BGH Beschluss v. - 5 StR 270/14

Bundeszentralregister: Berechnung der Tilgungsfrist

Gesetze: § 5 Abs 1 Nr 4 BZRG, § 36 S 1 BZRG, § 47 Abs 1 BZRG, § 51 Abs 1 BZRG, § 186 BGB, §§ 186ff BGB, § 187 Abs 1 BGB, § 187 Abs 2 S 1 BGB

Instanzenzug: Az: 10 KLs 3/10

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes und wegen versuchter (besonders) schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Auf die hiergegen gerichtete und auf die Verletzung materiellen sowie formellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten war lediglich der Anrechnungsmaßstab für die durch den Angeklagten erlittene Auslieferungshaft zu bestimmen (§ 51 Abs. 4 Satz 2 StGB, § 354 Abs. 1 StPO analog). Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet nach § 349 Abs. 2 StPO. Der Erörterung bedarf allerdings Folgendes:

21. In Einklang mit der Auffassung der Revision war in Bezug auf den Strafbefehl des Amtsgerichts Neumünster vom am Tag der Urteilsverkündung () Tilgungsreife eingetreten. Sonderregelungen für die Berechnung des Fristenlaufs enthält das Bundeszentralregister-gesetz nicht. Die §§ 42, 43 StPO beanspruchen lediglich Geltung für strafprozessuale Fristen (vgl. KK/Maul, StPO, 7. Aufl., § 43 Rn. 6), denen die zentralregisterrechtlichen Tilgungsfristen indessen nicht zugeordnet werden können. Demgemäß sind die allgemeinen Regelungen der §§ 186 ff. BGB heranzuziehen, an denen grundsätzlich auch das öffentliche Recht zu messen ist (vgl. GmS-OGB 2/71, BGHZ 59, 396, 397; 5 AR Vollz 6/87, BGHSt 35, 107, 110 f.). Im Hinblick darauf, dass § 47 Abs. 1 i.V.m. § 36 Satz 1, § 5 Abs. 1 Nr. 4 BZRG nicht an ein Ereignis oder einen in den Lauf des Tages fallenden Zeitpunkt anknüpft (vgl. § 187 Abs. 1 BGB), sondern an den "Tag" des Urteils bzw. der Unterzeichnung des Strafbefehls, war der nach § 187 Abs. 2 Satz 1 BGB in die Frist einzurechnen. Demnach hat die Fünfjahresfrist des § 46 Abs. 1 Nr. 1a BZRG mit Ablauf des geendet.

32. Das daraus resultierende Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG gefährdet den Bestand des Urteils jedoch letztlich nicht. Die Strafkammer hat den im Strafbefehl festgestellten Sachverhalt lediglich als eines von mehreren Anzeichen herangezogen, die die Richtigkeit der Aussage des Geschädigten unterstützten (UA S. 11). Die - von Realdetails geprägte und konstante - Aussage des Geschädigten (UA S. 10) wurde jenseits dessen in zentralen Teilen bestätigt durch die Bekundungen der Sicherheitskraft, die die Flucht zweier Täter beobachtete und Schüsse wahrnahm, sowie die Aussage des zum Tatort gerufenen Polizeibeamten namentlich zum Zustand des Zimmers des Opfers. Dem Opfer wurde auch über dessen Betreuer, der dies und die Gesamtumstände bestätigte, Ende des Jahres 2009 eine Geldzahlung für eine später tatsächlich erfolgte "Rücknahme" der Strafanzeige gegen den Angeklagten angeboten und ausgezahlt. Hinsichtlich des geraubten Mobiltelefons wurden für den Zeitraum nach der Tat Verbindungsdaten zu dem Angeklagten nahestehenden Personen festgestellt.

4Im Blick auf diese Beweislage kann der Senat ausschließen, dass die Strafkammer die Aussage des Opfers als unglaubhaft gewertet hätte und der Schuldspruch abweichend ausgefallen wäre, wenn der genannte Strafbefehl nicht herangezogen worden wäre. Gleiches gilt für den Strafausspruch. Denn die Strafkammer hat die "nicht nennenswerte" Vorverurteilung ausdrücklich nicht zum Nachteil des Angeklagten gewichtet (vgl. UA S. 22, 23); es ist ausgeschlossen, dass sie den Angeklagten milder beurteilt hätte, wenn sie ihn als gänzlich unbestraft behandelt hätte.

Basdorf                                 Sander                                 Schneider

                         Dölp                                   König

Fundstelle(n):
wistra 2014 S. 414 Nr. 10
BAAAE-71030