Wohnungseigentumssache: Einordnung einer Streitigkeit über die persönliche Haftung eines Gesellschafters einer Wohnungseigentümerin für Beitragsrückstände
Leitsatz
Streitigkeiten über die in § 128 HGB angeordnete persönliche Haftung des Gesellschafters einer Wohnungseigentümerin für Beitragsrückstände sind als Wohnungseigentumssache im Sinne von § 43 Nr. 2 WEG anzusehen.
Gesetze: § 43 Nr 2 WoEigG, § 128 HGB
Instanzenzug: LG Nürnberg-Fürth Az: 14 S 7163/14 WEGvorgehend AG Fürth (Bayern) Az: 360 C 2827/13 WEG
Gründe
I.
1Die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft verlangt von den Beklagten zu 2 und 3 die Zahlung rückständiger Hausgelder für April 2013 bis Februar 2014. Wohnungseigentümerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Die Beklagten zu 2 und 3 sind deren ehemalige Gesellschafter. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin.
II.
2Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen die vor dem verkündete Entscheidung des Berufungsgerichts ist gemäß § 62 Abs. 2 WEG nicht statthaft, weil der Rechtsstreit die Haftung ausgeschiedener Gesellschafter einer GbR für Hausgeldrückstände betrifft und damit Wohnungseigentumssache im Sinne von § 43 Nr. 2 WEG ist.
31. Gemäß § 43 Nr. 2 WEG sind Wohnungseigentumssachen „Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümern“. Allerdings besteht keine Einigkeit darüber, ob auch die persönliche Haftung des Gesellschafters gemäß § 128 HGB für Beitragsrückstände unter diese Norm fällt. Teils wird dies bejaht (BayObLGZ 1988, 368, 369 f. für § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG aF; AG Hohenschönhausen, ZMR 2007, 153; Suilmann in Jennißen, § 43 Rn. 28; vgl. auch BayObLG NJW-RR 1987, 1368 für § 43 Abs. 1 Nr. 2 WEG aF), teils aber auch verneint (LG Hamburg ZMR 2002, 870; Roth in Bärmann, WEG, 13. Aufl., § 43 Rn. 83).
42. Der Senat sieht Streitigkeiten über die in § 128 HGB angeordnete persönliche Haftung des Gesellschafters einer Wohnungseigentümerin für Beitragsrückstände als Wohnungseigentumssache im Sinne von § 43 Nr. 2 WEG an.
5a) § 43 WEG ist nach der Rechtsprechung des Senats weit auszulegen. Die Norm ist gegenstands- und nicht personenbezogen zu verstehen. Daher erfasst sie auch einen ausgeschiedenen Wohnungseigentümer (Senat, Beschluss vom - V ZB 24/02, BGHZ 152, 136, 141 ff.), einen Gläubiger, der einen Zustimmungsanspruch nach § 12 WEG geltend macht (Senat, Urteil vom - V ZR 269/12, NJW-RR 2014, 710 Rn. 6) oder einen gewillkürten Prozessstandschafter (Senat, Beschluss vom - V ZB 56/12, NZM 2012, 732 Rn. 6).
6b) Daran gemessen ist auch die persönliche Haftung des Gesellschafters der Wohnungseigentümerin gemäß § 128 HGB für Beitragsrückstände einzubeziehen; dies gilt in gleicher Weise für die Haftung des Gesellschafters einer GbR gemäß § 128 HGB analog (vgl. hierzu , NJW 2007, 2490 Rn. 23 ff. mwN) sowie die Haftung ausgeschiedener Gesellschafter (vgl. § 160 HGB, § 736 Abs. 2 BGB). Die Haftung des Gesellschafters tritt kraft Gesetzes als Folge der rechtlichen Organisationsform der Wohnungseigentümerin ein. Da sie akzessorisch ist, besteht ein enger Bezug zu der Zahlungsverpflichtung der Wohnungseigentümerin. Infolgedessen werden sich regelmäßig spezifisch wohnungseigentumsrechtliche Fragen stellen, und der Sachverstand der mit Wohnungseigentumssachen befassten Gerichte ist in gleicher Weise wie bei einer Inanspruchnahme der Gesellschaft gefordert.
III.
7Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Stresemann Schmidt-Räntsch Brückner
Göbel Haberkamp
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:210116BVZR108.15.0
Fundstelle(n):
DStR 2016 S. 16 Nr. 10
NJW-RR 2016 S. 463 Nr. 8
WM 2016 S. 1241 Nr. 26
ZIP 2016 S. 545 Nr. 11
VAAAF-68347