BAG Urteil v. - 9 AZR 863/13

Betriebliches Vorschlagswesen - Überprüfung der Entscheidung einer paritätisch besetzten Kommission - Ausschluss des Prämienanspruchs, wenn der Verbesserungsvorschlag zu den Arbeitsaufgaben gehört

Gesetze: § 317 BGB, § 319 BGB, § 611 BGB, § 612 BGB

Instanzenzug: ArbG Duisburg Az: 3 Ca 694/12 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf Az: 17 Sa 1400/12 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger eine Prämie für einen Verbesserungsvorschlag zu zahlen.

2Der Kläger war Arbeitnehmer der Beklagten, einem Unternehmen der Stahlindustrie. Seit Ende 2002 war er im Bereich „Planung und Steuerung“ beschäftigt, der von Prof. Dr. K geleitet wurde. Dieser Bereich war für drei Handlungsfelder zuständig, für die jeweils ein Fachkoordinator eingesetzt war: 1. Stahlbestellung, 2. Gütesicherung, 3. Forschung und Entwicklung. Der Kläger übernahm die Stelle „Fachkoordinator Gütesicherung“. Seine Hauptaufgaben wurden im Jahr 2004 in einer „Funktionsbeschreibung“ der Stelle „AL Gütesicherung“ festgehalten, die der Kläger gegenzeichnete. Als Hauptaufgaben wurden in folgender Reihenfolge untereinander aufgeführt:

3Zu der Hauptaufgabe „Forschung und Entwicklung“ wurde in der „Funktionsbeschreibung“ in der Spalte „Verantwortlichkeiten in den Hauptaufgaben“ Folgendes ausgeführt:

4Bei der Beklagten sind die Grundsätze des betrieblichen Vorschlagswesens in einer Gesamtbetriebsvereinbarung vom geregelt (im Folgenden GBV). Darin heißt es auszugsweise:

5Im Mai 2003 fand zwischen dem Kläger und seinem Vorgesetzten Prof. Dr. K ein Gespräch über neue Forschungsprojekte in der Zukunft statt. Der Kläger regte die Entwicklung eines nickelfreien Analysekonzepts für die XABO 890/960-Stähle für Blechdicken oberhalb von 12 mm an und erläuterte den theoretischen Ansatz. Nach Diskussion wurde unter dem Datum ein Aktenvermerk erstellt, der das Kürzel des Klägers trägt und als Forschungs- und Entwicklungsprojekt ua. die Verbesserung der Zähigkeitseigenschaften bei XABO-Stählen nennt.

6In der Teamsitzung „Planung und Steuerung“ vom wurde ein vom Kläger vorgelegtes Legierungskonzept betreffend die Stähle XABO 890/960 vorgestellt und in einem Forschungs- und Entwicklungsgespräch am als zielführend eingestuft. Nach betrieblicher Erprobung wurde dieses Konzept im April 2007 angesichts der extrem gestiegenen Nickellegierungskosten umgesetzt und der Stahl entsprechend produziert.

7Mit E-Mail vom und mit einem Schreiben vom reichte der Kläger das Legierungskonzept für XABO 890/960-Stähle als Verbesserungsvorschlag bei der Beklagten ein. Der Eingang am wurde bestätigt. Die Anerkennung als vergütungspflichtiger Verbesserungsvorschlag lehnte die Beklagte mit Schreiben vom unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Gutachters T vom ab.

8Unter dem legte der Kläger Einspruch ein. Der Gutachter bestätigte in seiner Stellungnahme vom seine frühere Einschätzung. Nach mehreren Gesprächen und weiterem Schriftverkehr zwischen dem Kläger und dem Gutachter bat der Kläger mit Schreiben vom das zentrale Ideenmanagement der Beklagten erneut um eine Entscheidung.

9Mit der am beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am zugestellten Klage machte der Kläger die Zahlung von 2 Mio. Euro geltend und verlangte Auskunft über Ersparnisse und Einführungskosten.

10Mit Schreiben vom wies der BVW-Ausschuss des Unternehmens den Einspruch mit der Begründung zurück, dass der Verbesserungsvorschlag nicht neu und zusätzlich die Frist zum Einreichen eines Verbesserungsvorschlags bei Weitem überschritten sei. Die Frage, inwieweit der Inhalt des Verbesserungsvorschlags zusätzlich zum Aufgabengebiet des Klägers gezählt habe, bedürfe keiner Beantwortung.

