BVerwG Urteil v. - 2 C 22/14

Berücksichtigung von Vordienstzeiten als ruhegehaltfähig (hier: Fachhochschulprofessor); Verhältnis zur Ruhensregelung des § 55 Abs. 8 BeamtVG

Leitsatz

Beamte mit berücksichtigungsfähigen Vordienstzeiten sollen bei der Altersversorgung "Nur-Beamten" gleichgestellt, aber auch nicht bessergestellt werden. Nicht dem Gesetzeszweck entsprechend ist deshalb eine Besserstellung durch die Berücksichtigung von Vordienstzeiten als ruhegehaltfähig, wenn dies Tätigkeiten betrifft, aus denen der Beamte einen Anspruch auf Altersversorgung erworben hat, der nicht im Rahmen des § 55 Abs. 8 BeamtVG (F: 1987-02-12) zu einem entsprechenden Ruhen des Versorgungsanspruchs als Beamter führt.

Gesetze: § 4 BeamtVG vom , § 10 BeamtVG vom , § 11 BeamtVG vom , § 12 BeamtVG vom , § 55 Abs 2 BeamtVG vom , § 55 Abs 8 BeamtVG vom , § 67 Abs 2 BeamtVG vom

Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Az: OVG 4 B 9.11 Urteilvorgehend Az: 36 K 122.10 Urteil

Tatbestand

1Der Kläger begehrt die Berücksichtigung von Vordienstzeiten als ruhegehaltfähige Dienstzeit.

2Der 1938 geborene Kläger stand als Professor an der ... Universität A von April 1986 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand Ende September 2005 im Dienst des Beklagten. Zuvor war er fast 20 Jahre in den USA beschäftigt (von Juni 1966 bis Juni 1979 an der Universität B und von Juli 1979 bis März 1986 an der Universität C).

3Für die Beschäftigungszeiten in den USA waren für den Kläger Rentenansprüche begründet worden. An die US-amerikanische Sozialversicherungsverwaltung (Social Security Administration) wurden im Jahr 1966, von 1978 bis 1986 und vereinzelt für spätere Jahre Versicherungsbeiträge gezahlt: Die Beiträge wurden bei nicht selbständiger Tätigkeit hälftig vom Arbeitgeber und vom Arbeitnehmer, bei ebenfalls der Rentenversicherungspflicht unterliegender freiberuflicher Tätigkeit vom Kläger allein getragen. Insgesamt wurden auf das Rentenkonto des Klägers 21.813 US-Dollar von ihm selbst und 16.216 US-Dollar vom Arbeitgeber eingezahlt. Hieraus erhält der Kläger eine monatliche Rente von 706 US-Dollar. Zudem bestehen für den Kläger Altersversicherungsverträge bei dem amerikanischen Pensionsfonds TIAA-CREF (Teachers Insurance and Annuity Association). Die Teilnahme an dieser Versicherung war freiwillig und beruhte auf einer Vereinbarung mit der jeweiligen Universität. Die Einzahlungen erfolgten gemeinsam von Arbeitgeber und Arbeitnehmer in etwa gleicher Höhe. Seit dem erhält der Kläger aus diesem Pensionsfonds monatliche Leistungen von 1.779 US-Dollar.

4Im Versorgungsfestsetzungsbescheid wurden die in den USA verbrachten Beschäftigungszeiten mit insgesamt fünf Jahren berücksichtigt. Dies betraf die Zeit zur Vorbereitung der Promotion und die vorgeschriebene Mindestzeit für die Habilitation (August 1973 bis August 1978). Bei den übrigen Zeiten sei davon auszugehen, dass dem Kläger hierfür Leistungen aus amerikanischen Versicherungen zustünden.

