofort fällige Steuer hin. W wusste demnach nicht, ob die Beschenkten tatsächlich ablösen wollten. Am 3. Februar 2004 gingen beim FA drei in der Sache gleichlautende Schreiben des W vom 23. Januar 2004 ein, worin dieser um eine Stundung der festgesetzten Schenkungsteuer in Höhe von 3.038 € bis zum 22. Februar 2004 bat, da sich ein Gesellschafter der Erbengemeinschaft X derzeit im Ausland befinde und erst nach dessen Rückkehr über die Wahlmöglichkeit der Zahlung der Schenkungsteuer entschieden werden könne.
5 Nach einer Umbuchung des Betrags von 12.446,98 € von der Ablöse-Steuernummer auf die Schenkungsteuernummer mit Verfügung vom 9. Februar 2004 erreichte das FA am 16. Februar 2004 ein vom Kläger verfasstes Fax der „Hausverwaltung X”, das sich an den Steuerberater W richtete und Angaben zu einer Bankverbindung enthielt. Daraufhin erstattete das FA am 26. Februar 2004 den Betrag in Höhe von 9.408,98 € auf das Konto des Klägers. Den verbleibenden Betrag buchte das FA auf die sofort fällige Schenkungsteuer und sah damit die Schenkungsteuer in Höhe von 22.427 € als gestundet an.
6 Im Jahr 2006 fragte W beim FA an, welche Schenkungsteuer bei rückwirkender Aufhebung des Nießbrauchsrechts an zwei Grundstücken anfalle. Eine Einschränkung des Nießbrauchsrechts erfolgte nicht.
7 Nachdem MX im Januar 2012 verstorben war, forderte das FA vom Kläger und seinen Brüdern mit Schreiben vom 11. September 2012 die gestundete Schenkungsteuer in Höhe von 22.427 € zuzüglich der nach dem Tod der Schenkerin angefallenen Säumniszuschläge in Höhe von 1.568 €. Letztere erließ das FA zur Hälfte. Die Steuer und die übrigen Säumniszuschläge überwiesen der Kläger und seine beiden Brüder zum Jahresende 2012.
8 Da der Kläger der Auffassung war, die Schenkungsteuer sei durch die Überweisung vom 17. Dezember 2003 getilgt worden, weil eine nachträgliche Änderung der Tilgungsbestimmung nicht möglich sei, beantragte er die Erteilung eines Abrechnungsbescheids. Am 3. Juni 2013 erließ das FA einen Abrechnungsbescheid, in dem es für das Jahr 2003 nur einen Teilbetrag in Höhe von 3.038 € als getilgt ansah. Der Rest in Höhe von 22.427 € sei gestundet und erst in 2012 bezahlt worden.
9 Die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2015, 269 veröffentlichten Urteil ab. Der Abrechnungsbescheid vom 3. Juni 2013 sei rechtmäßig. Der Betrag von 23.388 € sei Ende 2012 nicht rechtsgrundlos gezahlt worden, der Rechtsgrund der Zahlung seien der Schenkungsteuerbescheid vom 17. November 2003 und die kraft Gesetzes verwirkten Säumniszuschläge zur Schenkungsteuer. Der Kläger habe genau den mit Bescheid vom 17. November 2003 festgelegten Ablösungsbetrag in Höhe von 12.446,98 € der Finanzkasse überwiesen. Da er bei der Überweisung als Verwendungszweck den Text „Ablösebetrag Schenkungsteuer” angegeben habe, habe der Empfänger der Überweisung dies dahin verstehen müssen, dass der gestundete, aber ablösbare Teil der Verbindlichkeit habe getilgt werden sollen. Diese einmal getroffene Tilgungsbestimmung habe auch nicht durch eine anderweitige Tilgungsbestimmung ersetzt werden können. Aus den Telefonkontakten und dem Schriftverkehr zwischen der Klägerseite und dem FA in der Zeitspanne vom „14. Januar 2014 bis zum 16. Februar 2014” lasse sich nicht hinreichend sicher eine Anfechtung der Tilgungsbestimmung ableiten. Nach Überzeugung des FG habe das FA jedoch Anfang 2004 mit ausdrücklicher Billigung der Brüder X die am 17. Dezember 2003 überwiesenen Geldbeträge auf die sofort fällige Steuer verbucht und den überschießenden Betrag erstattet. Dies ergebe sich aus den in den Akten dokumentierten Telefonkontakten und dem Schriftverkehr in den Monaten Januar und Februar 2004. Daher könnten sich die Brüder unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben nicht mehr auf die ursprüngliche Tilgungsbestimmung berufen.
