Strafverfahren wegen schwerer räuberischer Erpressung: Abgrenzung zwischen Beisichführen und Verwenden einer Waffe oder eines gefährlichen Werkzeugs; Kenntnis des Opfers von der Existenz der Waffe
Gesetze: § 250 Abs 1 Nr 1 Buchst a StGB, § 250 Abs 2 Nr 1 StGB, § 255 StGB
Instanzenzug: LG Dessau-Roßlau Az: 8 KLs 294 Js 20937/13
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung und wegen vorsätzlicher Körperverletzung unter Einbeziehung einer früher verhängten Geldstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Hiergegen richtet sich die auf eine Verfahrens- und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
21. Die Verurteilung des Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung weist im Ergebnis keinen Rechtsfehler auf.
3a) Nach den diesem Schuldspruch zugrunde liegenden Feststellungen forderte der Angeklagte von K. unter Vorhalt und "Herumfuchteln" mit einem Messer die Herausgabe von Geld, ansonsten "schlitze er ihn auf" bzw. "steche er ihn ab". Aus Angst, der Angeklagte mache seine Drohung wahr, händigte K. dem Angeklagten seine Geldbörse mit etwa 240 € aus.
4b) Diese Feststellungen belegen zwar den Tatbestand der besonders schweren räuberischen Erpressung (§§ 255, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB), sie werden jedoch von der Beweiswürdigung nicht getragen.
5Danach bewertet die Strafkammer die Aussage des Zeugen K. unter anderem deshalb als glaubhaft, weil sie keine "übersteigende Belastungstendenzen" gezeigt habe; denn der Zeuge habe bekundet, "dass er zwar einen Gegenstand in der Hand des Angeklagten habe erkennen können, diesen jedoch nicht als Messer wahrgenommen habe" (UA S. 12). Eine Waffe oder - wie hier - ein anderes gefährliches Werkzeug wird aber nur dann im Sinne von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB "bei der Tat verwendet", wenn das Opfer die Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben mittels des Gegenstandes wahrnimmt und somit in die entsprechende qualifizierte Zwangslage versetzt wird (, NStZ 2012, 389 mwN).
6Die Feststellungen belegen indes eine schwere räuberische Erpressung gemäß §§ 255, 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB, da der Angeklagte bei der Tat ein gefährliches Werkzeug bei sich führte. Bei dieser Tatqualifikation wird eine Kenntnis des Opfers von der Existenz des gefährlichen Werkzeugs nicht vorausgesetzt.
7c) Der Senat schließt angesichts der im Urteil des Landgerichts mitgeteilten Angaben des Zeugen K. aus, dass ein neuer Tatrichter Feststellungen treffen könnte, die eine Verurteilung wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung rechtfertigen. Einer Änderung des Schuldspruchs bedarf es gleichwohl nicht, weil die Strafkammer, obwohl sie die Qualifikation des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB als gegeben ansah, den Angeklagten nur wegen schwerer räuberischer Erpressung verurteilt hat.
8d) Auch einer Aufhebung der wegen dieser Tat verhängten Einzel- oder der Gesamtstrafe bedarf es nicht. Denn die Strafkammer hat die Einzelstrafe dem in minder schweren Fällen der schweren oder der besonders schweren räuberischen Erpressung gleichen Strafrahmen des § 250 Abs. 3 StGB entnommen. Umstände, die über § 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB hinausgehend mit der fehlerhaften Annahme von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB in Zusammenhang stehen, hat sie bei der konkreten Strafzumessung oder der Gesamtstrafenbildung nicht zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigt. Der Senat schließt daher aus, dass die für diese Tat verhängte Einzelstrafe oder die Gesamtstrafe auf dem Rechtsfehler beruhen (entsprechend § 354 Abs. 1 StPO).
92. Auch im Übrigen weist das Urteil keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf (§ 349 Abs. 2 StPO). Die vom Angeklagten erhobene Aufklärungsrüge ist aus den vom Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom dargelegten Gründen jedenfalls unbegründet.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Schmitt Mutzbauer
Fundstelle(n):
LAAAE-80087