Keine Mineralölsteuerentlastung für ein Unternehmen, das einem anderen Unternehmen im Rahmen eines Chartervertrages gegen Entgelt ein aufgetanktes und versichertes Flugzeug nebst einem Piloten überlässt
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, MinöStG § 4 Abs. 1 Nr. 3, MinöStV § 50 Abs. 1, EnergieStG § 27 Abs. 2, EGRL 96/2003 Art. 14 Abs. 1 Buchstabe b
Instanzenzug: VE
Gründe
1 I. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) war Eigentümerin und Halterin eines Flugzeugs. Im Zeitraum von Oktober 2007 bis zum nutzte die Rechtsvorgängerin der Klägerin das Flugzeug, indem sie für zahlreiche gewerbliche Unternehmen für deren eigenbetriebliche Zwecke Mitarbeiter beförderte. Dazu berechnete sie ihren Kunden die in Minuten bemessene Flugzeit zum angegebenen Ziel zuzüglich Abflug- und Landegebühren und nannte ihre Dienstleistung Charterung. Der Geschäftsführer der Komplementärin der Rechtsvorgängerin der Klägerin war immer einziger Luftfahrzeugführer.
2 Den Antrag auf Vergütung der auf dem verwendeten Flugturbinenkraftstoff (Kerosin) lastenden Energiesteuer lehnte der Beklagte und Beschwerdeführer (das Hauptzollamt —HZA—) mit der Begründung ab, die Klägerin führe keine Luftfahrt im verbrauchsteuerrechtlichen Sinn durch. Der Einspruch blieb erfolglos.
3 Die daraufhin erhobene Klage erachtete das Finanzgericht (FG) als überwiegend begründet. Es urteilte, die Klägerin habe mit dem Flugzeug unmittelbar entgeltliche Luftfahrtdienstleistungen erbracht, denn sie habe das Flugzeug ihren Kunden nicht überlassen, sondern mit ihm vertraglich vereinbarte Beförderungen durchgeführt und diese Leistung auch abgerechnet. Damit habe sie keinen Charter-, sondern einen Beförderungsvertrag abgeschlossen. Von ihren Kunden habe die Rechtsvorgängerin der Klägerin Aufträge zur Beförderung bestimmter Personen erhalten, die am Zielort abgesetzt und später wieder zurückgeflogen worden seien. Es komme nicht darauf an, ob die Rechtsvorgängerin der Klägerin eine Betriebsgenehmigung nach § 20 des Luftverkehrsgesetzes habe. Vergütungsfähig sei nicht nur die Verwendung versteuerter Luftfahrtbetriebsstoffe für die Luftfahrt, sondern nach § 27 Abs. 2 Nr. 2 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) auch die Verwendung für die Instandhaltung von Luftfahrzeugen.
4 Mit seiner Beschwerde begehrt das HZA die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) und Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Von grundsätzlicher Bedeutung sei die Rechtsfrage, ob ein Nassvercharterer, der sein Flugzeug einschließlich eines Piloten gegen Entgelt anderen Unternehmen zur Verfügung stelle, als Nutzungsberechtigter i.S. des Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG (EnergieStRL) des Rates vom zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 283/51) angesehen werden könne oder ob der Mieter bzw. Charterer Nutzungsberechtigter sei, so dass es darauf ankomme, ob dieser mit dem Flugzeug selbst unmittelbar eine entgeltliche Luftfahrtdienstleistung erbringe. Sähe man einen Nassvercharterer als Nutzungsberechtigten an, bestünde die Gefahr eines Missbrauchs rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten. Die Ansicht des FG Düsseldorf führe zu einem erheblichen fiskalischen Risiko für den Bundeshaushalt, weil künftig auch Unternehmen begünstigt würden, die lediglich Vercharterungen bzw. Vermietungen durchführten. Grundsätzlich bedeutsam seien auch die Fragen, ob § 27 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 EnergieStG i.V.m. § 60 Abs. 4 Nr. 1 der Energiesteuer-Durchführungsverordnung (EnergieStV) mit Art. 14 Abs. 1 Buchst. b EnergieStRL vereinbar seien, indem sie als Voraussetzung für eine Steuerbefreiung bzw. Steuerentlastung von Flugturbinenkraftstoff eine Bestätigung der Berechtigung zur entgeltlichen Beförderung von Personen oder Sachen verlangten, und ob die Zulassung als Luftfahrtunternehmen eine solche Bestätigung sei.
5 Eine Abweichung von der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom C-79/10 (Slg. 2011, I-12511) bestehe insoweit, als das FG dem Umstand keine Bedeutung beigemessen habe, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin keine luftverkehrsrechtliche Zulassung als Luftfahrtunternehmen besessen habe. Die fehlende Betriebsgenehmigung sei als Indiz dafür zu werten, dass der Betrieb nicht auf eine Personenbeförderung, sondern auf eine Vercharterung angelegt sei. Die von der Rechtsvorgängerin der Klägerin angebotenen Dienstleistungen hätten darin bestanden, ihren Kunden ein vollgetanktes Luftfahrzeug zu überlassen.