5Das Oberverwaltungsgericht verpflichtete den Beklagten durch rechtskräftiges Urteil, über die Berücksichtigung auch der übrigen Beschäftigungszeiten des Klägers seit November 1968 als ruhegehaltfähige Dienstzeiten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

6Daraufhin lehnte die Beklagte die Berücksichtigung der weiteren Beschäftigungszeiten in den USA als ruhegehaltfähig erneut ab, weil der Kläger neben der Beamtenversorgung von § 55 BeamtVG nicht erfasste Renten beziehe und die Berücksichtigung dieser Zeiten als ruhegehaltfähig eine Gesamtversorgung zur Folge hätte, die über der Höchstgrenze des § 55 Abs. 2 BeamtVG läge. Widerspruch, Klage und Berufung des Klägers sind erfolglos geblieben.

7Das Oberverwaltungsgericht hat im Wesentlichen auf Folgendes abgestellt: Die Ermessenausübung des Beklagten werde den bindenden Vorgaben des vorangegangenen Bescheidungsurteils gerecht. Zweck des § 55 BeamtVG sei, diejenigen Beamten, die erst im vorgerückten Lebensalter ein Beamtenverhältnis eingehen, versorgungsrechtlich den "Nur-Beamten" annähernd gleichzustellen und ihnen deshalb diejenige Altersversorgung zu ermöglichen, die sie erhalten würden, wenn sie schon während der vordienstlichen Tätigkeit Beamte gewesen wären. Eine Überschreitung der Höchstgrenze des § 55 Abs. 2 BeamtVG würde statt einer Gleichstellung eine Besserstellung bewirken, was der Beklagte ermessensfehlerfrei habe vermeiden dürfen.

8Mit seiner Revision beantragt der Kläger,

die Urteile des Verwaltungsgerichts Berlin vom und des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landesverwaltungsamtes Berlin vom in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom zu verpflichten, die Beschäftigungszeiten des Klägers an der Universität B (USA) vom bis und vom bis sowie an der Universität C (USA) vom bis als ruhegehaltfähige Dienstzeiten anzuerkennen und zugunsten des Klägers den Ruhegehaltssatz ohne Anrechnung der Leistungen der amerikanischen Grundversicherung Social Security und des amerikanischen Pensionsfonds TIAA-CREF auf 74,75 % festzusetzen,

sowie die Hinzuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

9Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Gründe

10Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt Bundesrecht nicht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung weiterer Vordienstzeiten als ruhegehaltfähige Dienstzeit oder auf eine erneute Ermessensentscheidung hierüber. Nach §§ 10 bis 12 und § 67 Abs. 2 BeamtVG können zwar bestimmte Vordienstzeiten bei der Versorgung von Beamten als ruhegehaltfähig berücksichtigt werden (1.). Im Rahmen der Ermessensentscheidung über eine solche Berücksichtigung ist aber dem Zweck dieser Bestimmungen Rechnung zu tragen, der darin besteht, den Beamten mit berücksichtigungsfähigen Vordienstzeiten diejenige Altersversorgung zu ermöglichen, die sie erhalten würden, wenn sie die vordienstlichen Tätigkeiten im Beamtenverhältnis erbracht hätten (2.). Der Zweck der Gleichstellung mit einem "Nur-Beamten" steht einer Besserstellung durch die Berücksichtigung von Vordienstzeiten entgegen, aus denen der Beamte einen Versorgungsanspruch erworben hat, der nicht zu einem entsprechenden Ruhen seiner Versorgung als Beamter führt (3.).

111. Nach § 4 Abs. 3 BeamtVG wird das Ruhegehalt auf der Grundlage der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge und der ruhegehaltfähigen Dienstzeit berechnet. Ruhegehaltfähig sind die im Beamtenverhältnis zurückgelegten Zeiten und die zu berücksichtigenden Vordienstzeiten (§ 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 BeamtVG). Nach der Gesamtdauer der ruhegehaltfähigen Dienstzeit bestimmt sich der prozentuale Anteil der Dienstbezüge, den der Beamte als Ruhegehalt erhält (Ruhegehaltssatz). Somit wirken sich Entscheidungen über die Berücksichtigung von Vordienstzeiten als ruhegehaltfähig unmittelbar auf den Ruhegehaltssatz und damit auf die Höhe des Ruhegehalts aus.

