BAG Urteil v. - 1 AZR 257/13

Frage nach der Gewerkschaftszugehörigkeit

Leitsatz

1. Art. 9 Abs. 3 GG schützt eine Gewerkschaft auch darin, der Arbeitgeberseite in einer konkreten Tarifvertragsverhandlungssituation Angaben über ihren Organisationsgrad und die Verteilung ihrer Mitglieder in bestimmten Betrieben vorzuenthalten.

2. Verlangt ein Arbeitgeber während laufender Tarifvertragsverhandlungen von seinen Arbeitnehmern die Offenlegung ihrer Gewerkschaftszugehörigkeit, handelt es sich um eine gegen die gewerkschaftliche Koalitionsbetätigungsfreiheit gerichtete Maßnahme.

Gesetze: Art 9 Abs 3 GG

Instanzenzug: ArbG Frankfurt Az: 10 Ca 6462/10 Urteilvorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht Az: 12 Sa 654/11 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Befugnis der Arbeitgeberin, betriebszugehörige Arbeitnehmer nach ihrer Mitgliedschaft in einer bestimmten Gewerkschaft zu befragen.

2Die Klägerin - die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) - organisiert ua. das Fahrpersonal von Nahverkehrsunternehmen im Freistaat Bayern und ist Mitglied der dbb tarifunion. Die Beklagte ist als kommunales Dienstleistungsunternehmen mit Sitz in M ua. im Personennahverkehr tätig und gehört dem Kommunalen Arbeitgeberverband Bayern e.V. (KAV Bayern) an. Dieser schloss am mit der dbb tarifunion sowie mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) - Landesbezirk Bayern - jeweils einen gleichlautenden, am in Kraft getretenen „Tarifvertrag Nahverkehrsbetriebe Bayern (TV-N Bayern)“. Seitdem enthalten die Arbeitsverträge der bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer eine Bezugnahme auf den TV-N Bayern. Zuvor geschlossene „Alt“arbeitsverträge verweisen - in unterschiedlichen Formulierungen - auf die Bestimmungen des „Bundesmanteltarifvertrags für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe“.

3Nach Kündigungen des jeweils mit ihnen geschlossenen TV-N Bayern (in den Fassungen des 2. Änderungstarifvertrags) zum verhandelten ver.di und dbb tarifunion zunächst gemeinsam mit dem KAV Bayern über einen neuen Tarifabschluss. Am erzielten ver.di und der KAV Bayern eine Einigung. Die dbb tarifunion erklärte in einem an den KAV Bayern gerichteten Schreiben vom „die Verhandlungen … formal für gescheitert“ und teilte mit, dass „der Vorstand … die Durchführung der Urabstimmung beschlossen“ habe. Mit Schreiben vom selben Tag wandte sich die Beklagte an „die Tarifbeschäftigten des Unternehmensbereichs Verkehr“. Das Schreiben und ein ihm beigelegtes Antwortformular lauten:

4Im Anschluss an eine Urabstimmung vom 1. bis rief die dbb tarifunion - in Abstimmung mit der GDL - erstmals für den zum Streik auf. Nach weiteren Streikaufrufen einigten sich die dbb tarifunion und der KAV Bayern am über Änderungen des TV-N Bayern mit Wirkung ua. zum .

5Durch die Befragungsaktion vom sieht sich die Klägerin in ihren Rechten aus Art. 9 Abs. 3 GG beeinträchtigt. Mit ihrer am beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage - und späteren Klageerweiterungen um Hilfsanträge - hat sie die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen. Zur Begründung hat sie erstinstanzlich vorgebracht, es gehe nicht darum, ob ein Arbeitgeber generell berechtigt sei, die bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer nach einer bestimmten Gewerkschaftszugehörigkeit zu fragen; eine Befugnis der Beklagten zur Frage nach der Zugehörigkeit zur GDL sei „in der momentanen konkreten Situation“ aber „nicht geraten“ gewesen. Das Schreiben vom habe auf die Einschätzung ihres Organisationsgrades im Unternehmen der Beklagten gezielt. Das verletze sie in ihrer Koalitionsfreiheit. Unter den konkreten betrieblichen und koalitionsspezifischen Umständen seien keine Fallkonstellationen denkbar, in denen die Beklagte die Tarifgebundenheit der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer kennen müsse. Vor allem in der Berufungsinstanz hat die Klägerin den Standpunkt eingenommen, ein Fragerecht des Arbeitgebers nach der Gewerkschaftszugehörigkeit der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer bestehe grundsätzlich nicht. Eine solche Frage sei immer, also unabhängig von einem Zusammenhang mit Arbeitskampf oder Tarifvertragsverhandlungen und auch unabhängig davon, ob der Arbeitgeber die Mitgliedschaft von Arbeitnehmern in anderen Gewerkschaften eruiere, ein nicht gerechtfertigter Eingriff in die Koalitionsfreiheit der betroffenen Gewerkschaft. Das gelte auch in einem tarifpluralen Betrieb.

6Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

7Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, im Hinblick auf die Geltung mehrerer Tarifverträge in ihrem Betrieb sei sie zu der mit dem Schreiben vom formulierten Aufforderung berechtigt gewesen. Wegen der mit ver.di erzielten Tarifeinigung habe sie wissen müssen, wer Mitglied der GDL sei, denn diesen Beschäftigten hätten keine - auch keine vertraglichen - Ansprüche aus der Einigung zugestanden. Zudem folge ihre Berechtigung zu der gestellten Frage in einer Arbeitskampfsituation wie der im August/September 2010 bestehenden daraus, dass sie wegen der auf die Mitglieder der GDL zu beschränkenden Möglichkeit von Aussperrungen wissen müsse, wer in dieser als der streikführenden Gewerkschaft organisiert sei. Auch für das Aufstellen von Noteinsatzplänen in ihrem Unternehmen der Daseinsvorsorge sei diese Kenntnis unerlässlich gewesen. Ungeachtet dessen setze die Anerkennung der Tarifpluralität ein generelles Fragerecht des Arbeitgebers nach der Gewerkschaftszugehörigkeit der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer zumindest während des Bestands des Arbeitsverhältnisses voraus. Nur so könne sich der Arbeitgeber gesetzeskonform verhalten.

8Das Arbeitsgericht hat dem Hauptantrag der Klägerin stattgegeben und ausgeführt, die Befragung der Arbeitnehmer nach ihrer Zugehörigkeit zur Klägerin verletze diese in ihrem Koalitionsrecht „unabhängig von ihrer zeitlichen Lage im Zusammenhang mit einem Arbeitskampf oder Tarifverhandlungen und unabhängig davon, ob auch die Mitgliedschaft in anderen Gewerkschaften und die Nichtorganisation erfragt“ werde. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten den Hauptantrag abgewiesen und nach dem zuletzt gestellten Hilfsantrag erkannt. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils und beantragt außerdem „äußerst hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, es zu unterlassen, Arbeitnehmer ihres Betriebes nach der Mitgliedschaft in der Klägerin zu befragen, ohne gleichzeitig auch nach der Mitgliedschaft in anderen Gewerkschaften, die Tarifverträge abgeschlossen haben, die im Betrieb Geltung haben, zu fragen“. Die Beklagte verfolgt mit ihrer Revision die Abweisung auch des Hilfsantrags. Im Übrigen beantragen beide Parteien jeweils die Zurückweisung der gegnerischen Revision.

Gründe

9Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat das hauptsächliche Unterlassungsbegehren im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der nicht auf einen Sachverhalt wie den Anlassfall des Schreibens vom beschränkte, sondern alle denkbaren Fallgestaltungen umfassende Unterlassungsanspruch besteht schon aus deliktsrechtlichen Gründen nicht. Die Revision der Beklagten hat dagegen Erfolg. Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht nach dem Hilfsantrag der Klägerin erkannt. Dieser ist unzulässig. Bei dem höchst hilfsweisen Antrag der Klägerin handelt es sich um eine in der Revisionsinstanz unzulässige Klageänderung.

10A. Die Revision der Klägerin ist unbegründet.

11I. Sie hat nicht bereits deshalb Erfolg, weil das Landesarbeitsgericht mit der Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils und der Abweisung des Hauptantrags unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO über einen anderen Streitgegenstand als den von der Klägerin zur Entscheidung gestellten befunden hat. Allerdings kommt es durchaus in Betracht, dass jedenfalls das Arbeitsgericht bei seiner Entscheidung § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verletzt hat.

121. Nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Umgekehrt darf die beklagte Partei nicht zu etwas anderem verurteilt werden als zu dem, worauf sie ihre Verteidigung einrichten musste. Das ist Ausdruck der den Zivilprozess beherrschenden Dispositionsmaxime. Das Gericht darf der klagenden Partei weder quantitativ mehr noch qualitativ etwas anderes zuerkennen. Ein in den Vorinstanzen erfolgter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist vom Revisionsgericht von Amts wegen zu beachten ( - Rn. 10 mwN, BAGE 117, 137).

132. Vorliegend kann im Ergebnis offen bleiben, ob das Arbeitsgericht der Klägerin etwas anderes zugesprochen hat als diese erstinstanzlich beantragt hatte.

14a) Der arbeitsgerichtliche Entscheidungsausspruch ist sprachlich nicht anders gefasst als der von der Klägerin gestellte Hauptantrag. Ausgehend vom Antragsverständnis liegt es dennoch nahe, dass das Arbeitsgericht über etwas anderes entschieden hat als das von der Klägerin Begehrte.

