BGH Urteil v. - 2 StR 239/13

Adhäsionsverfahren: Bemessung des Schmerzensgeldes; Aufrechterhaltung der Schmerzensgeldentscheidung dem Grunde nach im Revisionsverfahren

Gesetze: § 224 Abs 1 Nr 2 StGB, § 224 Abs 1 Nr 4 StGB, § 224 Abs 1 Nr 5 StGB, § 403 StPO, §§ 403ff StPO, § 406 StPO

Instanzenzug: LG Erfurt Az: 176 Js 30655/11 - 3 Ks jug

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Ferner hat es ihn verurteilt, an den Nebenkläger D.    M.    ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit Verfahrensrügen und der Sachbeschwerde. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg.

I.

21. Nach den Feststellungen des Landgerichts war der gesondert verfolgte M.     U.   von den Zeugen F.    M.    und D.     M.    nach einem Streit aus dem Ladenlokal „G.          " verwiesen worden. Daraufhin bewaffnete M.     U.   sich, den Angeklagten und einen Dritten jeweils mit einem Holztischbein als Schlagwerkzeug. Die Mittäter folgten dem Geschädigten D.    M.    , als dieser das Ladenlokal verließ, um zu seiner Wohnung zu gehen. Einer von ihnen versetzte dem Geschädigten einen wuchtigen Hieb mit dem Tischbein gegen den Hinterkopf, wodurch dieser eine Schädelfraktur erlitt und in die Knie ging. In dieser Position traf den Geschädigten ein weiterer Schlag mit einem Tischbein an die Stirn, so dass er zu Boden fiel. Auf dem Rücken liegend wurde er von allen Mittätern mit den Tischbeinen geschlagen, wobei er Frakturen am Oberarmgelenk und an der Elle des rechten Arms erlitt. Ferner wurde er am Bauch getroffen, bevor die Täter von ihm abließen. Ein Bruch des linken Oberarmknochens kann durch einen Schlag oder den Sturz verursacht worden sein.

3Der Geschädigte war potenziell lebensgefährlich verletzt und musste operativ versorgt werden. Gegen ärztlichen Rat verließ er das Krankenhaus bereits nach vier Tagen. Er behielt eine Narbe am Kopf, litt monatelang an Taubheitsgefühlen und Kopfschmerzen und war zwei Monate lang krank geschrieben.

42. Das Landgericht hat angenommen, der Angeklagte sei zwar vom Versuch des Heimtückemordes strafbefreiend zurückgetreten, aber der gefährlichen Körperverletzung im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2, 4 und 5 StGB schuldig.

5Die sachverständig beratene Jugendkammer hat festgestellt, der Angeklagte sei unbeschadet der Eintragung des als Geburtsdatum im türkischen Personenstandsregister zur Tatzeit bereits Erwachsener gewesen. Deshalb hat sie ihn nach dem für Erwachsene geltenden Strafrecht abgeurteilt.

II.

6Die Revision des Angeklagten ist unbegründet, soweit sie sich gegen den Schuld- und Strafausspruch richtet. Auch für die von der Verteidigung erstrebte Kompensation der Dauer des Revisionsverfahrens ist kein Raum. Jedoch führt die Revision zur Aufhebung des Ausspruchs über die Höhe des Schmerzensgeldes.

71. Zwar begegnet die Annahme des Landgerichts rechtlichen Bedenken, der Angeklagte sei zurzeit seiner Untersuchung am mindestens zweiundzwanzig Jahre alt gewesen, weshalb davon auszugehen sei, dass er zur Tatzeit - am - das einundzwanzigste Lebensjahr vollendet gehabt habe. Die Jugendkammer hat aber betont, dass die Anwendung von Jugendstrafrecht „mangels festzustellender Reifeverzögerungen selbst dann nicht in Betracht gekommen" wäre, wenn der Angeklagte zur Tatzeit das einundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt hätte. Diese Überlegung zur sittlichen und geistigen Entwicklung des Angeklagten im Urteilszeitpunkt (§ 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG) bleibt von den Feststellungen zur körperlichen Entwicklung bei der Altersbestimmung unberührt. Dies trägt die Ablehnung der Anwendung von Jugendstrafrecht.

82. Die Entscheidung über den Adhäsionsantrag ist rechtsfehlerhaft.

9a) Zur Begründung hat das Landgericht auf die „festgestellten Tatumstände" verwiesen und angemerkt, angesichts dieser Umstände sei die Schmerzensgeldforderung „angemessen, um einerseits einen Ausgleich für die durch den Geschädigten erlittenen Leiden zu schaffen und zum anderen der mit dem Schmerzensgeld auch bezweckten Genugtuung gerecht zu werden." Das genügt nicht. Die Urteilsgründe müssen alle Erwägungen ansprechen, die für die Bemessung des Schmerzensgeldes von Bedeutung sein können (LR/Hilger, StPO, 26. Aufl., § 406 Rn. 7). Das ist hier nicht der Fall.

10Maßgebend für die Höhe des Schmerzensgeldes sind nicht nur die Schwere der Tat, die durch die „Tatumstände" beschrieben wird, und die durch sie verursachten Gesundheitsschäden des Verletzten, sondern regelmäßig auch die wirtschaftlichen Verhältnisse von Täter und Opfer (, BGHSt 44, 202, 203; Beschluss vom - 4 StR 602/11, StV 2012, 711; Beschluss vom - 2 StR 459/13). Dem Urteil ist nicht zu entnehmen, dass dies alles berücksichtigt worden ist.

11b) Der Ausspruch über das Schmerzensgeld muss aber nicht ganz aufgehoben werden. Hat das Tatgericht dem Verletzten ein Schmerzensgeld zugesprochen und beanstandet das Revisionsgericht - wie hier - lediglich dessen Bemessung, so kann die Zuerkennung des Schmerzensgeldanspruchs dem Grunde nach aufrechterhalten bleiben (vgl. Senat aaO, BGHSt 44, 202, 203).

123. Der Rechtsmittelerfolg des Beschwerdeführers ist so gering, dass es nicht geboten ist, ihn aus Billigkeitsgründen teilweise von der Kosten- und Auslagenlast freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).

Fischer                             Appl                       Krehl

               Eschelbach                        Ott

Diese Entscheidung steht in Bezug zu


Fundstelle(n):
NJW 2014 S. 1544 Nr. 21
CAAAE-62915