12Da das Beamtenverhältnis, aus dem der Kläger in den Ruhestand getreten ist, bereits am bestanden hat, ist das Ruhegehalt nach § 85 BeamtVG in der bei Eintritt in den Ruhestand geltenden Fassung des Versorgungsänderungsgesetzes vom (BGBl. I S. 3926) zu bestimmen. Nach § 85 Abs. 1 Satz 1 und 2 BeamtVG 2001 bleibt der bis zum erreichte Ruhegehaltssatz gewahrt, wobei die ruhegehaltfähige Dienstzeit und der Ruhegehaltssatz nach dem bis zum geltenden Recht zu berechnen sind. Damit wird der Versorgungsstand gewährleistet, den die Beamten unter Geltung des alten Rechts erreicht haben. Somit ist auch die Ruhegehaltfähigkeit von Vordienstzeiten nach der Rechtslage am zu beurteilen. Maßgebend sind daher die Berücksichtigungsvorschriften des Beamtenversorgungsgesetzes in der Fassung vom - BeamtVG a.F. - (BGBl. I S. 570; vgl. 2 C 38.03 - Buchholz 239.1 § 11 BeamtVG Nr. 9 S. 2, vom - 2 C 18.06 - Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 16 Rn. 22 und vom - 2 C 63.08 - BVerwGE 135, 14 Rn. 12 ff.).

13Nach § 67 Abs. 1 BeamtVG a.F. richtet sich die Ruhegehaltfähigkeit von Vordienstzeiten der zu Beamten ernannten Professoren an Hochschulen vorrangig nach Absatz 2 Satz 1 bis 4 dieser Vorschrift. Nach § 67 Abs. 2 Satz 3 BeamtVG a.F. soll die nach erfolgreichem Abschluss eines Hochschulstudiums vor der Ernennung unter anderem zum Professor liegende Zeit einer hauptberuflichen Tätigkeit, in der besondere Fachkenntnisse erworben wurden, die für die Wahrnehmung des Amtes förderlich sind, im Falle des § 44 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b des Hochschulrahmengesetzes als ruhegehaltfähig berücksichtigt werden; im Übrigen kann sie als ruhegehaltfähig berücksichtigt werden. Derartige Tätigkeiten sind förderlich, wenn sie dem späteren Beamten bei der Ausübung des ersten übertragenen Amtes von Nutzen sein können ( 2 C 4.01 - Buchholz 239.1 § 10 BeamtVG Nr. 14 S. 5, vom a.a.O. und vom a.a.O. Rn. 16). § 67 Abs. 2 BeamtVG a.F. schließt die Anwendung der §§ 10 bis 12 BeamtVG a.F. nicht aus, sondern eröffnet zusätzliche Möglichkeiten der Berücksichtigung von Vordienstzeiten ( a.a.O. Rn. 19 und vom - 2 C 49.10 - Buchholz 239.1 § 67 BeamtVG Nr. 5 Rn. 19).

142. Ist die Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, so hat sie das Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (§ 40 VwVfG). Insoweit unterliegt die Ermessensausübung der Nachprüfung durch die Verwaltungsgerichte (§ 114 Satz 1 VwGO). Danach muss eine Ermessensentscheidung über die Berücksichtigung von Vordienstzeiten auf Erwägungen gestützt sein, die im Hinblick auf den Wortlaut und den Zweck der gesetzlichen Regelung sachgerecht sind ( 2 C 43.08 - Buchholz 239.1 BeamtVG Nr. 13 Rn. 19 m.w.N.).