15aa) Entscheidend für die Beurteilung der Frage, welchen Streitgegenstand ein Kläger mit einem Antrag zur Entscheidung gestellt und über welchen Streitgegenstand das Gericht entschieden hat, ist nicht allein der Wortlaut von Antrag und Urteilsausspruch. Es kommt vielmehr auf deren - ggf. durch Auslegung zu ermittelnden - streitgegenständlichen Inhalte an. Der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) wird durch den Klageantrag bestimmt, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. zB  - Rn. 16 mwN). Nach diesem „zweigliedrigen Streitgegenstand“ im Zivilprozess kennzeichnet allein das Klageziel den Streitgegenstand nicht. Zum Streitgegenstand zählen vielmehr alle Tatsachen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden, den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtungsweise zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, der zur Stützung des Rechtsschutzbegehrens unterbreitet wird (vgl.  - Rn. 23, BAGE 145, 142; - 3 AZR 795/09 - Rn. 17 mwN; vgl. zum identischen Streitgegenstandsbegriff im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren zB  - Rn. 13). Der Streitgegenstand wird ausschließlich vom Kläger mit seinem Klagebegehren bestimmt. Das Vorbringen des Beklagten oder Verteidigungsvorbringen des Klägers gegenüber dem Beklagtenvortrag verändert den vom Kläger mit seinem Antrag und seinem Klagevorbringen festgelegten Streitgegenstand nicht ( - Rn. 17, BAGE 146, 123;  - Rn. 20). Er ändert sich iSv. § 263 ZPO jedoch dann, wenn zwar nicht der gestellte Antrag als solcher, aber der ihm zugrunde liegende Lebenssachverhalt ein anderer geworden ist ( - Rn. 18).

16bb) Bei einem Unterlassungsantrag besteht die begehrte Rechtsfolge in dem Verbot einer bestimmten - als rechtswidrig angegriffenen - Verhaltensweise (Verletzungsform), die der Kläger in seinem Antrag sowie seiner zur Antragsauslegung heranzuziehenden Klagebegründung festgelegt hat und mit dem Antrag abstrahierend beschreiben muss. Die Verletzungshandlung stellt den Klagegrund dar, durch den der Streitgegenstand der Unterlassungsklage neben dem Klageziel bestimmt wird (vgl.  - Rn. 16 mwN, BAGE 133, 75). Die umschriebene Verletzungsform bestimmt und begrenzt den Inhalt des Klagebegehrens.

17cc) Gemessen hieran spricht vieles dafür, dass die Klägerin den erstinstanzlich gestellten Unterlassungshauptantrag nur auf solche schriftliche Befragungen der bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer nach deren Zugehörigkeit zur GDL bezogen hat, die in einem Zusammenhang mit Tarifvertragsverhandlungen und - sei es sich abzeichnenden oder bevorstehenden - Arbeitskampfmaßnahmen stehen. Sie hat als behauptete Verletzungshandlung auf das Schreiben vom und die Begleitumstände seiner Fertigung verwiesen. Unter Zugrundelegung einer aus ihrer Sicht gegebenen Zielrichtung der schriftlichen Befragung, den Organisationsgrad der GDL im Beklagtenunternehmen ergründen zu wollen, hat sie den von ihr verfolgten Anspruch auf einen unzulässigen Eingriff in ihre Koalitionsfreiheit gestützt. Es ging ihr (zunächst) nicht allgemein und unabhängig von den Umständen darum, dass die Beklagte jegliche schriftliche Aufforderungen an die bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer unterlässt, eine Erklärung abzugeben, ob sie Mitglied der Klägerin sind oder nicht. Das zeigt sich vor allem darin, dass sie die Befugnis der Beklagten zu der Fragestellung „in der momentanen konkreten Situation“ in Abrede gestellt und „unter den konkreten betrieblichen und koalitionsspezifischen Umständen keinerlei Fallkonstellationen“ als „denkbar“ angesehen hat, „in denen die Beklagte darauf angewiesen ist, exakt zu wissen, welche normativen tariflichen Bindungen zu den … beschäftigten Arbeitnehmern bestehen“. Demgegenüber hat das Arbeitsgericht ohne nähere Ausführungen das Begehren offensichtlich so verstanden, dass es auf die Untersagung jeglicher schriftlicher Befragungen von Arbeitnehmern im Unternehmen der Beklagten zu einer Mitgliedschaft bei der GDL zielt. Es hat die erstrebte Unterlassung als Globalantrag angesehen und ausgeführt, es seien „keine Konstellationen ersichtlich“, in denen eine Aufforderung zur Offenlegung der Zugehörigkeit zur Klägerin keinen Eingriff in deren Koalitionsfreiheit darstellte. Damit hat es aber letztlich den mit der Klage zur Entscheidung gestellten Lebenssachverhalt erweitert.

18b) Ein darin liegender Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO wäre allerdings in zweiter Instanz geheilt.

19aa) Die Verletzung des § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann geheilt werden, wenn die klagende Partei sich die angefochtene Entscheidung im zweiten Rechtszug durch den Antrag auf Zurückweisung der Berufung zu Eigen macht (vgl.  - Rn. 15 mwN, BAGE 117, 137).

