BFH Urteil v. - VIII R 17/11

Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör; Entscheidung über eine zulässige Klage durch Prozessurteil als Verfahrensmangel; Grundsatz der rechtsschutzgewährenden Auslegung des Klageantrags; Gegenstand des Verfahrens bei Änderungsbescheiden; Anwendungsbereich von § 233a AO

Leitsatz

1. Wird vor Gericht die Änderung von Bescheiden begehrt, so treten an deren Stelle die während des Gerichtsverfahrens ergehenden Änderungsbescheide und werden damit nach § 68 Abs. 1 Satz 1 FGO Gegenstand des Verfahrens. § 68 Abs. 1 Satz 2 FGO schließt für solche Bescheide ausdrücklich ein Einspruchsverfahren aus.
2. Zur rechtsschutzgewährenden Auslegung von Klageanträgen/Verfahrensvorschriften.
3. § 223a AO erfasst ausschließlich Unterschiedsbeträge zwischen Steuerfestsetzungen. Eine Zinsvorschrift, die unmittelbar an Überzahlungen des Steuerpflichtigen oder der Finanzbehörde im Zusammenhang mit Aussetzungsverfahren anknüpft, existiert nicht.

Gesetze: BGB § 133, GG Art. 19 Abs. 4, GG Art. 103 Abs. 1, AO § 233, AO § 233a, FGO § 44 Abs. 1, FGO § 68, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

1 I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute und wurden von dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt —FA—) für die Streitjahre 1998 und 1999 jeweils zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In den Streitjahren erzielte der Kläger u.a. gewerbliche Einkünfte aus einer Beteiligung an einer GbR, die Klägerin u.a. Einkünfte aus einer freiberuflichen Tätigkeit als Steuerberaterin.

2 1. Nachdem das FA die Kläger zunächst ihren Einkommensteuererklärungen entsprechend veranlagt hatte, setzte es die Einkommensteuer für die Streitjahre aufgrund einer Außenprüfung bei der Klägerin mit Änderungsbescheiden vom höher fest. Zugleich setzte es Nachzahlungszinsen gegen die Kläger fest.

3 Mit ihren Einsprüchen gegen die Änderungsbescheide wandten sich die Kläger nur gegen die Änderungen der bisherigen Einkommensteuerfestsetzungen, nicht aber gegen die Zinsfestsetzungen. Zugleich beantragten sie, die Vollziehung der angefochtenen Einkommensteuerfestsetzungen für die Streitjahre in Höhe von 7.442 DM (1998) sowie in Höhe von 7.384 DM (1999) auszusetzen. Dementsprechend setzte das FA die Vollziehung der Einkommensteueränderungsbescheide mit Bescheid vom aus.

4 Während des Einspruchsverfahrens setzte das FA die Einkommensteuer für beide Streitjahre mit Änderungsbescheiden vom herab. Grund dafür waren Mitteilungen über die geänderte (niedrigere) Feststellung des Gewinns des Klägers aus der GbR. Zugleich änderte das FA die bisherigen Zinsfestsetzungen und setzte für beide Streitjahre an Stelle der bislang festgesetzten Nachzahlungszinsen nunmehr Erstattungszinsen zugunsten der Kläger fest.

5 Gegen die Bescheide machten die Kläger mit Schreiben vom geltend, dass bei der Abrechnung die mit Bescheid vom gewährte Aussetzung der Vollziehung (AdV) nicht berücksichtigt worden sei und das FA die geänderten Bescheide im Umfang ihrer Anfechtung ohne Rücksicht auf diese Aussetzung vollzogen habe. Zugleich beantragten sie, die Vollziehung der angefochtenen Einkommensteuerfestsetzungen für beide Streitjahre in Höhe von jeweils 3.775 € wieder aufzuheben.

6 Diesem Antrag entsprach das FA mit Bescheid vom , nachdem es zuvor die zugunsten der Kläger festgesetzten Erstattungszinsen mit Bescheiden vom heraufgesetzt hatte.

7 Aufgrund erneuter Änderung der Einkommensteuerbescheide änderte das FA auch die Zinsfestsetzungen für die Streitjahre mit Bescheiden jeweils vom und setzte die Erstattungszinsen niedriger fest.

8 Mit dem dagegen eingelegten Einspruch vom machten die Kläger geltend, für die Bescheide fehle eine Rechtsgrundlage. Zugleich baten sie um Berichtigung der Zinsfestsetzungen unter Ansatz der in den Bescheiden vom unberücksichtigt gebliebenen Steuerzahlungen, die das FA aufgrund der Verfügung vom an die Kläger zurückgezahlt habe.