10 Mit seiner Revision macht der Kläger auch unter Bezugnahme auf sein Vorbringen im ersten Rechtszug geltend, die angefochtene Entscheidung wende die Grundsätze von Treu und Glauben unzutreffend an. Die Forderung gemäß Bescheid vom 27. November 2003 sei erfüllt worden und damit erloschen. Eine erloschene Steuer könne aber aufgrund der Grundsätze von Treu und Glauben nicht neu entstehen. Selbst die Zustimmung zu einer Umbuchung oder die Vereinbarung der Parteien des Steuerschuldverhältnisses könne im Steuerrecht einen Anspruch nicht neu begründen. Dies sei die Schaffung eines neuen Besteuerungstatbestands und nicht die bloße Verdrängung des Gesetzes, die der Grundsatz von Treu und Glauben lediglich bewirken könne. Die Schlussfolgerung des FG, wonach die Verbuchung der überwiesenen Geldbeträge auf die sofort fällige Steuer und Erstattung des überschießenden Betrags „mit ausdrücklicher Billigung auch des Klägers” erfolgt sei, trügen die durch das FG festgestellten Tatsachen nicht. Die angefochtene Entscheidung wende daher den Grundsatz von Treu und Glauben an, obwohl die tatbestandlichen Voraussetzungen hierfür nicht gegeben seien. Die Gesetzmäßigkeit trete nämlich nur dann zurück, wenn das Vertrauen eines Beteiligten in ein bestimmtes Verhalten des anderen nach allgemeinem Rechtsgefühl in hohem Maß schutzwürdig sei. Er habe hier jedoch weder die Ursache für einen eventuellen Fehler des FA gesetzt noch eine Disposition bzw. das Unterlassen einer Disposition durch aktive Unterstützung eines Irrtums oder die Bestärkung hierin verursacht. Selbst wenn in der Weiterleitung der Bankverbindung und des Betrags durch den Steuerberater die vermeintliche Ausübung eines nachträglichen Wahlrechts zu sehen sei, ergebe sich aus dem Telefonat und der hierzu gefertigten Aktennotiz, dass ein entsprechender Vertrauenstatbestand nicht vorhanden gewesen sei. Für die Anwendbarkeit der Grundsätze von Treu und Glauben genüge es auch nicht, dass das durch schlichte Gesetzesanwendung gefundene Ergebnis mit materiellem Recht in Widerspruch zu stehen scheine. Der Steuerberater habe keine Vertretungsmacht gehabt. Er habe die Steuererklärung vielmehr ohne Rücksprache mit ihm (dem Kläger) und allein im Auftrag und auf Weisung seiner Mutter gefertigt. Soweit das FG ausführe, die Mitteilung des Erstattungskontos sei ein eindeutiges Indiz für ein nicht dokumentiertes Telefonat, sei dies keine tatsächliche Feststellung. Gleiches gelte für die Ausführung des FG, aus der Angabe und der nachfolgenden Umbuchung lasse sich unzweifelhaft ableiten, dass er (der Kläger) in die Entscheidungsfindung eingebunden gewesen sei.
11 Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und unter Änderung des Abrechnungsbescheids vom 3. Juni 2013 i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 2. Juli 2014 festzustellen, dass ihm ein Erstattungsanspruch in Höhe von 22.427 € nebst Säumniszuschlägen (insgesamt 23.388 €) zusteht.
12 Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
13 Es teilt die Auffassung des FG.
Gründe
14 II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Das erstinstanzliche Urteil entspricht Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Abrechnungsbescheid vom 3. Juni 2013 ist rechtmäßig, weil dem Kläger der geltend gemachte Erstattungsanspruch in Höhe von 22.427 € zuzüglich der gezahlten Säumniszuschläge nicht zusteht. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben kann sich der Kläger nicht auf die ursprüngliche Tilgungsbestimmung berufen.