11Unter dem legte der Kläger gegen diese Entscheidung erneut Einspruch ein. Der zweite Einspruch wurde durch den BVW-Ausschuss des Unternehmens am abschließend behandelt. Mit Schreiben vom wurde dem Kläger mitgeteilt, dass einvernehmlich beschlossen worden sei, den zweiten Einspruch abzulehnen. Die Beklagte verwies zusätzlich darauf, der Inhalt des Verbesserungsvorschlags gehöre vollständig zum Aufgabengebiet des Einreichers.

12Mit Schreiben vom wies die Beklagte durch den Arbeitsdirektor und den Gesamtbetriebsratsvorsitzenden den sogenannten dritten Einspruch des Klägers vom mit der Begründung zurück, dass der bisherigen Bewertung des Verbesserungsvorschlags des Klägers und der damit verbundenen Ablehnung zugestimmt werde.

13Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe den Verbesserungsvorschlag außerhalb seines beruflichen Aufgabengebiets entwickelt. Das Konzipieren und Durchführen von Forschungs- und Entwicklungsprojekten sei nicht seine, sondern eine zentrale Aufgabe des Teamleiters. Seine Idee sei neu gewesen. Zuvor habe es nur die Idee gegeben, die Entwicklung nickelfreier Stähle auch auf Blechdicken bis zu 50 mm zu erweitern. Dies habe jedoch zunächst nicht funktioniert. Deshalb habe man festgehalten, dass die nickelfreie Legierung nur für Dicken bis 12 mm in Betracht komme. Demgegenüber seien nickelfreie Stähle mit einer weicheren Güte bereits in den Jahren 1992 bis 1994 für Blechdicken bis zu 90 mm entwickelt worden. Unabhängig von den Vorschriften der GBV stehe ihm ein Zahlungsanspruch jedenfalls aus § 612 BGB zu.

14Der Kläger hat, soweit für die Revision von Bedeutung, beantragt,

15Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags hat die Beklagte die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen für die geltend gemachte Prämie seien nicht erfüllt.

16Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger den zuletzt gestellten Zahlungsantrag weiter. Einen in der Revisionsinstanz (erneut) gestellten Auskunftsantrag hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen.

Gründe

17Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zu Recht zurückgewiesen, soweit er in der Berufungsinstanz noch die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 712.500,00 Euro nebst Zinsen begehrt hat.

18I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Prämie nach der GBV.

191. Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, ob die Feststellungen der paritätischen Ausschüsse nach der GBV nur einer eingeschränkten Überprüfung durch die Arbeitsgerichte unterliegen. Über sogenannte dritte Einsprüche entscheiden nach Beratung der Vorstand der Beklagten und der Gesamtbetriebsratsvorsitzende. Nach Ziff. 6.6 GBV ist diese Entscheidung endgültig. Das Ergebnis eines Schiedsgutachtens ist in entsprechender Anwendung der §§ 317, 319 BGB nur auf grobe Unbilligkeit - die sich aus dem Inhalt der Entscheidung und dem zugrunde liegenden Verfahren ergeben kann - sowie auf Verstöße gegen die zugrunde liegenden Vorschriften überprüfbar ( - zu B II 2 b bb (1) der Gründe; vgl. auch  - zu B I 2 der Gründe, BAGE 109, 193). Verfahrensfehler sind beachtlich, wenn sie sich auf das Ergebnis ausgewirkt haben können. Eine unzulässige Schiedsgerichtsvereinbarung liegt erst vor, wenn einer dritten Stelle nicht nur die Feststellung von Tatsachen, sondern darüber hinaus auch deren verbindliche Subsumtion unter einzelne Tatbestandsmerkmale, etwa im Bereich der Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe, übertragen wird ( - Rn. 27). Das Landesarbeitsgericht hat Letzteres für die GBV angenommen. Dies erscheint nicht zwingend. Der Senat hat in seinem Urteil vom (- 9 AZR 393/03 - zu B I 1 der Gründe, aaO) angenommen, dass es sich um einen zulässigen Gegenstand einer Schiedsgutachtervereinbarung handelt, wenn die Paritätische Kommission betriebsnah klärt, ob ein zu enger Bezug zur Dienstpflicht besteht und daher kein Prämienanspruch besteht. Die Frage kann aber letztlich offenbleiben, weil das Landesarbeitsgericht ohne revisiblen Rechtsfehler angenommen hat, dass die Entscheidung der Kommission auch einer vollständigen Überprüfung standhält.