9 Während des Einspruchsverfahrens änderte das FA aufgrund neuer Mitteilungen über die Höhe der aus der Beteiligung an der GbR erzielten Einkünfte mit Bescheiden jeweils vom sowohl die Einkommensteuer- als auch die Zinsfestsetzungen (statt Erstattungszinsen nunmehr Nachzahlungszinsen).

10 Daraufhin hob das FA „die angefochtenen Zinsbescheide vom ” mit Bescheid vom auf und erklärte den Einspruch für erledigt.

11 2. Mit Schreiben vom forderten die Kläger das FA auf, über ihren bislang noch nicht beschiedenen Antrag vom , die Zinsbescheide vom unter Berücksichtigung der Steuererstattungen im Zusammenhang mit der Aufhebung der Vollziehung zu berichtigen, zu entscheiden.

12 Daraufhin lehnte das FA mit Bescheid vom den „Antrag vom auf Berichtigung der Zinsfestsetzungen für die Jahre 1998 und 1999 (Bescheide jeweils vom )” unter Hinweis auf die Bestandskraft der Bescheide ab.

13 Hiergegen erhoben die Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit Schriftsatz vom Klage und beantragten,

die Zinsbescheide vom für 1998 und 1999 jeweils in der Weise zu ändern, dass der Betrag von 3.775 €, der den Klägern am aus der Aufhebung der Vollziehung der Einkommensteuerbescheide jeweils für 1998 und 1999 gutgeschrieben wurde, zugunsten der Kläger bei der Zinsberechnung berücksichtigt wird.

14 Nachdem das FA mit (Einkommensteuer-)Änderungsbescheiden

  • vom aufgrund geänderter Gewinnfeststellungen für die GbR die Einkommensteuer der Kläger hinsichtlich beider Streitjahre niedriger festgesetzt und zugleich anstelle der zuletzt festgesetzten Nachzahlungszinsen Erstattungszinsen zugunsten der Kläger festgesetzt sowie

  • mit weiteren (Einkommensteuer-)Änderungsbescheiden vom die Einkommensteuer für die Streitjahre —erneut— niedriger festgesetzt und die mit Bescheid vom für 1998 festgesetzten Erstattungszinsen erhöht, aber die für 1999 erfolgte Festsetzung von Erstattungszinsen unverändert gelassen hatte,

beantragten die Kläger in Ergänzung ihres Klageantrags mit Schriftsatz vom hilfsweise,

das FA zu verpflichten, sowohl die mit Bescheid vom für das Streitjahr 1998 vorgenommene Zinsfestsetzung als auch die mit Bescheid vom für das Streitjahr 1999 vorgenommene Zinsfestsetzung jeweils zu ändern und für das Streitjahr 1998 zusätzliche Erstattungszinsen in Höhe von 918,75 € und für das Streitjahr 1999 zusätzliche Erstattungszinsen in Höhe von 693,75 € jeweils zu ihren Gunsten zu berücksichtigen.

15 3. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1996 veröffentlichten Urteil als unzulässig ab.

16 Für die Klage auf Änderung der Zinsbescheide vom fehle das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil die Zinsfestsetzungen dieser Bescheide nicht nur durch die später wieder aufgehobenen Bescheide vom , sondern auch durch spätere Änderungsbescheide geändert worden seien und diese späteren —wirksamen— Änderungsbescheide die Zinsbescheide vom in ihren Rechtswirkungen (weiterhin) suspendierten.

17 Das erst mit Schriftsatz vom geltend gemachte Hilfsbegehren, das FA zu verpflichten, die jeweils aktuellen Zinsfestsetzungen für die Streitjahre zu ändern, sei wegen fehlenden Vorverfahrens gegen diese Zinsfestsetzungen sowie wegen Ablaufs der Klagefrist vor Eingang des Schriftsatzes unzulässig.

18 Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung des Verfahrensrechts sowie des materiellen Rechts.

19 Das FG habe die Klage zu Unrecht als unzulässig abgewiesen. Ziel der erhobenen Verpflichtungsklage sei der Erlass eines Bescheids auf Festsetzung von Erstattungszinsen für einen bestimmten Steuererstattungsanspruch sowie einen bestimmten Zinszeitraum. Für eine solche Klage bedürfe es keiner Anknüpfung an einen bestimmten Zinsbescheid, dessen Änderung aufgrund der Verpflichtungsklage erreicht werden solle.

20 Ihr Hilfsbegehren, die früher ergangenen Zinsbescheide zu ändern, sei entgegen der Auffassung des FG weder wegen fehlenden Vorverfahrens noch wegen Nichteinhaltung der Klagefrist für die Klageänderung unzulässig. Insbesondere hätten sie nicht die Zinsbescheide vom anfechten können oder müssen, weil diese rechtmäßig gewesen seien. Denn die Zahlungen des FA aufgrund Aufhebung der Vollziehung gehörten nicht zu den in diesen Zinsbescheiden berücksichtigten Erstattungen und seien im Übrigen erst nach Bestandskraft dieser Bescheide geleistet worden. Nur deshalb knüpfe das Klagebegehren an die aktuellen Zinsbescheide an, ohne damit aus der Verpflichtungsklage eine Anfechtungsklage zu machen.