15Der Zweck der Berücksichtigungsvorschriften nach §§ 10 bis 12 BeamtVG a.F. besteht darin, den Beamten mit berücksichtigungsfähigen Vordienstzeiten diejenige Altersversorgung zu ermöglichen, die sie erhalten würden, wenn sie die vordienstlichen Tätigkeiten im Beamtenverhältnis erbracht hätten ( 2 C 38.03 - Buchholz 239.1 § 11 BeamtVG Nr. 9, vom - 2 C 5.07 - Buchholz 239.1 § 11 BeamtVG Nr. 12 Rn. 12 und vom a.a.O. Rn. 20).

16Für § 67 Abs. 2 BeamtVG a.F. gilt nichts anderes. Diese zusätzliche Berücksichtigungsmöglichkeit trägt den Besonderheiten des Hochschuldienstes Rechnung, indem sie darauf zugeschnittene Vordienstzeiten für ruhegehaltfähig erklärt ( 2 C 4.84 - Buchholz 232.5 § 10 BeamtVG Nr. 8 S. 14, vom a.a.O. Rn. 25 und vom a.a.O. Rn. 12). Darin erschöpft sich die Anreizfunktion des § 67 Abs. 2 BeamtVG a.F. Der Zweck, geeignete Bewerber als Fachhochschulprofessoren zu gewinnen, rechtfertigt nicht, Vordienstzeiten auch dann als ruhegehaltfähig zu berücksichtigen, wenn und soweit sie nicht zu einer annähernden oder vollständigen Gleichstellung, sondern zu einer Besserstellung gegenüber "Nur-Beamten" führen. Dies wäre der Fall, wenn die Altersversorgung eines beamteten Professors oder eines anderen Hochschulangehörigen durch die Berücksichtigung sogenannter förderlicher Vordienstzeiten in ihrer Gesamtheit über das Ruhegehalt hinausginge, das der Beamte erreicht hätte, wenn er die Zeiten im Beamtenverhältnis verbracht hätte ( a.a.O. Rn. 21, vom a.a.O. Rn. 26 und vom a.a.O. Rn. 20).

17Diesem Zweck der gesetzlichen Berücksichtigungsvorschriften entspricht eine Ausübung des Ermessens, die darauf angelegt ist, eine versorgungsrechtliche Gleichstellung mit "Nur-Beamten" zu erreichen. Folgerichtig wird das Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt, wenn die Berücksichtigung von Vordienstzeiten abgelehnt wird, weil der Beamte andernfalls eine höhere Gesamtversorgung aus dem Ruhegehalt und aus einem anderen System der Alterssicherung erhalten würde, als wenn er diese Zeiten im Beamtenverhältnis abgeleistet hätte. Umgekehrt überschreitet der Dienstherr den gesetzlich eröffneten Ermessensspielraum durch eine Ermessenspraxis, die eine Schlechterstellung der Beamten mit berücksichtigungsfähigen Vordienstzeiten gegenüber "Nur-Beamten" bewusst in Kauf nimmt ( a.a.O., vom a.a.O. Rn. 26 und vom a.a.O. Rn. 24).