15 1. Gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der hier maßgeblichen Fassung (ErbStG) ist die Steuer, die auf den Kapitalwert einer Belastung entfällt, die sich daraus ergibt, dass die Nutzung eines Vermögensgegenstands weiterhin dem Schenker zusteht, bis zu deren Erlöschen zinslos zu stunden. Diese gestundete Steuer kann gemäß § 25 Abs. 1 Satz 3 ErbStG auf Antrag des Erwerbers jederzeit mit ihrem Barwert nach § 12 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes abgelöst werden.
16 Durch die Überweisung des Betrags in Höhe von 12.446,98 € an das FA mit Wertstellung vom 17. Dezember 2003 hat der Kläger zunächst eine Tilgungsbestimmung gemäß § 225 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) dahin getroffen, dass der Ablösungsbetrag entrichtet werden soll (vgl. § 47 AO, § 224 Abs. 2 Nr. 2 AO). Dies ergibt sich aus dem in der Überweisung angegebenen Erläuterungstext „Ablösung Schenkungsteuer” sowie daraus, dass der überwiesene Betrag exakt dem mit Bescheid vom 17. November 2003 festgesetzten Ablösebetrag entsprach.
17 Einer auf Ablösung der gestundeten Schenkungsteuer gerichteten Tilgungsbestimmung steht nicht entgegen, dass der Kläger unter Buchstabe C Ziffer 3.2 seiner Schenkungsteuererklärung erklärt hat, der zu stundende Betrag solle nicht mit dem Barwert abgelöst werden. Denn das FA hat jedenfalls mit Bescheid vom 17. November 2003 den Ablösungsbetrag festgesetzt, und spätestens mit der Durchführung der Überweisung hat der Kläger die Ablösung der gestundeten Schenkungsteuer beantragt.
18 2. Die Tilgungsbestimmung ist auch nicht durch ein einseitiges Verhalten des Klägers rückwirkend beseitigt oder geändert worden. Denn unabhängig davon, ob sich der Kläger von seiner Tilgungsbestimmung nach der im Dezember 2003 geleisteten Zahlung überhaupt hat lösen wollen, kann nach ständiger Rechtsprechung des Senats eine einmal getroffene Tilgungsbestimmung nicht einseitig rückwirkend geändert werden (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom 13. Mai 2015 VII R 41/14, BFH/NV 2015, 1347; vom 10. Juli 2008 VII B 194/07, BFH/NV 2008, 1802).
19 Das FG ist auch nicht von einer Anfechtung der Tilgungsbestimmung durch den Kläger ausgegangen. Es hat den Telefonkontakten und dem Schriftverkehr zwischen dem Kläger und dem FA in der Zeitspanne vom 14. Januar 2004 bis zum 16. Februar 2004 keine Anfechtung der Tilgungsbestimmung entnommen. An diese tatsächliche Würdigung ist der Senat gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO).
20 3. Ob eine vom Leistenden ausgesprochene Tilgungsbestimmung aufgrund einer Vereinbarung mit dem Leistungsempfänger nachträglich geändert werden kann, ist bislang nicht entschieden worden. Soweit der (BFHE 190, 37, BStBl II 2001, 329) entschieden hat, eine rückwirkende Tilgungsvereinbarung mit dem Finanzamt sei nicht möglich, hat er sich lediglich auf die gesetzliche Tilgungsreihenfolge gemäß § 225 Abs. 2 AO bezogen. Im vorliegenden Fall hat der Kläger jedoch eine Bestimmung i.S. des § 225 Abs. 1 AO getroffen.
21 Diese Frage kann jedoch im Streitfall offen bleiben, weil sich der Kläger jedenfalls nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht auf seine ursprüngliche Tilgungsbestimmung berufen kann.
22 Der Grundsatz von Treu und Glauben ist im Steuerrecht als allgemeiner Rechtsgrundsatz uneingeschränkt anerkannt. Er gebietet, dass im Steuerrechtsverhältnis jeder auf die berechtigten Belange des anderen Teils angemessen Rücksicht nimmt und sich mit seinem eigenen früheren Verhalten nicht in Widerspruch setzt (, BFH/NV 1996, 733).
