BGH Beschluss v. - 3 StR 52/15

Adhäsionsverfahren: Gesamtschuldnerische Haftung für gefährliche Körperverletzung bei Mittäterexzess

Gesetze: § 406 Abs 1 StPO, § 830 Abs 1 BGB, § 840 Abs 1 BGB, § 224 Abs 1 Nr 2 StGB, § 224 Abs 1 Nr 4 StGB

Instanzenzug: Az: 2060 Js 66836/13 jug - 2 KLs

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung eines früheren Urteils zu einer Einheitsjugendstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Darüber hinaus hat es ihn dazu verurteilt, gesamtschuldnerisch mit dem Mitangeklagten S.    an den Nebenkläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.000 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem zu zahlen.

2Das auf die allgemeine Sachrüge gestützte Rechtsmittel des Angeklagten ist zum Schuld- und Strafausspruch unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Auch die Zuerkennung eines Schmerzensgeldes unterliegt im Ausgangspunkt keiner Beanstandung. Demgegenüber kann die Adhäsionsentscheidung im Hinblick auf die Bemessung des von dem Angeklagten zu leistenden Schmerzensgeldes keinen Bestand haben.

3Nach den Feststellungen umstellten der Angeklagte, der Mitangeklagte sowie zwei unbekannt gebliebene Mittäter den Nebenkläger und einen weiteren Geschädigten, um einem gemeinsamen Tatplan entsprechend die Herausgabe von Geld und Mobiltelefonen zu erzwingen. Als der Nebenkläger sich weigerte, sein Smartphone herzugeben, traten der Mitangeklagte sowie andere aus der Gruppe ihn gegen die Beine. Zudem versetzte der Mitangeklagte ihm zur Untermauerung der Forderung zwei Schläge mit einem Schlagring, die ihn an der linken Schläfe und unter dem linken Auge trafen. Aus Angst vor weiterer Gewaltanwendung gab der Nebenkläger das Handy schließlich heraus.

4Das Landgericht hat dem Angeklagten den Einsatz des Schlagrings durch den Mitangeklagten als Mittel der räuberischen Erpressung mit rechtsfehlerfreien Erwägungen (sukzessive Mittäterschaft) zugerechnet und ihn auf dieser Grundlage nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB schuldig gesprochen. Es hat jedoch nicht festzustellen vermocht, dass die Benutzung dieses Tatmittels von Anfang an vom gemeinsamen Tatplan umfasst war, und sie daher hinsichtlich der Körperverletzung als Exzess des Mittäters gewertet. Demgemäß hat es den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung allein in der Variante des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB, nicht jedoch in derjenigen des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB verurteilt (vgl. , NStZ-RR 2011, 111, 112).

5Vor diesem Hintergrund kann die Verurteilung des Angeklagten, dem Nebenkläger gesamtschuldnerisch mit dem Mitangeklagten ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.000 € zu zahlen, keinen Bestand haben.

6Das Landgericht hat die Höhe des Schmerzensgeldes mit den durch den Einsatz des Schlagrings verursachten Verletzungsfolgen begründet. Die Verwendung dieses Mittels zur Verletzung des Nebenklägers hat es dem Angeklagten aber gerade nicht angelastet. Damit kommt eine Zurechnung dieses Tatbeitrages aber auch bei der Prüfung der Frage, inwieweit sich der Angeklagte im Sinne des § 830 Abs. 1 BGB als Mittäter an einer die zivilrechtliche Haftung begründenden deliktischen Verhaltensweise beteiligt hat, nicht in Betracht, was wiederum den Umfang seiner gesamtschuldnerischen Haftung nach § 840 Abs. 1 BGB begrenzt. Die Beurteilung richtet sich insoweit nach den für das Strafrecht entwickelten Grundsätzen. Die wechselseitige Zurechnung der einzelnen Tatbeiträge reicht dabei nicht weiter als der gemeinsame Vorsatz und scheidet aus, soweit einer der Mittäter im Exzess Handlungen begeht, die vom gemeinsamen Tatplan und dem Vorsatz der anderen nicht gedeckt sind (BGH, Beschlüsse vom - 4 StR 321/05, BGHR StPO § 403 Anspruch 8; vom - 3 StR 468/12, juris; Urteil vom - VI ZR 53/98, BGHR BGB § 830 Abs. 2 Teilnahme 2). Die zur Grundlage des Schmerzensgeldanspruchs gemachten Verletzungsfolgen - aus dem Einsatz des Schlagrings - können deshalb nicht zur Begründung dafür herangezogen werden, den Angeklagten in gleicher Höhe wie den Mitangeklagten zur Schmerzensgeldzahlung zu verurteilen (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 468/12, juris; vom - 3 StR 372/13, StraFo 2014, 217).

7Da der Angeklagte dem Nebenkläger jedoch wegen der anderen, ihm zuzurechnenden Körperverletzungshandlungen ein angemessenes Schmerzensgeld schuldet, ändert der Senat den ihn betreffenden Adhäsionsanspruch in analoger Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO in eine Verurteilung dem Grunde nach ab (§ 406 Abs. 1 Satz 2 StPO). Im Übrigen ist von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag abzusehen (§ 406 Abs. 1 Satz 3 und 4 StPO); denn eine Zurückverweisung der Sache allein zur Bestimmung der Höhe des Schmerzensgeldes kommt nicht in Betracht (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 406a Rn. 5 mwN). Die Bemessung des Schmerzensgeldes ist vielmehr dem zuständigen Zivilgericht übertragen (§ 406 Abs. 3 Satz 4 StPO).

8Der geringe Teilerfolg der Revision rechtfertigt eine Ermäßigung der Gebühr und eine Auferlegung eines Teils der Auslagen auf die Staatskasse nach § 473 Abs. 4 StPO nicht. Die Entscheidung über die Kosten und Auslagen des Adhäsionsverfahrens ergibt sich aus § 472a Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 StPO.

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

Fundstelle(n):
QAAAE-95906