18Will der Dienstherr die Besserstellung eines Beamten, der durch vordienstliche Tätigkeiten einen anderen Anspruch auf Versorgung aus öffentlichen Mitteln erworben hat, gegenüber "Nur-Beamten" verhindern, so muss er eine Vergleichsberechnung anstellen: Das Ermessen wird im Regelfall rechtsfehlerfrei ausgeübt, wenn die Berücksichtigung der Vordienstzeiten abgelehnt wird, soweit die dadurch erworbene andere Versorgungsleistung die Ruhegehaltseinbuße ausgleicht. Die Gesamtversorgung aus Ruhegehalt und anderer Versorgungsleistung darf nicht niedriger ausfallen als das Ruhegehalt bei Berücksichtigung der Vordienstzeiten. Handelt es sich bei der anderen Versorgung um eine Rente im Sinne von § 55 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 BeamtVG a.F., so muss die Behörde das Ermessen so ausüben, dass die Summe aus auszuzahlendem Ruhegehalt und Rente die Höchstgrenze gemäß § 55 Abs. 2 BeamtVG a.F. nicht unterschreitet. Die Nichtberücksichtigung von Vordienstzeiten wird ermessensfehlerhaft, wenn sie dazu führt, dass dem Beamten ein Ruhegehalt unterhalb der gesetzlichen Höchstgrenze ausgezahlt und die Differenz nicht durch eine andere Versorgung ausgeglichen wird ( a.a.O. Rn. 21 f. und vom a.a.O. Rn. 27). Nur in diesem Rahmen - also unterhalb der Kappungsgrenze des § 55 Abs. 2 BeamtVG - kann Raum dafür sein, im Rahmen der Ermessensausübung besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalls zugunsten des Beamten Rechnung zu tragen (vgl. a.a.O. Rn. 26).

19Allerdings darf die Ruhegehaltfähigkeit von Vordienstzeiten nicht deshalb ganz oder teilweise abgelehnt werden, weil der Beamte neben dem Ruhegehalt eine Versorgungsleistung erhält, die er ausschließlich oder weit überwiegend aus eigenen Mitteln finanziert hat. Das Ruhegehalt ist grundsätzlich ohne Rücksicht darauf zu gewähren, ob und inwieweit ein Beamter den amtsangemessenen Lebensunterhalt aus seinem Vermögen oder aus Einkünften bestreiten kann, die nicht aus öffentlichen Kassen stammen (stRspr, vgl. nur 2 C 26.07 - BVerwGE 133, 25 Rn. 10 und vom a.a.O. Rn. 28). Daraus folgt auch, dass der Dienstherr gehindert ist, den Beamten durch die Nichtberücksichtigung von Vordienstzeiten schlechter zu stellen, weil er mit eigenen Mitteln Altersvorsorge betrieben hat ( a.a.O. und vom a.a.O. Rn. 28).

203. Eine Besserstellung spätberufener Beamter wird regelmäßig bereits durch die Ruhensregelungen in § 55 BeamtVG vermieden. Liegen dagegen die Ruhensvoraussetzungen des § 55 Abs. 8 BeamtVG a.F. nicht vor, muss dem gesetzgeberischen Zweck der Vermeidung einer Besserstellung spätberufener Beamter im Rahmen der Berücksichtigungsentscheidung nach §§ 10 - 12, § 67 Abs. 2 BeamtVG a.F. Rechnung getragen werden.

21Bei der vorgenannten Entscheidung muss eine doppelte Berücksichtigung der betroffenen Vordienstzeiten vermieden werden (vgl. 2 C 43.08 - Buchholz 239.1 § 11 BeamtVG Nr. 13 Rn. 21). Dies wird regelmäßig durch die Ruhensregelungen gewährleistet, wenn es sich um eine von § 55 BeamtVG erfasste Rentenleistung handelt. Hier wird die Gesamtalimentierung bei der Höchstgrenze des § 55 Abs. 2 BeamtVG gekappt. Hat die Vordienstzeit dagegen zu einer Rentenleistung geführt, die wegen des Fehlens eines entsprechenden zwischen- oder überstaatlichen Abkommens nicht nach § 55 Abs. 8 BeamtVG a.F. zu einem entsprechenden Ruhen der Versorgung führt, versagt der Ausgleichsmechanismus der Ruhensvorschriften. Wenn eine Besserstellung dieser "nachträglichen" Beamten vermieden werden soll, muss die Korrektur daher bereits bei der Entscheidung über die Berücksichtigung als ruhegehaltfähige Dienstzeit gemäß §§ 10 - 12, § 67 Abs. 2 BeamtVG a.F. vorgenommen werden (vgl. Strötz, in: GKÖD, § 11 BeamtVG Rn. 55).

