Stufenaufstieg von Oberärzten im TV-Ärzte/VKA
Gesetze: § 1 TVG
Instanzenzug: ArbG Regensburg Az: 9 Ca 3094/12 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht München Az: 10 Sa 472/13 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten über den Zeitpunkt des Aufstiegs des Klägers in die Stufe 3 der Entgeltgruppe III des Tarifvertrags für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände vom idF des Änderungstarifvertrags Nr. 3 vom (TV-Ärzte/VKA).
2Der Kläger ist seit 1998 als Oberarzt bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte gruppierte ihn bei Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA, der kraft beiderseitiger Tarifbindung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet, am in die Entgeltgruppe III dieses Tarifvertrags ein und ordnete ihn darin sofort der Stufe 2 zu. Zur Überleitung in den TV-Ärzte/VKA bestimmt der Tarifvertrag zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern in den TV-Ärzte/VKA und zur Regelung des Übergangsrechts vom (TVÜ-Ärzte/VKA):
3Die Stufenzuordnung und -laufzeit ist für Oberärzte im TV-Ärzte/VKA wie folgt geregelt:
4Die Stufe 3 der Entgeltgruppe III wurde erst durch den Änderungstarifvertrag Nr. 3 vom mit Wirkung zum eingeführt.
5Mit Schreiben vom begehrte der Kläger die Höherstufung in die Stufe 3 der Entgeltgruppe III seit dem . Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom ab. Sie zahlt dem Kläger erst seit dem ein Entgelt aus der Stufe 3 der Entgeltgruppe III.
6Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Entgeltstufen der Entgeltgruppe III bauten aufeinander auf. Nach dreijähriger Tätigkeit in der Stufe 2 der Entgeltgruppe III erfolge der Aufstieg in deren Stufe 3. Er sei am aber bereits weit länger als drei Jahre der Stufe 2 zugeordnet gewesen und habe die neue Stufe 3 darum bereits unmittelbar mit ihrer Einführung an diesem Tag erreicht. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut des § 19 Abs. 1 TV-Ärzte/VKA, der von „Stufenlaufzeit“ spreche. Wäre dagegen eine sechsjährige Tätigkeit zur Einstufung in die Stufe 3 erforderlich und würde diese erst zum anlaufen, wäre eine Höherstufung in die Entgeltstufe 3 erst zum möglich. Dann hätte die Einführung der neuen Entgeltstufe durch § 19 Abs. 1 Buchst. c TV-Ärzte/VKA für die Zeit vom bis keinen Anwendungsbereich. Zudem habe die Beklagte mit seiner Einstufung in die Stufe 2 der Entgeltgruppe III die Stufenlaufzeit nach § 20 Abs. 2 TV-Ärzte/VKA verkürzt.
7Jedenfalls habe er einen einzelvertraglich begründeten Anspruch auf die begehrte frühere Zuordnung zur Stufe 3 der Entgeltgruppe III. Die Beklagte habe mit der bereits am bewusst erfolgten Zuordnung zur Stufe 2 dieser Entgeltgruppe drei Jahre (vorgeleisteter) oberärztlicher Tätigkeit als einschlägig anerkannt. Bereits am habe er darum sechs Jahre oberärztlicher Tätigkeit in der Entgeltgruppe III abgeleistet und habe darum unmittelbar nach Einführung der Stufe 3 aus dieser vergütet werden müssen.
8Der Kläger hat beantragt
9Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags vorgetragen, für die Stufenlaufzeit in der Entgeltgruppe III seien allein die Zeiten der Tätigkeit als Oberarzt ab dem maßgeblich. Für die Stufe 3 dieser Entgeltgruppe seien darum insgesamt sechs Jahre oberärztlicher Tätigkeit seit dem und nicht nur drei Jahre einer solchen Tätigkeit in Stufe 2 erforderlich. Anders als der TVöD sehe der TV-Ärzte/VKA für die oberärztliche Tätigkeit keine feste Aufenthaltsdauer in den einzelnen Stufen vor, sondern stelle für jeden Stufenaufstieg innerhalb der Entgeltgruppe III darauf ab, wie lange die oberärztliche Tätigkeit insgesamt ausgeübt worden sei. Sie habe auch die Stufenlaufzeit nicht nach § 20 Abs. 2 Satz 1 TV-Ärzte/VKA verkürzt.
10Unabhängig davon, ob der Kläger zum bewusst übertariflich in die Entgeltstufe 2 eingestuft worden sei, habe eine etwaige übertarifliche Anerkennung ärztlicher Vorzeiten keine Auswirkungen auf den Zeitpunkt der Höherstufung in die Stufe 3 der Entgeltgruppe III. Nach dem Wortlaut des § 19 Abs. 1 Buchst. c TV-Ärzte/VKA komme es für jeden Stufenaufstieg innerhalb der Entgeltgruppe III auf die Dauer der gesamten oberärztlichen Tätigkeit nach Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA an.
11Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Gründe
12Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.
13I. Die Klage ist zulässig. Ungeachtet des Umstands, dass bei Klageerhebung im November 2012 eine Bezifferung der streitbefangenen Entgeltdifferenz für die Zeit von Januar bis Juli 2012 möglich war, war der Kläger nicht gezwungen, eine Leistungsklage zu erheben. Der Rechtsgedanke des Vorrangs der Leistungsklage ist kein Selbstzweck, sondern dient dazu, Rechtsstreitigkeiten prozesswirtschaftlich sinnvoll zu erledigen. Da zwischen den Parteien lediglich Streit über den Grund, nicht aber die Höhe des Anspruchs besteht, und sich dieser Streit durch die erhobene Feststellungsklage sachgerecht und einfach erledigen lässt, ist die Klage zulässig (vgl. - Rn. 12).
14II. Die Klage ist jedoch unbegründet.
151. Die gemäß § 19 Abs. 1 Buchst. c TV-Ärzte/VKA erforderliche Laufzeit für den Aufstieg in die Stufe 3 der Entgeltgruppe III des TV-Ärzte/VKA von grundsätzlich sechs Jahren oberärztlicher Tätigkeit begann frühestens mit dem . Der Kläger hat darum erst seit dem einen tariflichen Anspruch auf die begehrte Vergütung. Entgegen seiner Auffassung sind Zeiten oberärztlicher Tätigkeit, die vor dem bei demselben Arbeitgeber zurückgelegt wurden, bei der Stufenzuordnung in der Entgeltgruppe III des TV-Ärzte/VKA nicht zu berücksichtigen. Das gilt auch für die Zuordnung zu der durch den Änderungstarifvertrag Nr. 3 mit Wirkung zum eingefügten Stufe 3.
16a) Der TV-Ärzte/VKA sieht - im Unterschied zu § 5 des Tarifvertrags zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken vom (TVÜ-Ärzte) - keine Anrechnung der Zeiten, die in qualifizierter Beschäftigung als Oberarzt vor dem Inkrafttreten dieses Tarifvertrags am zurückgelegt worden sind, vor. Die anrechenbare Zeit konnte erst am beginnen. Das ergibt sich aus § 6 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 TVÜ-Ärzte/VKA sowie dem Umkehrschluss aus § 19 Abs. 2 TV-Ärzte/VKA und entspricht dem Grundsatz, dass regelmäßig die für das Erreichen der nächsthöheren Stufe innerhalb derselben Entgeltgruppe erforderliche Zeit nicht vor der Eingruppierung in diese Entgeltgruppe zu laufen beginnt, sofern nicht die Tarifvertragsparteien die Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten anordnen oder zumindest ermöglichen (dazu - Rn. 20). Solche Sonderregelungen sieht § 19 Abs. 2 TV-Ärzte/VKA nur für die Entgeltgruppen I und II, nicht aber für die Entgeltgruppe III vor. In der Entgeltgruppe III des TV-Ärzte/VKA sind darum die bis zum Inkrafttreten dieses Tarifvertrags zurückgelegten Beschäftigungszeiten auf die Stufenlaufzeit nicht anzurechnen. Die Stufe 2 konnte frühestens am erreicht werden, wenn nicht der Arbeitgeber die Stufenlaufzeit gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 TV-Ärzte/VKA verkürzte (BAG in st. Rspr., vgl. nur - 4 AZR 241/09 - Rn. 45; - 6 AZR 357/09 - Rn. 19 ff.; - 4 AZR 170/09 - Rn. 43). Entgegen der Annahme des Klägers folgt aus der Definition der Stufenlaufzeit in § 19 Abs. 1 TV-Ärzte/VKA nichts anderes. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung wird im Unterschied zB zu § 16 Abs. 3 TVöD-AT (VKA) die nächste Stufe der Entgeltgruppe nicht nach einer bestimmten Zeit „in“ einer Stufe erreicht, sondern erst nach der für die jeweilige Entgeltstufe insgesamt erforderlichen Zeit einer bestimmten ärztlichen Tätigkeit. Davon abweichende Sonderregelungen sieht der TV-Ärzte/VKA, wie ausgeführt, für die Entgeltgruppe III nicht vor.