20bb) Die Klägerin hat vor dem Landesarbeitsgericht vorbehaltlos die Zurückweisung der Berufung der Beklagten beantragt. Damit hat sie sich das erstinstanzliche Urteil - und insbesondere dessen Antragsverständnis - zu Eigen gemacht. Das zeigen auch ihre Ausführungen in der Berufungserwiderung, die sich nunmehr losgelöst vom konkreten Anlassfall - dem Beklagtenschreiben vom  - auf jegliche Befragungen der Beklagten zu einer Mitgliedschaft ihrer Beschäftigten bei der Klägerin beziehen. Die Beklagte hat hiergegen keine Einwendungen erhoben. Sie hat weder die Verletzung des § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO gerügt noch sich gegen die in dem Antrag auf Zurückweisung der Berufung etwa liegende Klageerweiterung gewandt.

21II. Das hauptsächliche Unterlassungsbegehren ist in der Fassung, das es jedenfalls im zweiten Rechtszug erfahren hat, zulässig, aber unbegründet.

221. Der Antrag ist zulässig.

23a) Die Klägerin verlangt die Unterlassung jeglicher schriftlicher Aufforderungen der Beklagten an die in ihrem Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer zu einer schriftlichen Erklärung, ob sie bei der Klägerin organisiert sind oder nicht. Dieses Begehren ist dahin zu verstehen, dass die Unterlassungspflicht der Beklagten unabhängig von der Zielrichtung und den konkreten Einzelfallumständen einer schriftlichen Aufforderung zu der beschriebenen Erklärung bestehen soll.

24b) In diesem Verständnis begegnen dem in erster Linie verfolgten Antrag keine Zulässigkeitsbedenken; insbesondere ist er hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Er lässt mit der erforderlichen Deutlichkeit erkennen, welche Handlung der Beklagten untersagt werden soll. Dass es sich um einen Globalantrag handelt, der eine unbestimmte Vielzahl möglicher zukünftiger Fallgestaltungen erfasst, steht seiner Bestimmtheit nicht entgegen. Er ist ausnahmslos auf alle denkbaren Fälle gerichtet. Ob das verfolgte Unterlassungsbegehren für sämtliche Fälle berechtigt ist, betrifft die Begründetheit und nicht die Zulässigkeit des Antrags ( - Rn. 25, BAGE 122, 134).

252. Der Antrag ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Unterlassung jeglicher schriftlicher Aufforderungen an die in deren Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer zu einer schriftlichen Erklärung, ob sie Mitglied der GDL sind oder nicht. Ein solcher Anspruch folgt nicht aus § 1004 Abs. 1, § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 9 Abs. 3 GG. Zwar verletzt das Schreiben der Beklagten vom die Klägerin in ihrer von Art. 9 Abs. 3 GG geschützten kollektiven Koalitionsfreiheit. Die beanspruchte Unterlassung umfasst aber auch Fallgestaltungen, bei denen es schon an einer Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr fehlt, die eine - von der Klägerin darzulegende - Anspruchsvoraussetzung ist.

26a) Nach § 1004 Abs. 1 BGB kann der Eigentümer vom Störer die Beseitigung und weitere Unterlassung der Beeinträchtigung verlangen, wenn das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt wird. Diese Ansprüche sind nicht auf Eigentumsverletzungen beschränkt, sondern bestehen darüber hinaus zur Abwehr von Eingriffen in alle nach § 823 Abs. 1 BGB geschützten Rechte, Lebensgüter und Interessen ( - Rn. 39, BAGE 138, 68). Hierzu gehört auch die durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistete kollektive Koalitionsfreiheit. Gegen rechtswidrige Eingriffe in diese Freiheit kann sich eine Koalition mit auf § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 9 Abs. 3 GG gestützten Unterlassungsklagen wehren (zum Unterlassungsanspruch einer Gewerkschaft vgl.  - Rn. 39, aaO; - 1 ABR 72/98 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 91, 210; zum Unterlassungsanspruch eines Arbeitgeberverbandes vgl.  - Rn. 54, BAGE 122, 134).

27b) Für die mit dem Hauptantrag erstrebte Unterlassung liegen die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs aber nicht vor.

28aa) Allerdings hat die Beklagte mit ihrer Frageaktion die kollektive Koalitionsfreiheit der Klägerin aus Art. 9 Abs. 3 GG verletzt.

29(1) Die Befragung von Arbeitnehmern nach Maßgabe des Schreibens vom beeinträchtigt die kollektive Koalitionsbetätigungsfreiheit der Klägerin.