6 Indem das FG eine bloße Vercharterung als gewerbliche Tätigkeit für die Steuerentlastung als ausreichend erachte, ohne die Verwendung des Flugzeugs durch den Charterer zu berücksichtigen, weiche es zudem vom (Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern —ZfZ— 2012, 98) und von den Urteilen des und 4 K 157/08 ab. In den Fällen der Nassvercharterung sei auf den Mieter bzw. Charterer abzustellen. Dieser könne keine Entlastung beanspruchen, wenn er das Flugzeug nur für eigene betriebliche Zwecke verwende, ohne Luftfahrtdienstleistungen zu erbringen. Anders als der EuGH und das FG Hamburg lasse das FG die Nutzung des Luftfahrzeugs durch den Charterer außer Acht. Schließlich weiche das Urteil des FG von der Entscheidung des EuGH in Slg. 2011, I-12511 ab. Der EuGH habe die Begünstigung des Art. 15 Abs. 1 Buchst. j EnergieStRL auf Unternehmen beschränkt, deren Gegenstand die Fertigung, Entwicklung, Erprobung oder Wartung von Luftfahrzeugen ist. Demgegenüber habe das FG Düsseldorf verkannt, dass diese Bestimmung durch § 27 Abs. 2 Nr. 2 bzw. 3 EnergieStG umgesetzt worden sei. Danach werde eine Steuerentlastung nur bestimmten Instandhaltungsbetrieben gewährt. Demgegenüber habe das FG entschieden, dass auch ein Unternehmen, dessen Hauptgeschäftszweck nicht die Instandhaltung von Luftfahrzeugen ist, eine Steuerentlastung beanspruchen könne.
7 Die Klägerin ist der Beschwerde entgegengetreten. Sie macht geltend, ihre Rechtsvorgängerin habe selbst Luftfahrt-Dienstleistungen erbracht. Die von der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen seien weder klärungsbedürftig noch klärungsfähig. Im Übrigen sei eine Abweichung von den vom HZA als Divergenzentscheidungen in Bezug genommenen Gerichtsurteilen nicht erkennbar.
8 Mit Schriftsatz vom hat die Klägerin die Vorsitzende Richterin am Bundesfinanzhof (BFH) . und den Richter am BFH . wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Mit weiterem Schriftsatz vom hat die Klägerin beantragt, das Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde bis zur Rechtskraft der Entscheidung des FG Düsseldorf im Verfahren 4 K 454/13 auszusetzen.
9 Mit hat der BFH den Befangenheitsantrag gegen den an diesem Verfahren noch mitwirkenden Richter am BFH . zurückgewiesen.
10 II. Die Beschwerde ist unbegründet. Den vom HZA aufgeworfenen Rechtsfragen kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Soweit die Beschwerde eine Abweichung von den in Bezug genommenen Entscheidungen des BFH, EuGH und des FG Hamburg geltend macht, liegt die behauptete Divergenz nicht vor.
11 1. Für die nach § 116 Abs. 3 Satz 1 und 3 FGO zu fordernde Darlegung der Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) muss der Beschwerdeführer eine konkrete Rechtsfrage formulieren und auf ihre Bedeutung für die Allgemeinheit eingehen. Erforderlich ist darüber hinaus der substantiierte Vortrag, warum im Einzelnen die Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage durch die angestrebte Revisionsentscheidung aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen In-teresse liegt. Ferner muss die aufgeworfene Frage klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig sein (vgl. Senatsbeschlüsse vom VII B 196/03, BFH/NV 2004, 232, und vom VII B 203/02, BFH/NV 2003, 527, m.w.N.).
12 Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Die vom HZA zuerst formulierte Rechtsfrage bezieht sich ausdrücklich auf den Fall, dass ein Flugzeug einem Mieter bzw. Charterer zur weiteren Nutzung überlassen wird. Nach den Feststellungen des FG, die mit Verfahrensrügen nicht angegriffen worden sind, liegt dem Streitfall weder ein Charter- noch ein Mietvertrag zugrunde. Vielmehr hat die Rechtsvorgängerin der Klägerin mit einem Luftfahrzeug gegenüber anderen Unternehmen entgeltliche Luftfahrtdienstleistungen in Form von Personenbeförderungen erbracht. Somit könnte sich die vom HZA aufgeworfene Frage in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen. Im Übrigen ist die Frage hinsichtlich der mineralölsteuerrechtlichen Beurteilung sog. Nassvercharterungen auch nicht mehr klärungsbedürftig. Denn mit Urteil vom VII R 26/09 (BFHE 239, 181, ZfZ 2012, 305) hat der beschließende Senat entschieden, dass einem Unternehmen, das kein Luftfahrtunternehmen ist und ein eigenes Flugzeug flugbereit, versichert und vollgetankt nebst einem Piloten anderen Unternehmen im Rahmen eines Chartervertrags für beliebige Flüge im Werkverkehr zur Verfügung stellt, kein Anspruch auf Befreiung von der Mineralölsteuer zusteht. Denn in diesen Fällen ist nicht der Vercharterer, sondern der Charterer eigentlicher Verwender des Luftfahrtbetriebsstoffs, so dass bereits aus diesem Grund ein Entlastungsanspruch nicht in Betracht kommt. Die Entscheidung lässt sich auch auf die Energiesteuer übertragen.
