BSG Beschluss v. - B 14 AS 300/14 B

Instanzenzug: S 51 AS 665/13

Gründe:

I

1Mit Beschluss vom hat das Landessozialgericht (LSG) die Berufung des Klägers gegen ein klagabweisendes Urteil des Sozialgerichts ua hinsichtlich des Begehrens zurückgewiesen, im Zeitraum vom 1.6. bis zusätzlich zum Regelbedarf nach § 20 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) einen Mehrbedarf sinngemäß nach § 21 Abs 4 SGB II wegen der Erbringung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Höhe von monatlich 130,90 Euro zu erhalten. Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG, zu deren Durchführung er Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt.

II

21. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem angefochtenen Beschluss ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), weil der in der Beschwerdebegründung allein angeführte und weiter dargestellte Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht gemäß § 160a Abs 2 Satz 3 SGG schlüssig dargelegt ist.

3Erforderlich für die schlüssige Bezeichnung eines Verfahrensmangels, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), ist die substantiierte Bezeichnung der den Mangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 34, 36) und - sofern es sich nicht um einen absoluten Revisionsgrund handelt - weiter die Darlegung, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 36). Diesen Anforderungen genügt das Beschwerdevorbringen nicht.

4a) Soweit die Beschwerde ein absolutes Verfahrenshindernis und zugleich die Verletzung der Amtsermittlungspflicht in der fehlenden notwendigen Beiladung der Bundesagentur für Arbeit (BA) sieht, hätte sie darlegen müssen, inwieweit die BA an dem Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und dem beklagten Jobcenter derart beteiligt ist, dass eine Entscheidung auch ihr gegenüber iS des § 75 Abs 2 1. Alt SGG nur einheitlich ergehen konnte (; ), dass also durch die angegriffene Entscheidung unmittelbar deren Rechte gestaltet worden sind (vgl Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 75 RdNr 10). Das ist dem Vorbringen nicht schlüssig zu entnehmen. Ob es sich bei einer Maßnahme um eine solche zur Teilhabe am Arbeitsleben iS von § 21 Abs 4 SGB II handelt, entscheidet sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgericht, wenn es sich um eine regelförmige Maßnahme handelt, nach deren Inhalt und Schwerpunkt. Ausreichend dafür ist, dass eine entsprechende Eingliederungsmaßnahme tatsächlich durchgeführt wird, und zwar entweder auf Veranlassung des Grundsicherungsträgers oder eines anderen Sozialleistungsträgers, etwa des Rentenversicherungsträgers (vgl - SozR 4-4200 § 21 Nr 11, RdNr 17). Ohne Bedeutung für den Anspruch ist dagegen die Beauftragung bzw Kostenträgerschaft der jeweiligen Maßnahme ( - SozR 4-4200 § 21 Nr 9). Vor diesem Hintergrund hätte es besonderer Ausführungen dazu bedurft, inwiefern die hier streitbefangene Entscheidung über den Mehrbedarf nach § 21 Abs 4 SGB II Rechte der BA gestalten könnte. Nicht ausreichend dafür ist angesichts des Umstands, dass es für den Anspruch nach dem SGB II allein auf die tatsächliche Teilnahme an einer entsprechenden Maßnahme ankommt, das Vorbringen der Beschwerde, die angefochtene Entscheidung greife in das freie Ermessen der BA ein.

5b) Soweit die Beschwerde weiter einen Verfahrensfehler darin sieht, dass das LSG dem Beweisantrag auf Beiziehung eines Gutachtens des medizinischen Dienstes der BA ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt sei, fehlt es an schlüssigen Ausführungen dazu, inwiefern die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht hierauf beruhen könnte. Diesem Erfordernis genügt die Beschwerdebegründung schon deshalb nicht, weil darin die tragenden Entscheidungsgründe des LSG nur mitgeteilt sind, soweit in ihnen "zunächst" auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil verwiesen worden ist und deshalb dem Vorbringen nicht vollständig zu entnehmen ist, inwiefern es nach der Rechtsauffassung des LSG auf dieses Gutachten hätte ankommen können. Besonderer Angaben dazu hätte es indessen deshalb bedurft, weil es nicht auf der Hand liegt, dass es für die nach der dargelegten Rechtslage gebotene Beurteilung des Schwerpunkts der vom Kläger absolvierten Maßnahme notwendig auf den Inhalt des fraglichen Gutachtens ankommen könnte. Nicht ausreichend dafür ist nach den bezeichneten Maßstäben jedenfalls, dass der Erhalt der Erwerbsfähigkeit des Klägers nur mit medizinischer Rehabilitation möglich sei, wie die Beschwerde geltend macht.

6c) Nicht hinreichend substantiiert ist schließlich auch die Rüge des Verstoßes gegen das Gebot des gesetzlichen Richters (Art 101 Abs 1 Satz 2 Grundgesetz [GG]) durch vorschriftswidrige Besetzung des erkennenden Gerichts (§ 547 Nr 1 Zivilprozessordnung [ZPO] iVm § 202 SGG) als absoluten Revisionsgrund. Soweit die Beschwerde sich dazu auf die Begründung des angefochtenen Beschlusses als "Indiz" für die Befangenheit des LSG-Senats stützt, ist das ungeachtet alles Weiteren nach Beendigung der Instanz prozessual überholt ( - Juris mwN). Und soweit sie sinngemäß die Selbstentscheidung der Richter des LSG-Senats über einen Befangenheitsantrag als Verstoß gegen Art 101 Abs 1 S 2 GG beanstandet, fehlt es an ausreichend substantiierten Angaben, die allein anhand der Beschwerdebegründung eine Beurteilung des erhobenen Vorwurfs erlauben (zu dieser Darlegungsanforderung vgl nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 160a RdNr 13e mwN). Dem Vorbringen ist nur zu entnehmen, dass der Kläger sämtliche Mitglieder des LSG-Spruchkörpers wegen Befangenheit abgelehnt hat und dass diese den Antrag als rechtsmissbräuchlich selbst verworfen haben. Keine Angaben enthält es dagegen zum Inhalt des Ablehnungsgesuchs sowie zu den Gründen, mit denen es verworfen worden ist. Nachdem die Ablehnung aller Mitglieder eines Spruchkörpers jedenfalls grundsätzlich rechtsmissbräuchlich sein kann (vgl Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 60 RdNr 10b mwN), reicht das zur Beurteilung der erhobenen Rüge allein nach dem Beschwerdevorbringen nicht aus.

72. PKH gemäß § 73a SGG iVm § 114 ZPO ist dem Kläger nicht zu bewilligen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung nach den obigen Ausführungen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Der Antrag auf Beiordnung einer Rechtsanwältin (§ 73a SGG iVm § 121 ZPO) ist abzulehnen, weil der Kläger keinen Anspruch auf PKH hat.

83. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.

Fundstelle(n):
XAAAE-85971