30(a) Der sich auf alle koalitionsspezifischen Betätigungsweisen erstreckende Schutz des Art. 9 Abs. 3 GG umfasst insbesondere die Tarifautonomie, die im Zentrum der den Koalitionen eingeräumten Möglichkeiten zur Verfolgung ihrer Zwecke steht ( - zu B II 1 der Gründe mwN;  - Rn. 33, BAGE 132, 140). Ihre Aufgabe ist es, den von der staatlichen Rechtsetzung frei gelassenen Raum des Arbeitslebens durch Tarifverträge sinnvoll zu ordnen, insbesondere die Höhe der Arbeitsvergütung für die verschiedenen Berufstätigkeiten festzulegen, und so letztlich die Gemeinschaft sozial zu befrieden ( - BVerfGE 18, 18). Dazu versuchen die Koalitionen auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite in gemeinsamen Verhandlungen zu einem Interessenausgleich zu gelangen und die jeweils andere Seite zur Übernahme der selbst für richtig befundenen Position ganz oder in Teilen zu bewegen ( - zu III 1 b der Gründe, BAGE 73, 320). Die Verhandlungsstärke einer Arbeitnehmerkoalition hängt von der Zahl ihrer Mitglieder ab ( - BVerfGE 93, 352). Diese sichern nicht nur deren finanziellen Bestand, sondern sind auch Garanten ihrer Durchsetzungsfähigkeit in den Vertragsverhandlungen mit dem sozialen Gegenspieler. Der Organisationsgrad einer Gewerkschaft wie die Verteilung ihrer Mitglieder in den Betrieben des jeweiligen Tarifgebiets sind bestimmend für die Wahl der Mittel, die eine Arbeitnehmerkoalition einsetzen kann, um in Tarifverhandlungen mit der Arbeitgeberseite zum Abschluss zu gelangen. Ein solches Mittel ist auch der Arbeitskampf. Welches Arbeitskampfmittel die Arbeitnehmerorganisation in welchem Umfang einsetzt und welches Kampfgebiet sie hierfür wählt, geben vor allem der Organisationsgrad und die betriebliche Zuordnung ihrer Mitglieder vor. Sind der Arbeitgeberseite diese Daten bekannt, kann sie sowohl ihre Verhandlungsposition als auch im Falle eines Arbeitskampfes ihre Arbeitskampfmittel hierauf einstellen. Die Ungewissheit des sozialen Gegenspielers über die tatsächliche Durchsetzungskraft der Arbeitnehmerkoalition in einer konkreten Verhandlungssituation ist demnach grundlegend dafür, dessen Verhandlungsbereitschaft zu fördern und zu einem angemessenen Interessenausgleich zu gelangen. Im Hinblick darauf schützt Art. 9 Abs. 3 GG eine Gewerkschaft auch darin, diese Angaben der Arbeitgeberseite in einer konkreten Verhandlungssituation vorzuenthalten, um sich nicht selbst zu schwächen.

31(b) Die Befragungsaktion der Beklagten ist eine gegen die koalitionsspezifische Betätigungsfreiheit der Klägerin gerichtete Maßnahme. Die von ihren Arbeitnehmern geforderten Auskünfte verschaffen der Beklagten Kenntnis vom Umfang des Mitgliederbestandes der GDL in ihrem „Unternehmensbereich Verkehr“ sowie dessen konkreter innerbetrieblicher Verteilung. Bei wahrheitsgemäßer Beantwortung erlangte die Beklagte anhand des geforderten Namens sowie der Personalnummer Informationen über den Organisationsgrad der GDL und zum konkreten Einsatzort des einzelnen GDL-Mitglieds. Diese Informationen des gewerkschaftlichen Binnenbereichs erlauben es ihr, die Verhandlungsstärke der Gewerkschaftsseite in einer laufenden Tarifauseinandersetzung konkret einzuschätzen und damit die Verhandlungsmöglichkeiten der Arbeitgeberseite hierauf einzustellen. Darüber hinaus ist die mit der Befragungsaktion verbundene Zusage, allen Arbeitnehmern, die nicht Mitglied der GDL sind, ungeachtet einer Gewerkschaftszugehörigkeit den mit ver.di erzielten Tarifabschluss zukommen zu lassen, geeignet, durch finanzielle Anreize Nichtorganisierte von einem Beitritt zur GDL abzuhalten und damit Einfluss auf deren Mitgliederbestand zu nehmen. Diesen Druck verstärkt die weitere Ankündigung der Beklagten, bei Ausbleiben einer Antwort die Tarifeinigung in der Entgeltabrechnung nicht umzusetzen.

32(2) Die von der Beklagten vorgebrachten Gründe für die Befragungsaktion vermögen die Beeinträchtigung der kollektiven Koalitionsbetätigungsfreiheit der Klägerin nicht zu rechtfertigen.

