BFH Beschluss v. - VII B 207/12

Anspruch auf Energiesteuerbefreiung von Kraftstoffen in Zusatztanks von Nutzfahrzeugen; Hinzuziehung eines Bevollmächtigten

Gesetze: FGO § 138 Abs. 2, FGO § 139 Abs. 3 Satz 3, FGO § 143, EGRL 96/2006 Art. 24 Abs. 1, EGRL 96/2006 Art. 24 Abs. 2

Instanzenzug:

Gründe

1 I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geriet mit dem Fahrzeug seines Arbeitgebers in eine Kontrolle, bei der Beamte des Beklagten und Beschwerdegegners (Hauptzollamt —HZA—) feststellten, dass der LKW mit einem Zusatztank versehen worden war. Hinsichtlich des Inhalts dieses Zusatztanks erließ das HZA Steuerbescheide gegen den Kläger und dessen Arbeitgeber. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) urteilte das Finanzgericht (FG), der Zusatztank könne nicht als Hauptbehälter des Fahrzeugs angesehen werden, weshalb der angefochtene Bescheid rechtmäßig sei.

2 Daraufhin legte der Kläger Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision ein. Mit Beschluss vom 18. März 2013 4 K 3691/12 VE (Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern —ZfZ— 2013, Beilage Nr. 10, 62) hat das FG Düsseldorf dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zwei Fragen zur Auslegung des Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2003/96/EG (EnergieStRL) des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 283/51) vorgelegt. Aufgrund dieses Vorabentscheidungsersuchens hat der beschließende Senat das anhängige Beschwerdeverfahren mit Beschluss vom 10. Juli 2013 gemäß § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bis zur Entscheidung des EuGH ausgesetzt. Mit Urteil vom 10. September 2014 C-152/13 (ZfZ 2014, 301) hat der EuGH entschieden, dass der Begriff „Hauptbehälter” im Sinne von Art. 24 Abs. 2 erster Gedankenstrich EnergieStRL dahin auszulegen sei, dass er Behälter, die in Nutzfahrzeugen fest eingebaut und zu deren unmittelbarer Kraftstoffversorgung bestimmt sind, auch dann erfasst, wenn sie von einer anderen Person als dem Hersteller eingebaut wurden, sofern diese Behälter die unmittelbare Verwendung des Kraftstoffs sowohl für den Antrieb der Nutzfahrzeuge als auch gegebenenfalls während des Transports für den Betrieb der Kühlanlage oder sonstigen Anlagen ermöglichen. Mit Schreiben vom 14. November 2014 hat das HZA mitgeteilt, aufgrund des EuGH-Urteils sei dem Begehren des Klägers stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben worden. Zugleich hat das HZA die Hauptsache für erledigt erklärt. Mit Schreiben vom 10. Dezember 2014 hat der Kläger die Hauptsache ebenfalls für erledigt erklärt und beantragt, dem HZA die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Zudem hat er gebeten, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

3 II. 1. Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden (§ 143 Abs. 1 i.V.m. § 138 Abs. 1 FGO). Da die Erklärungen der Beteiligten erst im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde abgegeben wurden, ist das angefochtene Urteil einschließlich der darin enthaltenen Kostenentscheidung gegenstandslos geworden (, BFH/NV 2011, 832).

4 2. Aufgrund der Erledigung des Rechtsstreits durch Aufhebung des angefochtenen Abgabenbescheids waren die Kosten des gesamten Verfahrens nach § 143 Abs. 1 i.V.m. § 138 Abs. 2 Satz 1 FGO dem HZA aufzuerlegen.

5 Ergänzend weist der beschließende Senat darauf hin, dass der BFH an die Entscheidung des EuGH in ZfZ 2014, 301 und an dessen Auslegung des in Art. 24 Abs. 2 EnergieStRL verwendeten Begriffs „Hauptbehälter” gebunden ist, so dass dem Kläger in dem von ihm angestrebten Revisionsverfahren ein Anspruch auf Steuerbefreiung des im Zusatztank festgestellten Kraftstoffs aufgrund der unmittelbaren Anwendung des Art. 24 Abs. 1 EnergieStRL —der unbedingt und hinreichend genau ist (vgl. , Slg. 2008, I-5999)— hätte gewährt werden müssen. Dieser Rechtslage hat das HZA durch Aufhebung des angefochtenen Bescheids entsprochen.

6 3. Für die Entscheidung darüber, ob die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das außergerichtliche Vorverfahren notwendig war (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO), ist das FG selbst dann zuständig, wenn die übereinstimmenden Erklärungen zur Erledigung der Hauptsache erst vor dem BFH abgegeben werden (BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 832). Der vom Kläger gestellte Antrag ist daher unzulässig (Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 139 FGO Rz 560).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2015 S. 692 Nr. 5
EAAAE-87703