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Thüringer FG Urteil v. - 1 K 1013/11

Gesetze: EStG § 74 Abs. 1 S. 1, EStG § 74 Abs. 1 S. 3, EStG § 74 Abs. 1 S. 4, EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 3, SGB XII § 43 Abs. 2 S. 1, SGB XII § 94 Abs. 1 S. 3, FGO § 102, AO § 5, BGB § 1601, BGB § 1602, BGB § 1603, BGB § 1610 Abs. 2

Beweislast des Sozialleistungsträgers im Verfahren der Abzweigung von Kindergeld für ein volljähriges, behindertes, teilstationär in einer Behindertenwerkstatt untergebrachtes Kind

Leitsatz

1. Entstehen dem Kindergeldberechtigten eigene Unterhaltsaufwendungen für das volljährige behinderte, teilstationär in einer Behindertenwerkstatt untergebrachte, im Übrigen im Haushalt des Kindergeldberechtigten lebende Kind mindestens in Höhe des Kindergeldes, kommt eine Abzweigung des Kindergelds an den Sozialleistungsträger nicht in Betracht.

2. Es spricht eine tatsächliche, anhand konkreter Feststellungen im Einzelfall widerlegliche Vermutung dafür, dass die Unterhaltsleistungen der Kindergeldberechtigten für ihr behindertes Kind den Kindergeldbetrag übersteigen, wenn die Kindergeldberechtigten selbst nicht von Sozialhilfeleistungen leben.

2. Bei der im Rahmen des Abzweigungsverfahrens zu treffenden Ermessensentscheidung der Familienkasse sind grundsätzlich sämtliche Unterhaltsaufwendungen der Eltern zur Deckung des Lebensbedarfes des Kindes i. S. v. § 1610 Abs. 2 BGB zu berücksichtigen; insoweit ist nicht danach zu differenzieren, ob Unterhaltsaufwendungen dem Grundbedarf des Kindes oder dem behinderungsbedingten Mehrbedarf zuzurechnen sind. Die Entscheidung über die Abzweigung hängt somit nicht davon ab, ob die Aufwendungen nach sozialhilferechtlichen Maßstäben angemessen sind, sondern davon, ob und in welcher Höhe Aufwendungen für das Kind entstanden sind, die dessen allgemeinen Lebensbedarf (Grundbedarf) und dessen individuellen behinderungsbedingten Mehrbedarf betreffen.

3. Es nicht allein Sache des Kindergeldberechtigten, den für das Kind erbrachten Unterhalt „nachzuweisen”, um so eine Abzweigung abzuwenden. Der Nachweis, dass die Voraussetzungen für eine Abzweigung erfüllt sind, obliegt vorrangig dem Sozialleistungsträger, der die Abzweigung des Kindergelds beantragt hat.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/PR 2013 S. 5 Nr. 11
YAAAE-55207

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Thüringer FG, Urteil v. 19.03.2013 - 1 K 1013/11

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