202. Das Landesarbeitsgericht hat die GBV zutreffend dahin gehend ausgelegt, dass kein Anspruch auf Zahlung einer Prämie besteht, wenn der Verbesserungsvorschlag zu dem Aufgabengebiet des Einreichers des Verbesserungsvorschlags gehört. Soweit in Ziff. 5.3 GBV formuliert ist, dass keine Prämie gezahlt wird, wenn der Verbesserungsvorschlag „eindeutig“ zu den Aufgaben des Einreichers gehört, so darf am Inhalt des Aufgabengebiets kein Zweifel bestehen. Soweit die Revision rügt, diese Auslegung lasse praktisch kaum einen Anwendungsbereich für die Teilprämie nach Ziff. 5.3 Satz 4 GBV, ist dies nicht zutreffend. Der der GBV zugrunde liegende Begriff des Verbesserungsvorschlags ist sehr weit. Ziff. 1.1 GBV definiert ihn als Vorschlag, der auf die Verbesserung eines Zustands zielt und hierfür einen konkreten Lösungsansatz beschreibt. Es bleiben danach auch nach der Auslegung der GBV durch das Landesarbeitsgericht zahlreiche Fälle denkbar, in denen der verbesserungswürdige Zustand nur durch das Zusammenwirken verschiedener Bereiche im Unternehmen der Beklagten optimiert werden kann. Der Kläger verkennt, dass das Verständnis von Ziff. 5.3 Satz 3 GBV als Zweifelsfall-Regel für den Einreicher grundsätzlich günstig ist. Kann nicht zweifelsfrei geklärt werden, dass der Verbesserungsvorschlag zu den dem Einreicher zugewiesenen Aufgaben gehört, so ist zumindest ein Anwendungsfall der Teilprämie nach Ziff. 5.3 Satz 4 GBV gegeben.

21Auch wenn man das Erfordernis „eindeutig“ stärker unter Beachtung seiner systematischen Stellung auslegen würde, ergäbe dies kein für den Kläger günstigeres Ergebnis. In Ziff. 5.3 Satz 4 GBV heißt es, liegt der Verbesserungsvorschlag „teilweise im Aufgabengebiet des Einreichers, so ist gemäß Ziffer 5.4 ein Korrekturfaktor in Ansatz zu bringen“. Dies könnte es nahelegen, „eindeutig“ eher als Gegenbegriff zu „teilweise“, also im Sinne von „vollständig“ zu verstehen. Damit entfiele freilich nur die für den Arbeitnehmer an sich günstige Zweifelsfall-Regelung.

223. Das Landesarbeitsgericht hat ohne revisiblen Rechtsfehler festgestellt, dass der streitgegenständliche Verbesserungsvorschlag eindeutig zu den dem Kläger von der Beklagten zugewiesenen Aufgaben gehörte.

23a) Das Revisionsgericht ist an die Tatsachenfeststellung des Berufungsgerichts gebunden (§ 559 Abs. 2 ZPO). Es überprüft daher die Beweiswürdigung nicht als solche, sondern nur auf Verfahrensfehler hin (Musielak/Voit/Foerste ZPO 12. Aufl. § 286 Rn. 68). Revisionsrechtlich ist in Bezug auf § 286 ZPO zu überprüfen, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt ( - Rn. 40;  - zu B II 3 a der Gründe).

24b) Die insoweit erhobenen Rügen des Klägers greifen nicht durch.