21 Die Erwägung des FG, das Klagebegehren hätte bereits im Einspruchsverfahren gegen die Zinsbescheide vom verfolgt werden müssen, könne die Zulässigkeit der Klage schon deshalb nicht berühren, weil diese Bescheide durch Bescheid vom aufgehoben worden seien.

22 Die Klage sei begründet. Denn das FA habe in den Änderungsbescheiden vom für beide Streitjahre jeweils eine Steuerzahlung von 3.775 € unberücksichtigt gelassen, die nicht durch die Änderung der Einkommensteuerfestsetzung durch diese Bescheide, sondern durch die AdV für einen in den Bescheiden nicht berücksichtigten Sachverhalt —im Zusammenhang mit einer bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung— veranlasst gewesen sei.

23 Diese AdV habe das FA außer Acht gelassen und erst auf den Hinweis der Kläger —durch Erstattung der geleisteten Zahlungen— nachträglich umgesetzt.

24 Diese Zahlungen habe das FA indessen in den Zinsbescheiden vom nicht berücksichtigt, obwohl sie ihrer Art nach vom Tatbestandsmerkmal „zu erstattender Betrag” in § 233a Abs. 3 Satz 3 der Abgabenordnung (AO) erfasst würden.

25 Zwar seien solche Zahlungen im Zusammenhang mit einer Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nur zu verzinsen, wenn die Steuer in einem nachfolgenden Änderungsbescheid tatsächlich herabgesetzt werde. Diese Voraussetzung sei aber ausweislich der ergangenen Änderungsbescheide vom für die Streitjahre gegeben. Für 1998 habe sich eine Erstattung sowie für 1999 weder eine Erstattung noch eine Nachzahlung ergeben; die Einkommensteuer sei für 1998 um einen Betrag herabgesetzt worden, der den Betrag aus der Vollziehungsaufhebung überschritten habe, während die Herabsetzung für 1999 genau dem Betrag entsprochen habe, in dessen Höhe die Vollziehung zuvor aufgehoben worden sei.

26 Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben sowie das FA unter Aufhebung des Bescheids vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom zu verpflichten, die für die Streitjahre 1998 und 1999 ergangenen Zinsbescheide vom —hilfsweise die Bescheide vom und — durch Ansatz weiterer Erstattungszinsen in Höhe von 918,75 € für 1998 sowie in Höhe von 693,75 € für 1999 zu ändern.

27 Das FA beantragt, im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die Gründe des angefochtenen Urteils sowie der Einspruchsentscheidung, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

28 II. Die Revision ist nach § 126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) als unbegründet zurückzuweisen, weil die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zwar eine Rechtsverletzung aufweisen, das Urteil sich aber aus anderen Gründen als richtig darstellt.

29 1. Zu Recht rügen die Kläger, das FG habe ihre Klage rechtsfehlerhaft als unzulässig abgewiesen.

30 a) Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH stellt es einen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dar, wenn über eine zulässige Klage nicht zur Sache, sondern durch Prozessurteil entschieden wird. In einem solchen Fall wird zugleich der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt (vgl. u.a. BFH-Beschlüsse vom VII B 181/03, BFH/NV 2004, 1284; vom XI B 46/02, BFH/NV 2004, 1417, m.w.N.; vom VII B 98/04, BFH/NV 2007, 1345; vom X B 43/08, BFH/NV 2009, 1443).

31 b) Eine solche Rechtsverletzung liegt im Streitfall vor, indem das FG die Unzulässigkeit des als Verpflichtungsklage ausgelegten Begehrens auf Festsetzung von (weiteren) Erstattungszinsen zur Einkommensteuerveranlagung für 1998 und 1999 damit begründet hat, dass

  • für eine Änderung der Zinsbescheide vom kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe, weil sie durch in der Folgezeit ergangene und bestandskräftige Bescheide in ihrer Wirkung suspendiert seien und

  • für das hilfsweise Begehren vom auf Änderung der jeweils aktuellen Zinsbescheide das erforderliche Vorverfahren fehle und dieser Hilfsantrag unzulässigerweise erst nach Ablauf der Klagefrist gestellt worden sei.

32 c)Im Ausgangspunkt geht das FG zwar zu Recht davon aus, dass die Kläger mit ihrem Begehren die Verpflichtung des FA anstreben, höhere Erstattungszinsen für die Streitjahre 1998 und 1999 zu erhalten, als bislang vom FA festgesetzt worden sind.