23 Allerdings darf gleichwohl keine Steuer festgesetzt werden, ohne dass der Sachverhalt vorliegt, an den das Gesetz die Entstehung der Steuer knüpft. Der Grundsatz von Treu und Glauben bringt keine Steueransprüche und -schulden zum Entstehen oder Erlöschen; er kann allenfalls das Steuerrechtsverhältnis modifizieren und verhindern, dass eine Forderung oder ein Recht geltend gemacht werden kann (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1996, 733; , nicht veröffentlicht —n.v.—). Weiterhin wirkt der Grundsatz von Treu und Glauben rechtsbegrenzend lediglich innerhalb eines bestehenden konkreten Steuerrechtsverhältnisses und erfordert Identität der Rechtssubjekte (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1996, 733; , n.v.). Die Finanzbehörde kann sich auf den Grundsatz von Treu und Glauben nur berufen, wenn sie im schutzwürdigen Vertrauen auf ein früheres Verhalten des Steuerpflichtigen falsch vorgegangen ist oder ein richtiges Vorgehen unterlassen hat. Das Verhalten, auf das vertraut wird, muss vor dieser Disposition liegen. Späteres Verhalten kann keinen Vertrauensschutz begründen (vgl. , BFH/NV 91, 720).
24 Nach Überzeugung des FG hat das FA Anfang 2004 mit ausdrücklicher Billigung des Klägers und seiner Brüder die am 17. Dezember 2003 überwiesenen Geldbeträge auf die sofort fällige Steuer verbucht und den überschießenden Betrag erstattet.
25 Diese aus den festgestellten Tatsachen gezogene Schlussfolgerung ist möglich und daher für den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend. Denn auch wenn in den vorliegenden Akten kein Vermerk der Sachbearbeiterin über eine mit dem Kläger vereinbarte Umbuchung vorhanden ist, kann die mit Verfügung vom 9. Februar 2004 angewiesene Umbuchung insbesondere vor dem Hintergrund der zuvor erfolgten Anfrage der Sachbearbeiterin bei Steuerberater W nicht anders erklärt werden. Zudem ist nicht erkennbar, zu welchem anderen Zweck dem FA sonst am 16. Februar 2004 ein Fax der „Hausverwaltung X” geschickt worden sein soll, in dem die Bankverbindung des Klägers und seiner beiden Brüder enthalten gewesen und der genaue Rückzahlungsbetrag genannt worden ist. Insbesondere die Darstellung, wie sich der exakte Rückzahlungsbetrag in Höhe von 9.408,98 € errechnet, nämlich als Differenz der gezahlten Summe von 12.446,98 € abzüglich 3.038 €, weist darauf hin, dass zuvor der überwiesene Betrag auf den sofort fälligen Anteil der Schenkungsteuer umgebucht worden sein muss.
26 Das FG hat in diesem Zusammenhang auch rechtsfehlerfrei eine Vertretungsmacht des W zumindest in Form einer Duldungsvollmacht angenommen. Eine Duldungsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt und der Geschäftsgegner dieses Dulden nach Treu und Glauben dahin verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (, BFH/NV 2010, 432). Unabhängig davon, dass W ausweislich der Erklärung im Mantelbogen der Schenkungsteuererklärung bei deren Anfertigung mitgewirkt hat, ist er im Zusammenhang mit der späteren Umbuchung der Zahlung im Namen des Klägers und mit dessen Wissen aufgetreten. Mit Schreiben vom 23. Januar 2004 hat W im Auftrag des Klägers um Stundung der festgesetzten Schenkungsteuer in Höhe von 3.038 € gebeten. Auch die Mitteilung der Bankverbindung und die Nennung des genauen Auszahlungsbetrags mit Schreiben vom 16. Februar 2004 durch die „Hausverwaltung X” an W sprechen für eine Duldungsvollmacht. Zumindest hat der Kläger das Handeln des W nachträglich genehmigt, indem er den vom FA erstatteten Betrag ohne Rückfrage akzeptiert hat.
27 Damit steht nach den erstinstanzlichen Feststellungen fest, dass der Kläger durch sein Verhalten einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, an dem er sich festhalten lassen muss.
28 Durch die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben entsteht die Schenkungsteuer auch nicht erneut. Vielmehr wird das Steuerrechtsverhältnis modifiziert, indem sich der Kläger nicht auf eine Ablösung der Schenkungsteuer aufgrund der ursprünglichen Tilgungsbestimmung berufen darf.
29 Der Kläger hat daher die mit Bescheid vom 11. September 2012 geforderte, bis dahin gestundete Schenkungsteuer in Höhe von 22.427 € zuzüglich angefallener Säumniszuschläge mit rechtlichem Grund gezahlt (§ 37 Abs. 2 AO).
30 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2016 S. 886 Nr. 6
WAAAF-72297