25aa) Das Landesarbeitsgericht hat entgegen der Ansicht des Klägers ausreichend berücksichtigt, dass der Kläger der Fachkoordinator des Handlungsfelds „Gütesicherung“ und nicht des Handlungsfelds „Forschung und Entwicklung“ war (vgl. unter B I 4 d aa der Entscheidungsgründe). Unstreitig handelte es sich bei „Forschung und Entwicklung“ - wie in der Funktionsbeschreibung aus dem Jahr 2004 dokumentiert - um eine der Hauptaufgaben des Klägers. Dabei waren seine Aufgaben nicht auf solche „F&E-Tätigkeiten“ beschränkt, die sich auf Gütesicherung bezogen. Der Kläger hat selbst vorgetragen, dass er die damals neu eingestellten Kollegen im Handlungsfeld „Forschung und Entwicklung“ unterstützen sollte. Das Landesarbeitsgericht hat sich auch mit dem Vortrag des Klägers befasst, die Hauptaufgabe „Forschung und Entwicklung“ habe nur 10 % seiner Aufgaben umfasst. Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts fand diese Behauptung in der vom Kläger gegengezeichneten Stellenbeschreibung keine Stütze. Tatsächlich lässt sich dem Umstand, dass es sich um eine von zehn aufgezählten Hauptaufgaben handelt, nicht entnehmen, dass der Kläger nur maximal 10 % seiner Arbeitszeit für diese Aufgabe aufwenden durfte. Im Übrigen hat der Kläger auch mit seiner Revision nicht aufgezeigt, warum ihm der Verbesserungsvorschlag nicht möglich gewesen sein sollte, wenn er tatsächlich nur 10 % seiner Arbeitszeit auf Forschung und Entwicklung hätte verwenden sollen.

26bb) Das Landesarbeitsgericht hat sich auch mit dem Einwand des Klägers auseinandergesetzt, die Entwicklung des Verbesserungsvorschlags habe nur zum Aufgabengebiet des Teamleiters gehört (vgl. unter B I 4 d cc der Entscheidungsgründe). Entgegen der Auffassung des Klägers widerspricht es nicht den Gesetzen der Logik, dass das Landesarbeitsgericht angenommen hat, ein Mitwirken im Team impliziere auch die Entwicklung und Weitergabe von eigenen Ideen. Soweit der Kläger in der Revisionsbegründung vom geltend macht, das selbstständige Konzipieren und Durchführen von Forschungs- und Entwicklungsprojekten stelle eine deutlich höhere Stellenanforderung dar, die zu einem höheren Stellen- bzw. Funktionswert und damit zu einer höheren Gehaltsfestsetzung geführt hätte, legt der Kläger schon nicht dar, dass und wo er diesen Vortrag schon in den Vorinstanzen gehalten hat. Verfahrensrügen müssen nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO die Bezeichnung der Tatsachen enthalten, die den Mangel ergeben, auf den sich die Revision stützen will. Bei einer auf § 286 ZPO gestützten Rüge wegen nicht berücksichtigtem Vortrag bedarf es der Angabe der genauen vorinstanzlichen Fundstelle nach Schriftsatz und ggf. nach Seitenzahl, an der der Vortrag gehalten wurde (vgl.  - zu II 3 d aa der Gründe mwN, BAGE 109, 145). Im Übrigen greift der Kläger mit seiner Argumentation letztlich nur die Höhe seines Monatsgehalts an. Die angeführten Argumente sind nicht geeignet, einen Prämienanspruch nach der GBV zu begründen.

27cc) Auch soweit der Kläger meint, die Verwertung des Aktenvermerks vom durch das Landesarbeitsgericht sei mit § 286 ZPO nicht zu vereinbaren, greift diese Rüge nicht durch. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das Landesarbeitsgericht mit Hinweisbeschluss vom die Parteien ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass dem Inhalt dieses Vermerks Bedeutung beizumessen sei, und Gelegenheit gegeben hat, hierzu Stellung zu nehmen. Soweit der Kläger nunmehr mit der Revisionsbegründung behauptet, er habe in dem Gespräch am sein neues Legierungskonzept für Blechdicken oberhalb von 12 mm für die XABO 890/960-Stähle eingebracht, fehlt es auch hier an der Angabe der Fundstelle, wann er dies bereits in den Tatsacheninstanzen vorgetragen haben will. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts regte der Kläger an diesem Tag lediglich die Entwicklung eines nickelfreien Analysekonzepts an und erläuterte den theoretischen Ansatz. Erst in der Teamsitzung am wurde das Legierungskonzept vorgestellt und sodann in einem Forschungs- und Entwicklungsgespräch am als zielführend eingestuft. Diese Feststellungen hat der Kläger nicht mit einem Antrag nach § 320 ZPO angegriffen. Auf ihrer Basis ist es in sich widerspruchsfrei, dass das Landesarbeitsgericht den Aktenvermerk im Rahmen des § 286 ZPO herangezogen hat. Der vom Kläger letztlich eingereichte Verbesserungsvorschlag lag im Mai 2003 noch nicht vor. Es bedurfte vielmehr weiterer Entwicklungsarbeit. Jedenfalls ab der Sitzung vom handelte es sich bei dieser Entwicklungsarbeit um ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt des Teams „Planung und Steuerung“. Nach den ihm zugewiesenen Hauptaufgaben war der Kläger zur Mitarbeit an solchen Entwicklungsprojekten verpflichtet.