33(a) Untauglich ist schon die als Begründung für die Aufforderung vom angegebene Tarifeinigung zwischen ver.di und dem KAV Bayern. In ihrem Schreiben geht die Beklagte von „ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtung“ zur „Umsetzung des mit ver.di abgeschlossenen Tarifvertrages“ aus. Hierfür ist die Kenntnis von einer Mitgliedschaft zur GDL aber unmaßgeblich. Nach ihrem eigenen Vorbringen verwendet die Beklagte in ihren Formulararbeitsverträgen Bezugnahmeklauseln, die nicht nach einer Gewerkschaftszugehörigkeit differenzieren. Soweit diese Tarifabschlüsse mit ver.di erfassen, ist die Beklagte vertraglich allen Arbeitnehmern zur Anwendung dieser Tarifverträge verpflichtet, deren Verträge eine entsprechende Bezugnahme enthalten. Ansonsten begründen diese Tarifabschlüsse nur eine normative Verpflichtung gegenüber den Mitgliedern von ver.di (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Hierzu muss die Beklagte einzig die Tarifgebundenheit dieser Arbeitnehmer und nicht die von Anders- oder Nichtorganisierten kennen.

34(b) Gleiches gilt für ihre Annahme, sie habe die Zugehörigkeit einzelner Arbeitnehmer zur GDL kennen müssen, um einem zu erwartenden Streikdruck der GDL mit einer selektiven Aussperrung von deren Mitgliedern begegnen zu können. Unabhängig davon, dass die Beklagte in dem Schreiben vom ausdrücklich angegeben hat, die Antwort der Arbeitnehmer werde „ausschließlich für die Prüfung eines Anspruchs auf die Tarifeinigung mit der Gewerkschaft ver.di verwendet“, verletzt eine selektive Aussperrung, die gezielt nur die Mitglieder der streikenden Gewerkschaft erfasst, also schon Nichtorganisierte hiervon ausnimmt, ihrerseits die positive Koalitionsbetätigungsfreiheit der kampfführenden Gewerkschaft (st. Rspr.  - BAGE 33, 195). Darüber hinaus wäre die Beklagte schon aus allgemeinen arbeitskampfrechtlichen Grundsätzen zu einer Abwehraussperrung nicht befugt gewesen. Sie befand sich in einer Auseinandersetzung um einen Verbandstarifvertrag. In einem solchen Fall liegt die Entscheidung über Kampfmaßnahmen der Arbeitgeberseite allein in der Verantwortung des kampfführenden Arbeitgeberverbandes und nicht in der eines einzelnen Mitglieds (vgl.  - zu I 1 der Gründe, BAGE 81, 213).

35(c) Zur sachlichen Rechtfertigung der Beeinträchtigung der Koalitionsbetätigungsfreiheit ist auch der Hinweis der Beklagten, zur Aufrechterhaltung einer Grundversorgung im öffentlichen Nahverkehr auf das Wissen um die Zugehörigkeit ihrer Arbeitnehmer zur GDL angewiesen zu sein, nicht geeignet. Abgesehen davon, dass es Aufgabe des kampfführenden Arbeitgeberverbandes wäre, entsprechende Notdienstvereinbarungen mit der streikführenden Gewerkschaft zu treffen, wäre hierfür die Kenntnis, welcher Arbeitnehmer der Beklagten bei der Klägerin organisiert ist, ohne jede Bedeutung.

36bb) Gleichwohl hat der nicht auf die Befragungsaktion vom beschränkte Unterlassungsantrag keinen Erfolg. Das zur Entscheidung gestellte Globalbegehren umfasst auch Fallgestaltungen, in denen sich der Unterlassungsanspruch bereits aus deliktsrechtlichen Gründen als unbegründet erweist.

37(1) Das in die Revisionsinstanz gelangte Begehren ist nicht nur - im Sinn einer abstrakten Beschreibung der mit dem Beklagtenschreiben vom erfolgten Verletzungshandlung - auf die Untersagung von Befragungen der Arbeitnehmer im Unternehmen der Beklagten nach ihrer Zugehörigkeit zu der Klägerin im Zusammenhang mit Tarifvertragsverhandlungen oder bevorstehenden Arbeitskampfmaßnahmen gerichtet. Es erfasst vielmehr jegliche schriftliche Aufforderungen der Beklagten an die im Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer, schriftlich zu erklären, ob sie Mitglied der Klägerin sind oder nicht.

38(2) Ob in solch einer Aufforderung generell und ausnahmslos eine rechtswidrige Beeinträchtigung der kollektiven Koalitionsfreiheit der Klägerin liegt - oder ob und unter welchen Umständen der Arbeitgeber in einem tarifpluralen Betrieb nach der Gewerkschaftszugehörigkeit der Arbeitnehmer fragen darf -, muss nicht entschieden werden. Es fehlt bei den nicht vom Anlassfall umfassten Fallgestaltungen an der für einen Anspruch aus § 1004 Abs. 1, § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 9 Abs. 3 GG notwendigen Begehungsgefahr. Die Besorgnis weiterer Beeinträchtigungen (vgl. § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB) ist Tatbestandsmerkmal des Unterlassungsanspruchs und damit materielle Anspruchsvoraussetzung (vgl.  - Rn. 82, BAGE 143, 354).

