Nachträgliche Gesamtstrafenbildung
Gesetze: § 53 Abs 2 S 2 StGB, § 55 Abs 1 StGB
Instanzenzug: Az: 7 KLs 45 Js 1509/07 - 1/13
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen Beihilfe zum Betrug in vier Fällen unter Einbeziehung der durch das Urteil des Amtsgerichts Essen vom verhängten Einzelstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich die Revision des Angeklagten mit der Sachrüge. Das Rechtsmittel hat hinsichtlich des Gesamtstrafausspruchs Erfolg.
21. Die Entscheidung des Landgerichts über die Bildung der (nachträglichen) Gesamtstrafe hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
3a) Die Strafkammer hat in die von ihr gebildete Gesamtfreiheitsstrafe die hier verhängten vier Einzelfreiheitsstrafen von zwei Mal einem Jahr sowie elf und acht Monaten und - gemäß § 55 Abs. 1 StGB - die im Urteil des Amtsgerichts Essen vom wegen neun Fällen der Steuerhinterziehung verhängten Einzelfreiheitsstrafen von sechs Monaten bis zu einem Jahr und vier Monaten einbezogen. Von der Bildung einer Gesamtfreiheitsstrafe unter Einbeziehung der im Strafbefehl des Amtsgerichts Recklinghausen am wegen Betruges verhängten Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 10 € hat es gemäß § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB abgesehen, weil anhand der dort „getroffenen Feststellungen Gehalt und Ausmaß der Schuld des Angeklagten ... nicht zu bestimmen" seien und die "Feststellungen des rechtskräftigen Strafbefehls schon die Verurteilung wegen Betruges nicht" tragen (UA S. 76).
4b) Mit dieser Begründung durfte das Landgericht von der Einbeziehung der in dem Strafbefehl verhängten Geldstrafe nicht absehen.
5Die nachträgliche Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 Abs. 1 StGB knüpft - soweit hier von Bedeutung - allein an der Rechtskraft der früheren Verurteilung an. Die (sachliche) Richtigkeit dieser Entscheidung hat das neu entscheidende Gericht grundsätzlich nicht zu prüfen (vgl. SSW-StGB/Eschelbach, 2. Aufl., § 55 Rn. 14 f.; Rissing-van Saan in LK-StGB, 12. Aufl., § 55 Rn. 4 jeweils mwN; zur früheren Verurteilung trotz eines entgegenstehenden Verfahrenshindernisses auch: , BGHSt 8, 269, 271; Urteil vom - 5 StR 412/82, wistra 1982, 227, 228; anders bei einer auch der Gesamtstrafenbildung als solcher entgegenstehenden Verfahrensvoraussetzung: , NStZ-RR 1998, 6).
6Dieser Grundsatz kann - entgegen der Ansicht der Strafkammer - auch nicht im Rahmen der Entscheidung gemäß § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB umgangen werden, zumal das dort eingeräumte Ermessen (allein) nach Strafzumessungsgesichtspunkten auszuüben ist (vgl. , NStZ-RR 2002, 264; SSW-StGB/Eschelbach, aaO, § 53 Rn. 14). Hinzu kommt, dass die Annahme des Landgerichts, die im Strafbefehl vom getroffenen Feststellungen seien für die Bestimmung von „Gehalt und Ausmaß der Schuld des Angeklagten" nicht ausreichend, Zweifeln begegnet.
7c) Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Angeklagte durch die Einbeziehung der Strafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Essen vom beschwert ist. Denn die dort verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren war zur Bewährung ausgesetzt worden und es ist nicht von vorneherein - etwa aus Rechtsgründen - ausgeschlossen, dass im Fall der Einbeziehung der Geldstrafe aus dem Strafbefehl vom auch im vorliegenden Verfahren eine zur Bewährung ausgesetzte Gesamtfreiheitsstrafe verhängt wird.
82. Die Entscheidung über die Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe kann gemäß § 354 Abs. 1b StPO im Beschlussverfahren nach §§ 460, 462 StPO erfolgen, da das Urteil im Übrigen keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler aufweist (§ 349 Abs. 2 StPO). Einer Aufhebung der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen bedarf es nicht; ergänzende Feststellungen können jedoch getroffen werden.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
AO-StB 2016 S. 14 Nr. 1
wistra 2015 S. 187 Nr. 5
UAAAE-83963