28II. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zahlung einer Prämie aus §§ 611, 612, 242 BGB. Es kann dahinstehen, ob ein solcher Anspruch überhaupt in Betracht kommt, wenn zur Frage der Vergütung von Verbesserungsvorschlägen eine Betriebsvereinbarung existiert. § 612 BGB setzt grundsätzlich das Fehlen einer Vergütungsvereinbarung voraus (vgl. in diesem Sinne bereits  - zu 4 aE der Gründe, BAGE 17, 151). Besteht eine Betriebsvereinbarung zum betrieblichen Vorschlagswesen, kommt ferner eine Vergütungserwartung iSd. § 612 Abs. 1 BGB für einen Verbesserungsvorschlag regelmäßig nur in den in der Betriebsvereinbarung vorgesehenen Fällen in Betracht.

29Entgegen der Ansicht des Klägers ist das Landesarbeitsgericht unter Bezugnahme auf die Urteilsgründe des Arbeitsgerichts zutreffend davon ausgegangen, dass jedenfalls dann, wenn die Leistung sich im Rahmen des vertraglich Geschuldeten bewegt, keine Vergütungspflicht besteht. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine besondere Leistung des Arbeitnehmers, insbesondere eine Leistung schöpferischer Art, die über die übliche Arbeitsleistung hinausgeht und eine echte Sonderleistung darstellt, auch ohne besondere Vereinbarung nach Treu und Glauben zusätzlich zu vergüten ( - zu 4 der Gründe, BAGE 17, 151). Bei der Frage, ob ein Verbesserungsvorschlag über die übliche Arbeitsleistung hinausgeht und als echte Sonderleistung zu qualifizieren ist, handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Seine Anwendung unterliegt nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung. Der Kläger hat auch insoweit keinen revisiblen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts aufgezeigt. Die pauschale Behauptung, es gehöre nicht zu den üblichen Leistungen, Einsparungen von mindestens 8 Mio. Euro gegen die Skepsis des Vorgesetzten durchzusetzen, ist nicht geeignet, die Beurteilung durch die Vorinstanzen infrage zu stellen, die auf die konkreten Umstände des Einzelfalls abgestellt haben und so zu dem Ergebnis gelangt sind, dass die Erarbeitung des streitgegenständlichen Verbesserungsvorschlags zu der üblichen vom Kläger geschuldeten Arbeitsleistung gehörte.

30III. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung nach § 20 ArbnErfG. Nach dieser Vorschrift hat der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber für technische Verbesserungsvorschläge, die dem Arbeitgeber eine ähnliche Vorzugsstellung gewähren wie ein gewerbliches Schutzrecht, einen Anspruch auf angemessene Vergütung, sobald dieser sie verwertet. Ein Vergütungsanspruch besteht danach nur für sogenannte qualifizierte technische Verbesserungsvorschläge. Der Arbeitgeber muss dazu durch den technischen Verbesserungsvorschlag einen faktischen Wettbewerbsvorteil genießen. Voraussetzung ist eine tatsächliche wirtschaftliche Monopolstellung, die der Arbeitgeber durch die geistige Leistung des Arbeitnehmers erwirbt (Boemke/Kursawe/Nebel ArbnErfG § 20 Rn. 8 mwN, 15). Ein solcher Wettbewerbsvorteil ist weder festgestellt noch vom Kläger behauptet worden.

31IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2015:190515.U.9AZR863.13.0

Fundstelle(n):
DB 2015 S. 2704 Nr. 46
AAAAF-06119