Steuerstrafverfahren: Konkurrenzverhältnis zwischen Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall und gewerbsmäßigem Schmuggel nach altem Recht
Gesetze: § 370 Abs 3 AO vom , § 373 AO vom
Instanzenzug: Az: (536) 245 Js 1122/11 KLs (9/13)
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten P. wegen 185 Fällen des gewerbsmäßigen Schmuggels, hiervon in 129 Fällen in Tateinheit mit Steuerhinterziehung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt.
2Die auf mehrere Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
31. Die verfahrensrechtlichen Beanstandungen bleiben aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts zutreffend dargelegten Gründen ohne Erfolg.
42. Mit Ausnahme der konkurrenzrechtlichen Beurteilung der Taten hat die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge zum Schuldspruch keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben.
5Das Landgericht hat bei 129 Fällen des gewerbsmäßigen Schmuggels, bei denen der Tatzeitpunkt vor dem lag und bei denen die Voraussetzungen eines besonders schweren Falls der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 3 AO in der bis zum geltenden Fassung (aF) rechtsfehlerfrei angenommen wurden, zugleich eine Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Steuerhinterziehung vorgenommen, um „dem besonderen Tatbestandsmerkmal der Gewerbsmäßigkeit, welches in § 370 AO aF nicht aufgeführt ist, ausreichend Rechnung zu tragen und gleichwohl deutlich zu machen, dass der Strafrahmen des § 370 AO aF zur Anwendung kam" (UA S. 372). Dies begegnet durchgreifenden Bedenken.
6Bei Schmuggel gemäß § 373 AO handelt es sich um einen Qualifikationstatbestand, der den Grundtatbestand des § 370 AO verdrängt (vgl. , NStZ 2015, 285; , NStZ 2012, 637 und vom - 3 StR 280/83, BGHSt 32, 95). Dies gilt für vor dem begangene Taten trotz unterschiedlicher Strafandrohungen auch dann, wenn - wie hier - zugleich die Voraussetzungen eines besonders schweren Falls der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 3 AO aF gegeben sind.
7Der Umstand, dass § 373 AO in seiner bis zum geltenden Fassung (aF) einen Strafrahmen von drei Monaten bis fünf Jahren Freiheitsstrafe vorsah, während § 370 Abs. 3 AO aF für einen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren androhte, lässt das konkurrenzrechtliche Verhältnis zwischen § 373 AO und § 370 AO unberührt (vgl. im weiteren Sinne auch § 12 Abs. 3 StGB; , NStZ 2015, 285).
8Die unterschiedlichen Strafandrohungen wirken sich vielmehr bei der Strafzumessung auf die Strafrahmenwahl aus.
9Für vor dem begangene Taten gemäß § 373 AO aF, bei denen zugleich die Voraussetzungen eines besonders schweren Falls der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 3 AO aF verwirklicht sind, ist die Strafe dem Strafrahmen des § 370 Abs. 3 AO aF zu entnehmen. Denn es wäre sinnwidrig, diesen Strafrahmen nur deshalb nicht zur Anwendung zu bringen, weil zum Grundtatbestand zusätzlich ein Merkmal, das die Tat als Schmuggel qualifiziert - wie hier die Gewerbsmäßigkeit (§ 373 Abs. 1 AO) -, hinzukommt. Der Täter würde andernfalls wegen dieser strafschärfenden Begehungsart milder bestraft werden, als wenn diese fehlte (vgl. , NStZ 2015, 285; , BGHSt 32, 95 und vom - 3 StR 292/86, wistra 1987, 30; Jäger in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl., § 373 Rn. 51; Hilgers-Klautzsch in Kohlmann, Steuerstrafrecht, 51. Lfg., § 373 Rn. 145; Schmitz/Wulf in MüKo-StGB, 2. Aufl., § 370 Rn. 539).
10Dagegen besteht für nach dem begangene Taten nach Anhebung des Strafrahmens des Schmuggels gemäß § 373 AO auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren für einen Rückgriff auf den Strafrahmen des § 370 Abs. 3 AO kein Bedürfnis mehr (Jäger aaO; Hilgers-Klautzsch aaO; Schmitz/Wulf aaO).
113. Die Strafzumessung ist nicht zu beanstanden. Der Senat schließt aus, dass sich der Wegfall der Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Steuerhinterziehung auf die Höhe der Einzelstrafen, die das Landgericht insoweit zutreffend dem Strafrahmen des § 370 Abs. 3 AO aF entnommen hat, und die Bemessung der Gesamtstrafe ausgewirkt hat.
124. Der nur geringe Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).
Fundstelle(n):
AO-StB 2016 S. 13 Nr. 1
BFH/NV 2016 S. 158 Nr. 1
HAAAF-05752