22Ein Wertungswiderspruch zu § 55 Abs. 8 BeamtVG a.F. entsteht hierdurch nicht.

23Die Ruhensvorschriften in § 55 BeamtVG regeln, welche Auswirkungen der Bezug einer Rente auf die Versorgungsbezüge hat. Grundgedanke ist dabei die "Einheit der öffentlichen Kassen" (vgl. zuletzt etwa 2 C 47.11 - Buchholz 239.1 § 56 BeamtVG Nr. 8 Rn. 8); der Beamte soll insgesamt von der öffentlichen Hand eine angemessene Versorgung erhalten. Im Grundsatz erfolgt deshalb eine Kappung der Gesamtalimentierung auf im Einzelnen festgelegte Höchstgrenzen, sofern es sich um von der öffentlichen Hand mitfinanzierte "Renten" im Sinne der Vorschrift handelt. § 55 BeamtVG knüpft damit an tatsächlich bestehende Ansprüche oder Anwartschaften an und begrenzt in bestimmten Konstellationen deren insgesamt zu gewährende Höhe.

24Die §§ 10 - 12, § 67 Abs. 2 BeamtVG a.F. regeln dagegen die vorgelagerte Frage, welche nicht im Beamtenverhältnis verbrachten Zeiten als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden können. Es geht daher stets um Fiktionen, weil diese Zeiten tatsächlich nie im Beamtenverhältnis "erdient" worden sind. Die Berücksichtigung bewirkt eine fiktive Behandlung der außerhalb des Beamtenverhältnisses verbrachten Arbeitszeit als "Beamten-Dienstzeit" in versorgungsrechtlicher Sicht. Damit soll eine Altersversorgung ermöglicht werden, die derjenigen entspricht, die der Beamte erhalten hätte, wenn er auch diese Vordienstzeiten bereits im Beamtenverhältnis verbracht hätte.

25Wäre der Betroffene schon in dieser Phase Beamter gewesen, hätte er indes keine anderweitigen Rentenansprüche erwerben können. Für eine "Doppelberücksichtigung" der nicht im Beamtenverhältnis verbrachten Vordienstzeiten ist ein Sachgrund aber nicht ersichtlich.

26Nach § 55 Abs. 8 i.V.m. Abs. 1 BeamtVG a.F. werden Versorgungsbezüge neben wiederkehrenden Geldleistungen, die von einem ausländischen Versicherungsträger nach einem für die Bundesrepublik Deutschland wirksamen zwischen- oder überstaatlichen Abkommen gewährt werden, nur bis zur Höchstgrenze des § 55 Abs. 2 BeamtVG a.F. gezahlt. Solche Geldleistungen führen mithin zu einem anteiligen Ruhen der Versorgungsbezüge. Damit wird eine Doppelversorgung aus (deutschen) öffentlichen Kassen vermieden. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass die in § 55 Abs. 8 BeamtVG a.F. genannten Abkommen nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit abgeschlossen werden, so dass bei einer Gesamtbetrachtung entsprechende Leistungen des ausländischen Versicherungsträgers mittelbar zu einer Belastung deutscher öffentlicher Kassen führen (Kümmel, BeamtVG, § 55 Rn. 223). Das ist ein anderer Aspekt als der Zweck der Gleichstellung des später in das Beamtenverhältnis Gelangten mit dem "Nur-Beamten".

