Kostentragungspflicht des Klägers bei Klagerücknahme wegen Erledigung der Hauptsache nach Rechtshängigkeit
Gesetze: § 269 Abs 3 S 3 ZPO
Instanzenzug: LG Verden Az: 3 T 45/13vorgehend AG Rotenburg (Wümme) Az: 8 C 728/12
Gründe
1Die Klägerin hat den Beklagten auf Ersatz materiellen Schadens aus einem Verkehrsunfall in Anspruch genommen. Die Klage ist dem Beklagten am zugestellt worden. Die Haftpflichtversicherung des Beklagten hat die Klagforderung am ausgeglichen. Mit Schriftsatz vom hat die Klägerin die Klage zurückgenommen und beantragt, dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
2Das Amtsgericht hat der Klägerin gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde durch Beschluss des Einzelrichters zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen.
II.
3Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
41. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht deshalb unwirksam, weil sie durch den Einzelrichter erfolgt ist, obwohl er bei Annahme eines Zulassungsgrundes das Verfahren gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer hätte übertragen müssen. An eine dennoch erfolgte Zulassung ist das Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO gebunden (vgl. Senat, Beschlüsse vom - VI ZB 76/04, VersR 2006, 718; vom - VI ZB 63/03, NJW-RR 2004, 1717; BGH, Beschlüsse vom - IX ZB 134/02, BGHZ 154, 200, 201; vom - VIII ZB 91/11, WuM 2012, 332 Rn. 3 mwN).
52. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Die angefochtene Entscheidung unterliegt bereits deshalb der Aufhebung, weil sie unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters ergangen ist. Der Einzelrichter durfte nicht selbst entscheiden, sondern hätte das Verfahren wegen der von ihm angenommenen grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer übertragen müssen. Mit seiner Entscheidung hat er die Beurteilung der grundsätzlichen Bedeutung der Sache dem Kollegium als dem gesetzlich zuständigen Richter entzogen. Diesen Verstoß gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters hat der Senat von Amts wegen zu beachten (Senat, Beschluss vom - VI ZB 63/03, NJW-RR 2004, 1717 mwN; , BGHZ 154, 200, 202 ff.).
63. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass der Bundesgerichtshof über die Zulassungsfrage bereits entschieden hat. Danach scheidet eine entsprechende Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO aus, wenn das erledigende Ereignis nach Rechtshängigkeit eingetreten ist. Denn in diesem Fall kann die klagende Partei durch eine Erledigungserklärung eine für sie günstige Kostenentscheidung erwirken (, NJW 2004, 223, 224; so auch OLG Rostock, OLGR 2008, 263, 265; KG, MDR 2009, 765; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 269 Rn. 52; Gottwald in Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 17. Aufl., § 129 Rn. 38; Knöringer, JuS 2010, 569, 575; Assmann in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 269 Rn. 101; Musielak/Foerste, ZPO, 11. Aufl., § 269 Rn. 13b; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 72. Aufl., § 269 Rn. 38; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 35. Aufl., § 269 Rn. 17 aE; aA: Bonifacio, MDR 2002, 499 f.; Schneider, JurBüro 2002, 509, 510; unklar: Lindacher, JR 2005, 92 f.). Dass eine ausdrückliche Klagerücknahme nicht als Erledigungserklärung ausgelegt oder in eine solche umgedeutet werden kann, ist ebenfalls höchstrichterlich geklärt (, NJW 2007, 1460 Rn. 10 f.).
7Hinsichtlich der Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens macht der Senat von der Möglichkeit des § 21 GKG Gebrauch.
Galke Wellner Diederichsen
Stöhr von Pentz
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
HFR 2015 S. 295 Nr. 3
NJW 2014 S. 3520 Nr. 48
NJW 2014 S. 8 Nr. 47
LAAAE-73455