BGH Beschluss v. - 4 StR 594/15

Gefährliche Körperverletzung: Einsatz eines Kraftfahrzeugs als gefährliches Werkzeug

Gesetze: § 224 Abs 1 Nr 2 StGB

Instanzenzug: LG Mönchengladbach Az: 21 KLs 11/15

Gründe

1Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils des Diebstahls in Tateinheit mit Nötigung, gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr und gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen. Den Angeklagten W. B. hat es zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten, die Angeklagte G. B. zu einer solchen von zehn Monaten (mit Strafaussetzung zur Bewährung) verurteilt. Ferner hat es Maßnahmen nach den §§ 69, 69a StGB angeordnet. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten jeweils mit der Sachrüge. Die Revisionen führen lediglich zu einer geringfügigen Änderung des jeweiligen Schuldspruchs; im Übrigen sind die Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

21. Soweit das Landgericht die Angeklagten jeweils wegen Diebstahls in Tateinheit mit Nötigung und gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr schuldig gesprochen hat, hat die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der jeweils erhobenen Sachrüge keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Der Senat nimmt insoweit auf die Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom Bezug.

32. Die (weitere) tateinheitliche Verurteilung beider Angeklagter wegen gefährlicher Körperverletzung im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB hält indes rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

4a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats erfordert eine Verurteilung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB, dass die Körperverletzung durch ein von außen unmittelbar auf den Körper einwirkendes gefährliches Tatmittel eingetreten ist. Wird ein Kraftfahrzeug als Werkzeug eingesetzt, muss die körperliche Misshandlung also bereits durch den Anstoß selbst ausgelöst worden sein. Erst infolge eines anschließenden Sturzes erlittene Verletzungen sind dagegen nicht auf den unmittelbaren Kontakt zwischen Fahrzeug und Körper zurückzuführen (Senatsbeschlüsse vom – 4 StR 453/13, VD 2014, 137; vom – 4 StR 30/12, NStZ 2012, 697; vom – 4 StR 551/14).

5b) Gemessen daran sind die Voraussetzungen einer gefährlichen Körperverletzung im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB im vorliegenden Fall nicht hinreichend belegt.

6Nach den Feststellungen setzte sich der Geschädigte auf die Motorhaube des Kraftfahrzeugs der Angeklagten, nachdem die Angeklagte ihn im Einvernehmen mit dem Mitangeklagten, ihrem Ehemann, zunächst mit dem Pkw langsam nach vorn rollend, etwa einen Meter zurückgedrängt hatte, um mit dem Diebesgut, zwei Kisten Mineralwasser, vom Parkplatz des Getränkemarktes unentdeckt zu entkommen. Dann fuhr sie auf entsprechende Aufforderung ihres Ehemannes mit dem weiterhin auf der Motorhaube sitzenden Geschädigten mit mittlerer Geschwindigkeit über den Parkplatz in Richtung Ausfahrt. Sie vermochte den Geschädigten jedoch nicht abzuschütteln, da sich dieser an dem Spalt zwischen Motorhaube und Windschutzscheibe festhielt. Während der Fahrt rutschte der Geschädigte aber einmal nach vorn, „so dass sein linker Fuß kurzzeitig vorne unter die Motorhaube geriet, wodurch [er] nicht unerhebliche Schmerzen am Fuß erlitt.“ Danach ist die Tatmodalität des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht dargelegt; es bleibt offen, ob die körperliche Misshandlung auf einen unmittelbaren Kontakt zwischen dem Körper des Geschädigten und dem Fahrzeug zurückzuführen ist.

7c) Da keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind, ändert der Senat den Schuldspruch mit der Maßgabe, dass die Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung entfällt. Zwar erfüllt das Verhalten der Angeklagten den Tatbestand der vorsätzlichen Körperverletzung gemäß § 223 StGB; insoweit fehlt es aber sowohl an einem Strafantrag als auch an der Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung durch die Staatsanwaltschaft (§ 230 Abs. 1 StGB).

8Das Fehlen der für die Verurteilung wegen Körperverletzung erforderlichen Strafverfolgungsvoraussetzung stellt die Annahme des Landgerichts, die Angeklagten hätten mit bedingtem Schädigungsvorsatz im Sinne von § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB gehandelt, nicht in Frage.

9d) Einen Einfluss der vorgenommenen Schuldspruchänderung auf die Höhe der Strafe kann der Senat wegen des unverändert gebliebenen Unrechts- und Schuldgehalts der Tat ebenfalls sicher ausschließen.

103. Der geringfügige Erfolg der Revisionen rechtfertigt es nicht, die Angeklagten von einem Teil der Kostenlast freizustellen (§ 473 Abs. 4 Satz 1 StPO).

Sost-Scheible                          Roggenbuck                          Franke

                       Mutzbauer                               Quentin

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:030216B4STR594.15.0

Fundstelle(n):
CAAAF-69402