(Schadenersatzanspruch nach § 113 Satz 3 InsO)
Gesetze: § 113 S 3 InsO, § 779 BGB
Instanzenzug: ArbG Mönchengladbach Az: 7 Ca 2137/13 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf Az: 5 Sa 224/14 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten darüber, ob ein Schadenersatzanspruch nach § 113 Satz 3 InsO besteht, obwohl der Kläger die in einem Insolvenzplan festgelegte Frist zur Erhebung einer Feststellungsklage versäumt hat.
2Der Kläger war bei der Beklagten (vormals firmierend unter N GmbH), der späteren Schuldnerin, beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Manteltarifvertrag für die Beschäftigten in der Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden idF vom (künftig MTV) nach Maßgabe des Haustarifvertrags der Beklagten vom Anwendung. Danach galt für den Kläger eine Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Quartalsende.
3Am wurde das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung über das Vermögen der Beklagten eröffnet. Im Insolvenzplan war eine Ausschlussfrist für die Erhebung einer Feststellungsklage für bestrittene Forderungen vorgesehen. Am kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Frist des § 113 Satz 2 InsO zum . In dem vom Kläger angestrengten Kündigungsschutzprozess einigten sich die Parteien im Wege des Vergleichs auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum .
4Bereits am hatte der Kläger eine Schadenersatzforderung zur Tabelle angemeldet. Diese Forderung bestritt der Sachwalter in voller Höhe. Mit seiner am beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger den Ersatz des Verfrühungsschadens.
5Der Kläger hat zuletzt beantragt,
6Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat den Leistungsantrag als Hauptantrag und den Feststellungsantrag als Hilfsantrag verstanden. Die Leistungsklage hat es als zulässig, aber unbegründet angesehen. Der Kläger habe die wirksame Ausschlussfrist versäumt.
7Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Gründe
8Die Revision ist zulässig, aber unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Berufung zurückgewiesen.
9I. Entgegen der Auffassung der Beklagten genügt die Begründung der Revision den gesetzlichen Anforderungen. Die Revision legt im Einzelnen dar, dass und warum sich der Entstehungsgeschichte der §§ 259a und 259b InsO der Wille des Gesetzgebers entnehmen lasse, in einem Insolvenzplan geregelte Ausschlussfristen seien unwirksam. Damit ist der aus Sicht der Revision vorliegende Rechtsfehler des angegriffenen Urteils hinreichend aufgezeigt. Im Hinblick darauf, dass das Revisionsgericht an die Revisionsgründe nicht gebunden ist, war eine tiefer gehende Auseinandersetzung mit den Gründen des angegriffenen Urteils nicht erforderlich (vgl. BAG in st. Rspr. seit - 6 AZR 78/08 - Rn. 10, BAGE 129, 170; zuletzt - 6 AZR 993/12 - Rn. 13).
10II. Die Klage ist zulässig.
111. Das Landesarbeitsgericht hat entgegen der Rüge der Beklagten den Klageanträgen zu Recht ein Rangverhältnis von Haupt- und Hilfsantrag entnommen, ohne dabei § 308 Abs. 1 ZPO zu verletzen. Insoweit verweist der Senat auf seine Ausführungen im Urteil vom (- 6 AZR 559/14 - Rn. 15 ff.).
122. Die Leistungsklage ist zulässig. Das hat der Senat in seiner Entscheidung vom (- 6 AZR 559/14 - Rn. 21) ausgeführt und nimmt darauf Bezug.
13III. Die Klage ist unbegründet.
141. Die Ausschlussfrist im Insolvenzplan ist wirksam, hindert aber entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts die Durchsetzung der Planquote mit der Leistungsklage nicht. Insoweit nimmt der Senat auf seine Ausführungen im Urteil vom (- 6 AZR 559/14 - Rn. 22 ff.) Bezug.
152. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Schadenersatz wegen vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Das Arbeitsverhältnis ist nicht durch die Kündigung der Beklagten vom , sondern durch den im Kündigungsschutzprozess geschlossenen Vergleich beendet worden. Das schließt den Anspruch nach § 113 Satz 3 InsO aus.
16a) Der Anspruch nach § 113 Satz 3 InsO besteht nur, wenn der Verwalter „kündigt“. Voraussetzung ist also, dass das Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung des Insolvenzverwalters bzw. in der Eigenverwaltung des Schuldners und nicht durch einen anderen Beendigungstatbestand endet, der die Kündigung gegenstandslos macht ( - Rn. 18 f., 24, BAGE 122, 197).
17b) Ein Vergleich iSv. § 779 BGB hat zwar grundsätzlich keine schuldumschaffende Wirkung. Er ändert aber das ursprüngliche Schuldverhältnis insoweit, als in ihm streitige oder ungewisse Punkte geregelt werden. Dies gilt auch für Prozessvergleiche ( - Rn. 33, 35; - XII ZR 52/08 - Rn. 15).
18c) Die Parteien haben in dem im Kündigungsschutzprozess geschlossenen Vergleich vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis nicht mit Ablauf der Höchstfrist des § 113 Satz 3 InsO, sondern zu einem späteren Zeitpunkt enden soll. Sie haben insoweit mit dem Prozessvergleich, der eine Doppelnatur hat, materiell-rechtlich einen Aufhebungsvertrag geschlossen. Das Arbeitsverhältnis sollte nicht mehr aufgrund der einseitigen Willenserklärung der Beklagten mit der gesetzlichen Höchstfrist, sondern zu einem späteren, einvernehmlich festgelegten Zeitpunkt enden. Die Kündigung war damit gegenstandslos geworden und durch den Prozessvergleich als neuen, eigenständigen Beendigungstatbestand ersetzt worden.
19IV. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2015:191115.U.6AZR558.14.0
Fundstelle(n):
BB 2016 S. 307 Nr. 5
DB 2016 S. 299 Nr. 5
ZIP 2016 S. 288 Nr. 6
PAAAF-48225