17b) An diesen von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen haben die Tarifvertragsparteien bei Einführung der Stufe 3 in die Entgeltgruppe III durch den Änderungstarifvertrag Nr. 3 festgehalten und damit deutlich gemacht, dass sie ihrem Willen entsprechen. Anderenfalls hätten sie im Hinblick auf die angeführte, ihnen bekannte höchstrichterliche Rechtsprechung eine eindeutige Anrechnungsregelung für die Zeiten der Beschäftigung als Oberarzt vor dem schaffen müssen. Die Stufe 3 wird also, sofern keine Verkürzung der Stufenlaufzeit gemäß § 20 Abs. 2 oder Abs. 5 TV-Ärzte/VKA erfolgt, erst nach sechs Jahren oberärztlicher Tätigkeit erreicht, wobei nur die Zeit nach dem zu berücksichtigen ist. Aus der tariflich eröffneten Verkürzungsmöglichkeit folgt zugleich, dass entgegen der Annahme des Klägers die Stufe 3 auch bei vorstehendem Normverständnis bereits in der Zeit vom 1. Januar bis zum einen Anwendungsbereich hatte.
182. Die begehrte Feststellung folgt auch nicht aus § 19 Abs. 1 Buchst. c iVm. § 20 Abs. 2 oder Abs. 5 TV-Ärzte/VKA. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass die Beklagte die für die Verkürzung der Stufenlaufzeit der Stufe 3 erforderliche Ermessensentscheidung aus den in diesen Bestimmungen genannten Gründen getroffen hat. Ebenso fehlt es an Vortrag dazu, dass die vorzeitige Zuordnung zur Stufe 2 auf einer Ermessensentscheidung nach § 20 Abs. 2 oder Abs. 5 TV-Ärzte/VKA beruhte. Ohnehin trägt die Annahme des Klägers nicht, eine Verkürzung der Laufzeit der Stufe 2 oder deren Vorweggewährung müsse sich auch auf den Zeitpunkt des Vorrückens in die Stufe 3 auswirken. § 19 Abs. 1 Buchst. c TV-Ärzte/VKA stellt, wie ausgeführt, nicht darauf ab, dass drei Jahre in der jeweiligen Entgeltstufe bis zum Stufenaufstieg zu absolvieren sind, sondern verlangt für das Vorrücken in den Stufen drei bzw. sechs Jahre oberärztlicher Tätigkeit. Durch einen früheren Aufstieg in die Stufe 2 wegen der Erbringung überdurchschnittlicher Leistungen wird die für den Aufstieg in die Stufe 3 zu erbringende Zeit von sechs Jahren oberärztlicher Tätigkeit also nicht verkürzt. Die Belohnung der Leistungen in der Entgeltstufe 1 führt lediglich zu einer früheren Gewährung des höheren Entgelts aus der Stufe 2. Ein früherer Aufstieg in die Entgeltstufe 3 erfolgt nur dann, wenn auch in der Entgeltstufe 2 wiederum überdurchschnittliche Leistungen erbracht wurden und der Arbeitgeber dies durch eine Ermessensentscheidung nach § 20 Abs. 2 TV-Ärzte/VKA honoriert. Gleiches gilt für die Vorweggewährung von Stufen nach § 20 Abs. 5 TV-Ärzte/VKA.
193. Der Kläger hat schließlich auch keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung aufgrund einer einzelvertraglichen Zusage der Beklagten. Die Beklagte hat dem Kläger nicht übertariflich die Anrechnung von Zeiten der qualifizierten ärztlichen Tätigkeit als Oberarzt, die vor dem erbracht worden sind, auf die für die Zuordnung zur Stufe 3 der Entgeltgruppe III erforderliche Laufzeit zugesagt. Entgegen der Ansicht der Revision folgt dies auch nicht aus dem Umstand, dass die Beklagte den Kläger bereits zum der Stufe 2 der Entgeltgruppe III des TV-Ärzte/VKA zugeordnet hat. Dabei kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass dies bewusst übertariflich geschehen ist. Daraus folgt jedoch nicht, dass die Beklagte damit drei Jahre oberärztliche Tätigkeit iSd. § 19 Abs. 1 Buchst. c TV-Ärzte/VKA anerkannt hat und der Kläger nach weiteren drei Jahren oberärztlicher Tätigkeit in die Entgeltstufe 3 aufsteigen konnte. Die Zusage der Beklagten bewegte sich, sofern sie übertariflich erfolgt war, gerade außerhalb des tariflichen Entgeltsystems. Ein Wille, vergleichbar auch bei dem Entgelt aus der - bei Beginn der übertariflichen Handhabung am noch gar nicht existierenden - Stufe 3 zu verfahren, lässt sich dieser Handhabung nicht entnehmen. Mit dem Schreiben vom hat die Beklagte deutlich gemacht, dass sie sich für die Stufe 3 an die Vorgaben des TV-Ärzte/VKA halten will.
20III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2015:120315.U.6AZR879.13.0
Fundstelle(n):
BB 2015 S. 1332 Nr. 22
CAAAE-89568