13 Aus den dargelegten Gründen wären auch die weiteren Fragen zur Anwendung des § 27 Abs. 2 Nr. 1 EnergieStG und zur Bedeutung einer Bestätigung der Berechtigung zur entgeltlichen Beförderung von Personen oder Sachen in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht klärungsfähig. Ob die Zulassung als Luftfahrtunternehmen eine Bestätigung der Berechtigung zur entgeltlichen Beförderung von Personen oder Sachen ist, ist für den Streitfall ohne Belang. Im Übrigen verlangt § 60 Abs. 4 Nr. 1 EnergieStV keine Bestätigung, sondern lediglich eine gewerbsmäßige Beförderung von Personen oder Sachen durch Luftfahrtunternehmen. Schließlich findet nach maßgeblicher Ansicht des FG im Streitfall nicht § 60 Abs. 4 Nr. 1 EnergieStV, sondern § 60 Abs. 4 Nr. 2 EnergieStV —gewerbsmäßige Erbringung von Dienstleistungen— Anwendung.
14 2. Die behauptete Abweichung von den Urteilen des EuGH in ZfZ 2012, 98 und des und 4 K 157/08 liegt ebenfalls nicht vor. Sämtliche Entscheidungen betreffen die entgeltliche Überlassung von Luftfahrzeugen, d.h. Fälle, in denen der Eigentümer des Flugzeugs dieses samt der zu seinem Betrieb erforderlichen Luftfahrtbetriebsstoffe an ein anderes Unternehmen verchartert oder vermietet. Anders als im Streitfall war in diesen Fällen nicht die Erbringung einer Beförderungsleistung geschuldet, sondern lediglich die Zurverfügungstellung eines flugbereiten und vollgetankten Flugzeugs. Infolgedessen kann das angefochtene Urteil nicht auf dem von der Beschwerde behaupteten Rechtssatz beruhen. Entgegen der Darstellung des HZA hat das FG eine bloße Vercharterung als gewerbliche Tätigkeit für die Steuerentlastung nicht als ausreichend erachtet, sondern die Steuerentlastung aufgrund der erbrachten Beförderungsdienstleistungen gewährt. Im Fall der Erbringung von Luftfahrtdienstleistungen ist die Rechtfertigung der Begünstigung von Luftfahrtbetriebsstoffen aus der Sicht des eigentlichen Verwenders, nämlich des Dienstleistenden, zu beurteilen, so dass es nicht darauf ankommen kann, zu welchen Zwecken der Dienstleistungsnehmer die nachgefragte Dienstleistung in Anspruch nimmt.
15 3. Schließlich legt die Beschwerde nicht dar, dass das angefochtene Urteil auf einem Rechtssatz beruht, der von einem Rechtssatz des EuGH-Urteils in Slg. 2011, I-12511 abweicht. In diesem Urteil hat der EuGH in Bezug auf die Auslegung des Art. 15 Abs. 1 Buchst. j EnergieStRL entschieden, dass Kraftstoffe, die für Flüge zu einer Flugwerft und wieder zurück verwendet werden, nicht in den Anwendungsbereich dieser Vorschrift fallen. Soweit das FG der Klägerin hinsichtlich der Prüfungsflüge einen energiesteuerrechtlichen Entlastungsanspruch zuerkannt hat, hat es diesen unmittelbar auf § 27 Abs. 2 Nr. 2 EnergieStG gestützt und damit nationales Recht angewandt und ausgelegt. Indem die Beschwerde rügt, das FG habe verkannt, dass diese Vorschrift der Umsetzung des Art. 15 Abs. 1 Buchst. j EnergieStRL dient, macht sie mit diesem Vorbringen keine Divergenz, sondern —unter Hinweis auf den in § 60 Abs. 8 EnergieStV festgelegten Begünstigtenkreis— allenfalls eine fehlerhafte Rechtsanwendung geltend, die jedoch nicht zur Zulassung der Revision wegen Divergenz führen kann.
16 4. Eine Aussetzung des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde kommt nicht in Betracht, denn die Voraussetzungen des § 74 FGO liegen nicht vor. Für die Frage, ob die Darlegungen des HZA die Zulassung der Revision geboten erscheinen lassen, kann ein anderes finanzgerichtliches Verfahren —selbst wenn es um einen vergleichbaren Sachverhalt und um vergleichbare rechtliche Fragestellungen gehen sollte— nicht vorgreiflich sein.
17 5. Im Übrigen ergeht der Beschluss gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ohne Begründung.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2014 S. 1552 Nr. 10
IAAAE-71084