BGH Beschluss v. - 4 StR 397/15

Instanzenzug:

Gründe

1Das Landgericht hat die Angeklagten wie folgt verurteilt: den Angeklagten S. wegen schweren Bandendiebstahls in fünf Fällen, wegen Diebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei in 19 Fällen, wegen Diebstahls in sechs Fällen und wegen Beihilfe zum Diebstahl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten M. wegen Diebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei in zwölf Fällen sowie wegen versuchter Hehlerei zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren, den Angeklagten P. wegen schweren Bandendiebstahls in fünf Fällen, wegen Diebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei in drei Fällen und wegen Diebstahls in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten und den nicht revidierenden Angeklagten K. wegen schweren Bandendiebstahls in fünf Fällen und wegen Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten. Im Übrigen wurden die Angeklagten freigesprochen. Das Landgericht hat ferner eine Einziehungsanordnung getroffen.

2Die Angeklagten M. , P. und S. wenden sich mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts gegen ihre Verurteilung. Der Angeklagte P. hat darüber hinaus eine Verfahrensrüge erhoben. Die Rechtsmittel führen auch hinsichtlich des nicht revidierenden Angeklagten K. in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang zur Änderung des Schuldspruchs und Aufhebung des Urteils; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

31. Im Fall II. 14 der Urteilsgründe wird die Feststellung, der Angeklagte S. sei zusammen mit mindestens zwei unbekannten Mittätern durch Aufhebeln des Zufahrtstores und Aufbrechen eines Fensters in die Büroräume einer Firma in L. eingedrungen und habe mit den dort vorgefundenen Fahrzeugschlüsseln insgesamt drei hochwertige Fahrzeuge entwendet, von den Ausführungen in der Beweiswürdigung nicht getragen. Der Angeklagte hat zu dem Tatvorwurf geschwiegen. Ihre Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten stützt die Strafkammer "im Wesentlichen" auf die Auswertung der molekulargenetischen Tatortspuren. An einem der in dem Bürogebäude in L. von den Tätern zurückgelassenen Werkzeuge konnte ein DNA-Identifizierungsmuster des Angeklagten gesichert werden. Weiter hat die Strafkammer berücksichtigt, dass die Fahrzeuge in unmittelbarer Nähe des Wohnortes des Angeklagten S. entwendet wurden und eines der Fahrzeuge in E. in der Nähe seines Betriebsgeländes sichergestellt wurde. Nähere Ausführungen zu den ausweislich der Urteilsgründe verlesenen DNA-Gutachten enthält das Urteil nicht.

4Dies genügt den Anforderungen an eine rechtsfehlerfreie Beweiswürdigung nicht. Denn das Tatgericht hat in den Fällen, in denen es dem Gutachten eines Sachverständigen folgt, die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Ausführungen des Gutachters so darzulegen, dass das Rechtsmittelgericht prüfen kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht und die Schlussfolgerungen nach den Gesetzen der Logik, den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens und den Erkenntnissen der Wissenschaft möglich sind. Für die Darstellung des Ergebnisses einer auf einer molekulargenetischen Vergleichsuntersuchung beruhenden Wahrscheinlichkeitsberechnung ist danach erforderlich, dass der Tatrichter mitteilt, wie viele Systeme untersucht wurden, ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergeben haben, mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalskombination zu erwarten ist und, sofern der Angeklagte einer fremden Ethnie angehört, inwieweit dieser Umstand bei der Auswahl der Vergleichspopulation von Bedeutung war (vgl. , NJW 2014, 2454; vom - 3 StR 247/12, BGHSt 58, 212, 217; Beschlüsse vom - 4 StR 39/15 und vom - 1 StR 364/14, NStZ-RR 2015, 87, 88).

5Da das Urteil hierzu keinerlei Ausführungen enthält, hat es im Fall II. 14 der Urteilsgründe keinen Bestand. In den Fällen II. 23, II. 26 und II. 32 schließt der Senat angesichts der weiteren gewichtigen Indizien für die Täterschaft des Angeklagten aus, dass die Beweiswürdigung auf dem Rechtsfehler beruht.

62. Der Schuldspruch im Fall II. 27 der Urteilsgründe war dahin zu ändern, dass der Angeklagte S. der gewerbsmäßigen Hehlerei schuldig ist.

7a) Das Landgericht hat sich in diesem Fall rechtsfehlerfrei davon überzeugt, dass der Angeklagte S. am auf seinem Betriebsgelände einen zuvor von unbekannten Tätern in den Niederlanden entwendeten LKW Mercedes Benz Sprinter entgegengenommen und anschließend demontiert hat, um die Fahrzeugteile gewinnbringend zu verkaufen. Eine Beteiligung des Angeklagten an dem Diebstahl vermochte die Strafkammer weder festzustellen noch auszuschließen.

8b) Bei einer derartigen Fallgestaltung der Nichterweislichkeit der Mittäterschaft bei der Vortat und der zweifelsfreien Feststellung einer Hehlereihandlung ist eine Verurteilung wegen der dem Diebstahl folgenden "Nachtat" der Hehlerei im Wege der Postpendenzfeststellung möglich und geboten (vgl. , NStZ 2011, 510 mwN).

