Doppelte Haushaltsführung bei befristeter Anstellung eines polnischen Professors im Inland und Beibehaltung eines Einfamilienhauses
in Polen
Beweislast bei Glaubhaftmachung des Mittelpunkts der Lebensinteressen
Leitsatz
1. Auch wenn ein von einer polnischen Universität beurlaubter, bei einem Institut im Inland durchgehend nur befristet für
wissenschaftliche Forschungszwecke beschäftigter Professor sich aus visumsrechtlichen Gründen vor dem Beitritt Polens zur
EU gemeinsam mit seiner Ehefrau in einer inländischen Mietwohnung als Hauptwohnsitz angemeldet hat, kann der Mittelpunkt seiner
Lebensinteressen – als Voraussetzung für eine doppelte Haushaltsführung – weiter im selbst errichteten Einfamilienhaus in
Polen liegen, wenn u.a. sich die Ehefrau im Streitjahr hauptsächlich in Polen aufgehalten, dort ihre pflegebedürftige 84-jährige
Mutter sowie ihre Kinder und Enkelkinder mit gesundheitlichen Problemen betreut hat, nur besuchsweise nach Deutschland gefahren
ist, das Ehepaar sich ungeachtet einer deutschen Krankenversicherung des Ehemanns in Polen ärztlich behandeln ließ, der Ehemann
auch in Polen nicht unerhebliche Einkünfte erzielt hat, und hierfür glaubhafte Belege vorgelegt werden.
2. Ob sich der Beschäftigungsort zum Lebensmittelpunkt gewandelt bzw. entwickelt hat, gehört zur tatrichterlichen Gesamtwürdigung
i. S. d. § 96 Abs. 1 S. 1 FGO.
3. In Fällen, in denen bei doppelter Haushaltsführung der Sachverhalt schlüssig dargelegt und nachvollziehbar belegt wird,
darf das FA sich nicht mit einem reinen Bestreiten des Vortrags des Steuerpflichtigen begnügen, sondern muss vielmehr ggf.
substantiiert, d. h. konkret, dem Vortrag entgegengetreten. Das Aufstellen pauschaler Zweifel oder Behauptungen oder überzogener
Nachweisanforderungen beseitigt bei erfüllter Darlegungs- und Beweislast des Steuerpflichtigen nicht die Schlüssigkeit des
klägerischen Vortrags.
4. Dem Umstand der Befristung eines auswärtigen Arbeitsverhältnisses kommt für die Bestimmung des Lebensmittelpunkts bei einer
doppelten Haushaltsführung besondere Bedeutung zu.
Fundstelle(n): EFG 2015 S. 467 Nr. 6 KÖSDI 2015 S. 19310 Nr. 5 NAAAE-83131
Preis: €5,00
Nutzungsdauer: 30 Tage
Online-Dokument
FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil v. 02.10.2014 - 5 K 1330/11
Ihre Datenbank verwendet ausschließlich funktionale Cookies,
die technisch zwingend notwendig sind, um den vollen Funktionsumfang unseres Datenbank-Angebotes sicherzustellen.
Weitere Cookies, insbesondere für Werbezwecke oder zur Profilerstellung, werden nicht eingesetzt.