39(a) Künftige Beeinträchtigungen eines geschützten Rechts sind grundsätzlich zu besorgen, wenn sie auf einer bereits erfolgten Verletzungshandlung beruhen (Wiederholungsgefahr) oder eine solche ernsthaft zu befürchten ist (Erstbegehungsgefahr). Wiederholungsgefahr ist die objektive Gefahr der erneuten Begehung einer konkreten Verletzungshandlung. Sie ist nicht auf die identische Verletzungsform beschränkt, sondern umfasst alle im Kern gleichartigen Verletzungsformen (vgl.  - zu II 4 b der Gründe). Eine Erstbegehungsgefahr besteht, wenn ein rechtswidriger Eingriff in ein absolutes Recht oder ein sonst vom Recht geschütztes Gut oder Interesse unmittelbar bevorsteht. Dafür muss die Beeinträchtigung eines geschützten Rechts konkret drohen (vgl.  - Rn. 12); sie muss ernsthaft und greifbar zu befürchten sein ( - zu II 2 b der Gründe). Berühmt sich eine Partei eines Rechts, begründet dies eine Erstbegehungsgefahr, wenn den Erklärungen bei Würdigung der Einzelumstände des Falles auch die Bereitschaft zu entnehmen ist, sich unmittelbar oder in naher Zukunft in dieser Weise zu verhalten ( - Rn. 14). Anders als bei der Wiederholungsgefahr spricht für das Vorliegen einer Erstbegehungsgefahr keine Vermutung, so dass derjenige, der sie geltend macht, alle Umstände darlegen und beweisen muss, aus denen sie sich im konkreten Fall ergeben soll (zu all dem  - Rn. 81 mwN, BAGE 143, 354).

40(b) Bei der Erstbegehungs- und der Wiederholungsgefahr handelt es sich um materielle Anspruchsvoraussetzungen des Unterlassungsanspruchs. Stützt der Kläger sein Unterlassungsbegehren sowohl auf eine Wiederholungsgefahr wegen einer behaupteten Verletzungshandlung als auch auf eine Erstbegehungsgefahr wegen bestimmter Erklärungen des Beklagten, sind zwei verschiedene Streitgegenstände zur Entscheidung gestellt, da die einheitliche Rechtsfolge aus unterschiedlichen Lebenssachverhalten hergeleitet wird. Hat der Kläger sein Unterlassungsbegehren zunächst nur mit einer Wiederholungsgefahr begründet, kann er sich in der Revision nicht auf eine Erstbegehungsgefahr stützen, denn in das Revisionsverfahren kann kein neuer Streitgegenstand eingeführt werden ( - Rn. 82 mwN, BAGE 143, 354).

41(c) Nach diesen Grundsätzen besteht im Hinblick auf das Beklagtenschreiben vom zwar eine Wiederholungsgefahr für Fragen nach der Zugehörigkeit der bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer zur Klägerin, allerdings nur hinsichtlich der in dem Schreiben liegenden - im Zusammenhang mit Tarifvertragsverhandlungen und mit (bevorstehenden) Arbeitskampfmaßnahmen anzunehmenden - Verletzungshandlung. Das Schreiben begründet daher keine Wiederholungsgefahr zu belegschaftsbezogenen Befragungen, die keinen solchen situativen und zeitlichen Kontext aufweisen. Eine solche hat die Klägerin auch nicht vorgetragen. Auf eine Erstbegehungsgefahr in anderen konkreten Zusammenhängen hat sie sich nicht berufen.

42B. Die Revision der Beklagten ist begründet. Der von ihr erfasste Hilfsantrag ist mangels hinreichender Bestimmtheit iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig. Das hat das Landesarbeitsgericht verkannt.

43I. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sind Anträge, mit denen die Unterlassung von Handlungen verlangt wird, so genau zu bezeichnen, dass der Inanspruchgenommene im Fall einer dem Antrag entsprechenden gerichtlichen Entscheidung eindeutig erkennen kann, unter welchen Voraussetzungen was von ihm verlangt wird ( - Rn. 25, BAGE 144, 1). Für ihn muss aufgrund des Unterlassungstitels erkennbar sein, welche Handlungen er künftig zu unterlassen hat, um sich rechtmäßig verhalten zu können ( - Rn. 9). Die Prüfung, welche Verhaltensweisen der Schuldner unterlassen soll, darf nicht durch eine ungenaue Antragsformulierung und einen dementsprechenden gerichtlichen Titel aus dem Erkenntnis- in das Zwangsvollstreckungsverfahren verlagert werden. Allerdings dürfen die Anforderungen insoweit auch nicht überspannt werden, weil andernfalls effektiver Rechtsschutz vereitelt würde. Dementsprechend sind die Gerichte auch verpflichtet, Anträge nach Möglichkeit so auszulegen, dass eine Sachentscheidung ergehen kann (vgl.  - Rn. 15, BAGE 141, 360). Zukunftsgerichtete Verbote lassen sich häufig nur generalisierend formulieren. Die Notwendigkeit gewisser Subsumtionsprozesse im Rahmen einer etwa erforderlich werdenden Zwangsvollstreckung steht daher der Verwendung ausfüllungsbedürftiger Begriffe in einem Unterlassungstitel und dem darauf gerichteten Antrag nicht generell entgegen ( - Rn. 11, BAGE 132, 140).