93. In den Fällen II. 30 und II. 31 ist das Landgericht rechtsfehlerhaft von zwei selbständigen Verbrechen des schweren Bandendiebstahls ausgegangen. Nach den Feststellungen des Landgerichts fuhren die Angeklagten S. , P. und K. zusammen mit einem gesondert Verfolgten in der Nacht vom 22. auf den nach Le. und brachen dort in ein Schuhgeschäft ein. Sie entwendeten ca. 1.000 Paar Schuhe und weitere Lederwaren im Händlereinkaufswert von über 80.000 € (Fall II. 31 der Urteilsgründe). Da der Platz im Fahrzeug der Angeklagten zum Abtransport der Beute nicht ausreichte, stahlen sie kurzerhand einen Mercedes Sprinter zum Zeitwert von mindestens 4.000 € (Fall II. 30 der Urteilsgründe).

10Die Annahme von zwei rechtlich selbständigen Taten hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Zwar enthalten die Feststellungen keine näheren Angaben zum (zeitlichen und örtlichen) Ablauf der Taten; es ist aber - wie zugunsten der Angeklagten anzunehmen ist - jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass das Fahrzeug noch während des Zusammentragens der Beute aus dem Schuhgeschäft entwendet wurde und dass dies auf einem einheitlichen - gegebenenfalls während der Tatausführung erweiterten - Willensentschluss beruhte. Die Tathandlungen zu den Fällen II. 30 und II. 31 sind vor diesem Hintergrund als einheitliches zusammengehörendes Tun und damit rechtlich als eine Tat anzusehen (vgl. hierzu ; NStZ 1996, 493, 494).

11Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung weiter gehende Feststellungen getroffen werden könnten und ändert den Schuldspruch entsprechend ab. Insoweit hätten sich die Angeklagten nach einem Hinweis ersichtlich nicht wirkungsvoller als bisher verteidigen können. Die Änderung des Schuldspruchs ist gemäß § 357 Satz 1 StPO auf den nicht revidierenden Mitangeklagten K. zu erstrecken. Die für die Tat im Fall II. 30 der Urteilsgründe gegen die Angeklagten S. und K. festgesetzten Einzelstrafen von jeweils drei Jahren und drei Monaten und die gegen den Angeklagten P. festgesetzte Einzelstrafe von drei Jahren und sechs Monaten entfallen.

12Die gegen die Angeklagten P. und K. verhängten Gesamtfreiheitsstrafen werden davon nicht berührt. Es kann ausgeschlossen werden, dass die Kammer niedrigere Gesamtfreiheitsstrafen verhängt hätte, wäre sie sich der tateinheitlichen Begehung in den Fällen II. 30 und II. 31 bewusst gewesen.

134. Der Strafausspruch gegen den Angeklagten S. hat insgesamt keinen Bestand. Die Einziehung der zur Tatbegehung gebrauchten Fahrzeuge des Angeklagten S. hat das Landgericht rechtsfehlerfrei auf § 74 StGB gestützt. Eine Maßnahme nach dieser Vorschrift hat indes den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung dar (Fischer, StGB, 62. Aufl., § 74 Rn. 2 mwN). Wird dem Täter auf diese Weise eine ihm gehörende Sache von nicht unerheblichem Wert entzogen, ist dies deshalb ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe und insoweit im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter treffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen (st. Rspr., vgl. , NStZ-RR 2012, 169). Dies hat das Landgericht nicht bedacht. Den Wert der Fahrzeuge hat es offen gelassen. Der Senat kann deshalb nicht ausschließen, dass das Landgericht, hätte es die oben dargelegten Grundsätze beachtet, die von dem Angeklagten verwirkten Einzelfreiheitsstrafen und damit auch die Gesamtstrafe milder bemessen hätte.

145. Auch die Einziehungsanordnung hat überwiegend keinen Bestand. Sie hat - mit Ausnahme des näher konkretisierten Abschleppfahrzeugs und des näher konkretisierten PKW Daimler Benz des Angeklagten S. - keinen vollstreckungsfähigen Inhalt, da die "sichergestellten Mobiltelefone, Personalcomputer und Laptops, Einbruchs- und Manipulationswerkzeuge, Navigationsgeräte, Motorsteuerungsgeräte, Kennzeichen und Fahrzeugschlüssel, der sichergestellte GPS-Jammer" im Urteilstenor nicht näher spezifiziert werden (vgl. mwN). Auch den Urteilsgründen lässt sich nicht entnehmen, welche Gegenstände im Einzelnen von der Einziehung erfasst werden sollen. Vielmehr ergibt sich aus ihnen, dass sichergestellte Gegenstände bereits wieder an die Angeklagten herausgegeben wurden, wiederum ohne dass diese näher bezeichnet werden. Die einzuziehenden Gegenstände sind in der Urteilsformel so konkret zu bezeichnen, dass für die Beteiligten und die Vollstreckungsbehörde Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht.

15Gemäß § 357 Satz 1 StPO war die teilweise Aufhebung der Einziehungsanordnung auf den nicht revidierenden Mitangeklagten K. zu erstrecken.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
FAAAF-32529