BGH Beschluss v. - 2 StR 259/14

Strafzumessung: Voraussetzungen für die Berücksichtigung von nach Verfahrenseinstellung nicht abgeurteilter Straftaten

Gesetze: § 46 Abs 2 StGB, § 154 Abs 2 StPO

Instanzenzug: Az: 22 KLs 51/13nachgehend Az: 2 StR 259/14 Urteil

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in drei Fällen und sexuellen Missbrauch eines Kindes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen ist es unbegründet.

I.

2Nach den Feststellungen des Landgerichts missbrauchte der damals 18jährige Angeklagte die zehnjährige Nebenklägerin        P.     Ende 2000 oder Anfang 2001 dadurch, dass er an ihrer Scheide manipulierte (Fall 1). Im Oktober 2002 streichelte er in einer Sauna die Scheide dieser Geschädigten und drang mit dem Finger ein (Fall 2).

3Weitere Taten zum Nachteil dieser Nebenklägerin waren auch aufgrund des Geständnisses des Angeklagten und der Vernehmung von Zeugen nicht konkret feststellbar; insoweit beschränkte das Landgericht das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO.

4Am missbrauchte der Angeklagte bei zwei Gelegenheiten den sechsjährigen    H.      dadurch, dass er zuerst im Schlafzimmer seiner Wohnung mit diesem wechselseitig den Oralverkehr ausübte (Fall 3). Wenig später am gleichen Tag fuhr der Angeklagte mit dem Kind in den Wald, wo es erneut zu Oralverkehr kam und der Angeklagte sexuelle Handlungen und ein Posieren des nackten Kindes fotografierte (Fall 4).

II.

5Die Revision des Angeklagten ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO, soweit sie sich gegen den Schuldspruch und gegen den Strafausspruch in den Fällen 3 und 4 richtet. Sie führt aber zur Aufhebung des Strafausspruchs hinsichtlich der Einzelstrafen zu den Fällen 1 und 2 und des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafe.

6a) Die Strafzumessung in den Fällen 1 und 2 ist rechtsfehlerhaft, weil das Landgericht die von der Verfahrensbeschränkung gemäß § 154 Abs. 2 StPO betroffenen Taten zum Nachteil der Nebenklägerin P.     nicht festgestellt, aber zu seinen Lasten berücksichtigt hat, dass "die konkret festgestellten Taten nur ein Ausschnitt einer Tatserie sind".

7Zwar ist es zulässig, bei der Strafzumessung zu berücksichtigen, dass der Angeklagte weitere nicht abgeurteilte Straftaten begangen hat. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die weiteren Taten prozessordnungsgemäß festgestellt sind. Das Abstellen auf einen bloßen Verdacht ist unzulässig (vgl. , NStZ-RR 2012, 368). Die Taten müssen auch jedenfalls so konkret festgestellt sein, dass sie in ihrem wesentlichen Unwertgehalt abzuschätzen sind (vgl. Senat, Urteil vom - 2 StR 381/13, NJW 2014, 2514, 2516).

8Nach den getroffenen Feststellungen bleibt offen, welche und wie viele Straftaten der Angeklagte - über die abgeurteilten Taten im gleichen Zeitraum hinaus - innerhalb von sechs Jahren nach dem Jahreswechsel von 2000 zu 2001 zum Nachteil der Nebenklägerin P.     begangen hat. Das Landgericht hat ausgeführt, dass es in diesem Zeitraum "mehrfach zu sexuellen Übergriffen des Angeklagten" gekommen sei. Wann dies der Fall war, konnte die Jugendkammer nicht feststellen. Nähere Einzelheiten des jeweiligen Geschehensablaufs vermochte sie nicht zu klären. Die Ausführungen genügen daher nicht dem Erfordernis ausreichend bestimmter Feststellungen zu solchen Taten, die trotz Verfahrensbeschränkung gemäß § 154 Abs. 2 StPO strafschärfend berücksichtigt werden können (vgl. ).

Fischer                              Schmitt                         Krehl

                 Eschelbach                           Zeng

Fundstelle(n):
IAAAE-85882