44II. Danach ist der Unterlassungshilfsantrag nicht hinreichend bestimmt. Die Klägerin hat von der begehrten Unterlassung die Konstellation ausgenommen, „dass die Frage zur Klärung der Anwendung von Arbeitsbedingungen aus einem mit der Klägerin abgeschlossenen Tarifvertrag erforderlich ist“. Diese den Antrag einschränkende Bedingung („…, es sei denn, dass…“) ist nicht ausreichend klar. Die Problematik, wann die beschriebene Fragestellung „zur Klärung“ der Anwendung von Arbeitsbedingungen aus einem mit der Klägerin geschlossenen Tarifvertrag „erforderlich“ - also nicht von der erstrebten Unterlassung umfasst - ist, kann nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, so insbesondere dem jeweiligen Geltungs- oder Anwendungsanspruch eines mit der Klägerin geschlossenen Tarifvertrags beurteilt werden. Ebenso wie die Parteien gerade auch im vorliegenden Rechtsstreit unterschiedliche Auffassungen dazu vertreten, ob das Schreiben der Beklagten vom zur Klärung der Anwendung der Arbeitsbedingungen aus der mit ver.di am erzielten Tarifeinigung „erforderlich“ war, sind - je nach Fallkonstellation - unterschiedliche Einschätzungen zur Notwendigkeit der Befragung der Arbeitnehmer nach ihrer Zugehörigkeit zur Klägerin zu erwarten, wenn diese einen einschlägigen Tarifvertrag geschlossen hat. Die im Antrag formulierte Bedingung ist auch nicht nur von dem Willen der Beklagten abhängig (vgl.  - Rn. 30, BAGE 144, 1). Die Entscheidung über die Unerlässlichkeit der Fragestellung zu einem bestimmten Zweck würde in das Vollstreckungsverfahren verlagert und damit für die Beklagte als Unterlassungsschuldnerin eine unzumutbare Unsicherheit über die Reichweite des ihr auferlegten Unterlassungsgebots bedeuten.

45C. Bei dem wegen der Zurückweisung der Revision der Klägerin und der Stattgabe der Revision der Beklagten zur Senatsentscheidung anfallenden „äußerst hilfsweise gestellten“ Antrag der Klägerin, „die Beklagte zu verpflichten, es zu unterlassen, Arbeitnehmer ihres Betriebes nach der Mitgliedschaft in der Klägerin zu befragen, ohne gleichzeitig auch nach der Mitgliedschaft in anderen Gewerkschaften, die Tarifverträge abgeschlossen haben, die im Betrieb Geltung haben, zu fragen“, handelt es sich um eine in der Revisionsinstanz unzulässige Klageänderung.

46I. Im Revisionsverfahren können neue prozessuale Ansprüche grundsätzlich nicht zur gerichtlichen Entscheidung gestellt werden (vgl.  - Rn. 60 mwN, BAGE 144, 85). Klageänderungen und Klageerweiterungen können in der Revisionsinstanz nur dann ausnahmsweise aus prozessökonomischen Gründen zugelassen werden, wenn sich der neue Antrag - abgesehen von den Fällen des § 264 Nr. 2 ZPO (hierzu  - Rn. 21 mwN) - auf den vom Landesarbeitsgericht festgestellten Sachverhalt oder ggf. auf den unstreitigen Parteivortrag stützt (vgl. zB [im Beschlussverfahren]  - Rn. 37, BAGE 134, 62). Erforderlich ist außerdem, dass berechtigte Interessen der gegnerischen Partei nicht beeinträchtigt werden ( - Rn. 15 mwN).

47II. Danach ist die mit dem äußerst hilfsweisen Unterlassungsbegehren angebrachte Klageänderung unzulässig. Die Klägerin hat damit ihren Haupt- oder Hilfsantrag nicht im Wege einer Teilklagerücknahme iSd. § 264 Nr. 2 ZPO beschränkt. Die Unterlassung von Fragen nach der Mitgliedschaft bei der Klägerin, ohne gleichzeitig auch nach der Mitgliedschaft in anderen Gewerkschaften, die Tarifverträge abgeschlossen und die im Betrieb Geltung haben, zu fragen, betrifft mit den damit aufgeworfenen Gleichbehandlungsfragen einen anderen Streitgegenstand und ändert das rechtliche Prüfprogramm.

Fundstelle(n):
BB 2014 S. 2931 Nr. 48
BB 2015 S. 500 Nr. 9
DB 2015 S. 7 Nr. 8
DB 2015 S. 808 Nr. 14
DStR 2016 S. 421 Nr. 7
NJW 2015 S. 1548 Nr. 21
OAAAE-85024