Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Zulassungsgrund der Divergenz
Gesetze: § 160 Abs 2 Nr 2 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG
Instanzenzug: SG Reutlingen Az: S 9 KR 2489/12 Urteilvorgehend Landessozialgericht Baden-Württemberg Az: L 4 KR 3035/14 Beschluss
Gründe
1I. Der Kläger ist Sonderrechtsnachfolger seiner bei der beklagten Krankenkasse versichert gewesenen, am an den Folgen eines 2006 erkannten, metastasierenden Ovarialkarzinoms verstorbenen Mutter. Sie befand sich zuletzt (9. - ; 17. - ; 10. - ) in ambulanter Behandlung in der G. Klinik, einer Privatklinik iS des § 30 Gewerbeordnung. Am beantragte sie bei der Beklagten die Kostenübernahme der Behandlung, die die Beklagte ablehnte (Bescheid vom ; Widerspruchsbescheid vom ). Die Behandlung bestand vorrangig aus fünf regionalen Tiefenwellenhyperthermien und einer Thermochemotherapie mit Topotecan (Rechnungen vom 16.3., 21.3. und : insgesamt 10 093,37 Euro). Der Kläger ist mit seinem Kostenerstattungsanspruch in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das LSG hat zur Begründung ua ausgeführt, der Kostenerstattungsanspruch scheitere daran, dass eine unaufschiebbare Behandlung nicht vorgelegen habe und die Leistungsablehnung rechtmäßig gewesen sei. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) habe die angewendete ambulante Behandlungsmethode ausdrücklich aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen und gerade nicht empfohlen, die Voraussetzungen einer Ausnahme hiervon seien nicht erfüllt. Die grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungsrechts greife auch deshalb nicht, weil eine Alternative mit gleichem Ziel bestanden habe, die isolierte Chemotherapie (Beschluss vom ).
2Mit seiner dagegen erhobenen Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Beschluss.
3II. Die Beschwerde ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Die Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des ausdrücklich geltend gemachten Zulassungsgrundes der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) und des sinngemäß geltend gemachten Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
41. Wer sich - wie hier der Kläger - auf den Zulassungsgrund der Divergenz beruft, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze im Urteil des Berufungsgerichts einerseits und in einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG andererseits gegenüberstellen und Ausführungen dazu machen, weshalb beide miteinander unvereinbar sein sollen. Eine Abweichung liegt nicht schon dann vor, wenn das LSG einen Rechtssatz nicht beachtet oder unrichtig angewandt hat, sondern erst dann, wenn es diesem Rechtssatz widersprochen, also einen anderen Rechtssatz aufgestellt und angewandt hat; nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Divergenz (vgl zum Ganzen BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 21, 29 und 67; - Juris RdNr 4; - Juris RdNr 6; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 44 f mwN; - Juris RdNr 8; - Juris RdNr 4; BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 21; - NZS 2014, 479 RdNr 10; - Juris RdNr 6). Hieran fehlt es.
5Es kann offenbleiben, ob der Kläger überhaupt ausreichend einen Rechtssatz des BVerfG bezeichnet, von dem der Beschluss des LSG abgewichen sein soll. Er legt jedenfalls nicht dar, wieso die von ihm benannte vermeintliche Divergenz bei der grundrechtsorientierten Leistungsauslegung entscheidungstragend sein soll, obwohl das LSG - wie er selbst vorträgt - festgestellt hat, es habe eine zweckgleiche schulmedizinische Behandlungsalternative (isolierte Chemotherapie) bestanden. Wird das Urteil des LSG - oder wie hier der urteilsersetzende Beschluss - auf zwei voneinander unabhängige Begründungen gestützt, muss der geltend gemachte Zulassungsgrund für alle Begründungen gelten oder für jede Begründung ein Zulassungsgrund dargelegt werden (BSG SozR 1500 § 160a Nr 5; BSG SozR 1500 § 160a Nr 38; SozR 4-1500 § 160 Nr 21 RdNr 17). Hieran fehlt es.
62. Der Kläger legt die für eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache notwendigen Voraussetzungen nicht in der gesetzlich gebotenen Weise dar. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwieweit diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Der Kläger richtet sein Vorbringen hieran nicht aus.
7Es fehlt schon an der Formulierung einer Rechtsfrage. Soweit er sich implizit gegen die Rechtsprechung des erkennenden Senats wendet, dass für eine Anspruchsbegründung auf Grund grundrechtsorientierter Auslegung regelmäßig kein Raum mehr besteht, wenn der GBA nach nicht zu beanstandender Prüfung zu einer negativen Bewertung gelangt ist (vgl BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 24), zeigt er - wie oben bereits dargelegt - schon die Entscheidungserheblichkeit nicht auf.
83. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
94. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2015:051015BB1KR6915B0
Fundstelle(n):
DAAAF-06640