27Deshalb führt der Umstand, dass eine ausländische Versorgungsleistung nicht dem § 55 Abs. 8 BeamtVG a.F. unterfällt, nicht dazu, dass die entsprechenden Auslandsvordienstzeiten im Rahmen der §§ 10 - 12, § 67 Abs. 2 BeamtVG a.F. berücksichtigt werden müssten, obwohl sie eine über die Höchstversorgung nach § 55 Abs. 2 BeamtVG a.F. hinausgehende Gesamtversorgung bewirken würden. Andernfalls käme man zwingend zu einer Besserstellung der Beamten mit solchen ausländischen Pensionsansprüchen gegenüber den "Nur-Beamten": Die ausländischen Pensionsansprüche bleiben bei der Frage des Ruhens außer Betracht, die zugrunde liegenden Zeiten müssten aber - ihre Förderlichkeit vorausgesetzt, die in den Fällen des § 67 Abs. 2 BeamtVG a.F. in aller Regel zu bejahen ist - stets berücksichtigt werden, die Höchstgrenze nach § 55 Abs. 2 BeamtVG wäre nicht einschlägig. Eine derartige Privilegierung von Beamten mit ausländischen Versorgungsansprüchen durch die Kombination von Nichteinbeziehung in die Ruhensregelung und Berücksichtigung der entsprechenden Vordienstzeiten als ruhegehaltfähig ist aber nicht gerechtfertigt (vgl. bereits 2 C 56.64 - BVerwGE 27, 275 <279>, vom - 2 C 8.73 - Buchholz 237.7 § 123 LBG NW Nr. 2 S. 12, vom - 2 C 9.81 - Buchholz 232 § 116a BBG Nr. 8 S. 4 f.; Beschluss vom - 2 B 111.91 - Buchholz 239.1 § 11 BeamtVG Nr. 5 S. 3 f.).

28Somit kommt § 55 Abs. 8 BeamtVG keine Sperrwirkung für die nach §§ 10 - 12, § 67 Abs. 2 BeamtVG a.F. zu treffende Ermessensentscheidung über die Berücksichtigung von Vordienstzeiten als ruhegehaltfähig zu. An der gegenteiligen Aussage im Urteil vom - 2 C 49.10 - (Buchholz 239.1 § 67 BeamtVG Nr. 5 Rn. 26; in diese Richtung auch 2 C 63.08 - BVerwGE 135, 14 Rn. 32) hält der Senat nicht fest.

29Bei der Vergleichsberechnung im Rahmen der §§ 10 bis 12 und § 67 Abs. 2 BeamtVG a.F. können deshalb nur Pensionsleistungen außer Betracht bleiben, die ganz oder weit überwiegend mit eigenen Mitteln des nunmehrigen Versorgungsempfängers erworben worden sind (vgl. a.a.O. Rn. 28 m.w.N. und vom - 2 C 49.10 - a.a.O. Rn 27 f. m.w.N.). In den anderen Fällen sind die Versorgungsansprüche, die der Versorgungsempfänger im Ausland erworben hat, und diejenigen, die er in dieser Zeit im Beamtenverhältnis erworben hätte, gegenüberzustellen. Bleiben erstere hinter letzteren zurück, ist die Vordienstzeit entsprechend anteilig zu berücksichtigen. Gehen sie darüber hinaus, sind sie nicht zu berücksichtigen.

304. Danach war im vorliegenden Fall die Versagung der Berücksichtigung weiterer Zeiten nach § 67 Abs. 2 BeamtVG a.F. ermessensgerecht und ist das die Ermessensbetätigung des Beklagten billigende Berufungsurteil nicht zu beanstanden.

31Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO) übersteigt die vom Kläger ohne Berücksichtigung der streitigen Vordienstzeiten erdiente Versorgung zusammen mit den in diesen Zeiten erworbenen Versorgungsansprüchen die Höchstgrenze des § 55 Abs. 2 BeamtVG a.F. Die anderweitigen Versorgungsansprüche sind auch nicht ausschließlich oder weit überwiegend aus eigenen Mittel finanziert, sondern aufgrund gesetzlicher Regelung bzw. einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Wesentlichen hälftig vom jeweiligen Arbeitgeber mitfinanziert worden und deshalb einer gesetzlichen Rente bzw. einer Betriebsrente nach deutschem Recht vergleichbar.

325. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2015:191115U2C22.14.0

Fundstelle(n):
ZAAAF-67699