BAG Beschluss v. - 10 AZB 52/14

Rechtsweg - Insolvenzanfechtung - unentgeltliche Leistung

Gesetze: § 2 Abs 1 Nr 3 Buchst a ArbGG, § 134 Abs 1 InsO, § 143 Abs 1 InsO

Instanzenzug: ArbG Ludwigshafen Az: 4 Ca 2012/13 Beschlussvorgehend Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Az: 4 Ta 121/14 Beschluss

Gründe

1I. Die Parteien streiten im Rechtsbeschwerdeverfahren über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen.

2Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem mit eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der T GmbH (nachfolgend: Schuldnerin).

3Unter dem unterzeichneten die Schuldnerin und der Beklagte ein mit „Anstellungsvertrag“ überschriebenes Schriftstück, nach dessen Inhalt der Beklagte bei der Schuldnerin als Angestellter im Bereich Marketing gegen ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 3.668,00 Euro tätig werden sollte. In der Zeit vom bis zum zahlte die Schuldnerin an den Beklagten insgesamt 16.007,13 Euro als „Vergütung“.

4Der Kläger verlangt vom Beklagten gemäß § 134 Abs. 1, § 143 Abs. 1 InsO Rückgewähr der erhaltenen Leistungen. Er hat behauptet, die als Arbeitsvergütung bezeichneten Zahlungen der Schuldnerin seien ausschließlich aufgrund eines dieser von Seiten des Beklagten gewährten Darlehens erfolgt. Der Anstellungsvertrag vom sei nur zum Schein geschlossen worden. Es sei von vornherein beabsichtigt gewesen, dass der Beklagte keinerlei Tätigkeiten für die Schuldnerin ausführen sollte.

5Der Beklagte hat geltend gemacht, der Anstellungsvertrag mit der Schuldnerin sei wirksam. Die in dem Vertrag genannte Marketingtätigkeit habe darin bestanden, für die Schuldnerin weitere Interessenten anzuwerben. Diese Tätigkeit habe er ua. von zu Hause aus betrieben. Er habe der Schuldnerin 40 Stunden wöchentlich zur Verfügung gestanden.

6Das Arbeitsgericht hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt. Der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde des Klägers hat es nicht abgeholfen. Das Landesarbeitsgericht hat sie zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.

7II. Die Rechtsbeschwerde des Klägers ist begründet. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG zulässig.

81. Nach dieser Bestimmung sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis. Maßgebend für die Rechtswegbestimmung ist dabei die Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird ( - Rn. 11; - 5 AZB 98/08 - Rn. 5). § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG begründet eine umfassende Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen für individuelle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Ziel des Arbeitsgerichtsgesetzes ist es, alle bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten, die in greifbarer Beziehung zu einem Arbeitsverhältnis stehen, auch prozessual im Rahmen der Arbeitssachen zu erfassen ( - Rn. 11, BAGE 137, 215; - 5 AZB 11/01 - Rn. 16, BAGE 99, 1). Ist dem Tatbestand nach die Beschäftigung einer Partei als Arbeitnehmer vereinbart, ist es für die sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG ergebende Rechtswegzuständigkeit ohne Belang, ob sich die vertragliche Grundlage als nichtig oder fehlerhaft erweist (vgl.  - Rn. 17; ErfK/Koch 15. Aufl. § 2 ArbGG Rn. 15; GMP/Schlewing 8. Aufl. § 2 Rn. 53).

92. Nach diesen Grundsätzen ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten im Streitfall eröffnet. Zwar stützt der Kläger den geltend gemachten Klageanspruch ausdrücklich nicht auf eine arbeitsrechtliche Anspruchsgrundlage. Nach seinen Darlegungen betrifft die auf § 143 Abs. 1, § 134 Abs. 1 InsO gestützte Klage jedoch Zahlungen der Schuldnerin, die diese als Vergütung bezeichnet hatte. Angesichts des zwischen der Schuldnerin und dem Beklagten unter dem abgeschlossenen „Anstellungsvertrags“ hängt der Erfolg der Klage deshalb davon ab, ob dieser Vertrag wirksam geschlossen und beiderseitig erfüllt wurde. Nur wenn dies nicht zutrifft, wurden die Zahlungen „unentgeltlich“ iSv. § 134 Abs. 1 InsO von der Schuldnerin vorgenommen. Die Klage muss deshalb in der Sache abgewiesen werden, wenn der Beklagte die zurückverlangten Zahlungen als Vergütung für erbrachte Arbeitsleistungen erhalten hat.

10III. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 GKG. Festzusetzen ist ein Drittel des Hauptsachestreitwerts ( - Rn. 17).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
NJW 2015 S. 976 Nr. 13
ZIP 2015 S. 341 Nr. 7
AAAAE-82279