33 Ebenfalls zu Recht geht das FG davon aus, dass dieses Begehren nur mittels Änderung der bereits für den Streitzeitraum ergangenen und nicht aufgehobenen Zinsbescheide —durch das FA oder das Gericht— umzusetzen ist (vgl. , BFHE 198, 184, BStBl II 2002, 547, m.w.N.; Dumke in Schwarz, FGO § 40 Rz 24a).

34 d) Die dafür erforderlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen sind indessen entgegen der Auffassung des FG gegeben.

35 aa) Das Rechtsschutzbedürfnis für das Begehren der Kläger,

die Zinsbescheide vom für 1998 und 1999 jeweils in der Weise zu ändern, dass der Betrag von 3.775 €, der den Klägern am aus der Aufhebung der Vollziehung der Einkommensteuerbescheide jeweils für 1998 und 1999 gutgeschrieben wurde, zugunsten der Kläger bei der Zinsberechnung berücksichtigt wird,

kann nämlich nicht mit der Begründung des FG verneint werden, diese Bescheide seien durch zwischenzeitlich ergangene Änderungsbescheide in ihrer Rechtswirkung suspendiert.

36 Nach dem Grundsatz der rechtsschutzgewährenden Auslegung hätte das FG den Klageantrag vor dem maßgeblichen Hintergrund des gesamten Verfahrens (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 1443) objektiv nicht als Begehren auf isolierte Aufhebung der Zinsbescheide vom , sondern als Begehren auf Erhöhung der festgesetzten Erstattungszinsen nach einer um 3.775 € erhöhten Bemessungsgrundlage unter Aufhebung der (aktuellen) entgegenstehenden niedrigeren Festsetzungen auslegen müssen.

37 (1) Prozesserklärungen sind wie sonstige Willenserklärungen auslegungsfähig. Ziel der Auslegung ist es, den wirklichen Willen des Erklärenden zu erforschen (§ 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Auf die Wortwahl und die Bezeichnung kommt es nicht entscheidend an, sondern auf den gesamten Inhalt der Willenserklärung (vgl. z.B. , BFH/NV 2008, 799). Dabei können auch außerhalb der Erklärung liegende weitere Umstände berücksichtigt werden (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 1345). Nur eine solche Auslegung trägt dem Grundsatz der rechtsschutzgewährenden Auslegung von Verfahrensvorschriften (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes) Rechnung (vgl. BFH-Beschlüsse vom VI B 114/01, BFHE 198, 1, BStBl II 2002, 306, und in BFH/NV 2004, 1417).

38 (2) Nach diesen Maßstäben kann das Klagebegehren entgegen der Ansicht des FG nicht als Begehren auf isolierte Aufhebung der Zinsbescheide vom ausgelegt werden.

39 Schon die vorinstanzliche Annahme eines Verpflichtungsbegehrens auf Festsetzung höherer Zinsen hätte Anlass geben müssen, die Änderung entgegenstehender Zinsfestsetzungen auf die jeweils aktuellen Zinsfestsetzungen zu beziehen.

40 Die Annahme einer ausschließlichen Fixierung des Klageantrags auf eine Änderung der Bescheide vom hätte ersichtlich das Rechtsschutzziel objektiv verfehlt und konnte den Klägern auch nach ihrem Verhalten im Verwaltungsverfahren nicht unterstellt werden.

41 So haben die Kläger dieses Erhöhungsbegehren schon im Verwaltungsverfahren vor Erhebung der Klage nicht ausschließlich im Zusammenhang mit ihren Einwendungen gegen die Bescheide vom , sondern auch mit ihren Einwendungen gegen die Zinsänderungsbescheide vom sowie nach deren Aufhebung mit gesondertem Schreiben vom —nach Ergehen weiterer Zinsänderungsbescheide vom — geltend gemacht.

42 Dementsprechend haben sie die während des Klageverfahrens ergangenen weiteren Zinsänderungsbescheide in ihren Antrag einbezogen und damit zum Ausdruck gebracht, dass es ihnen auf den Erlass von Zinsänderungsbescheiden unter Berücksichtigung einer geänderten Bemessungsgrundlage ankam, nicht aber ausschließlich auf die Änderung der Bescheide vom .

43 bb) Die Klage ist schließlich entgegen der Ansicht des FG nicht wegen fehlenden Vorverfahrens gegen die Zinsänderungsbescheide vom 4. Februar und unzulässig.

44 Zum einen ist für das erhobene Änderungsbegehren das nach § 44 Abs. 1 FGO erforderliche Vorverfahren mit den Anträgen vom sowie vom , ihrer Ablehnung durch Bescheid vom sowie der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung durchgeführt worden.

45 Zum anderen bedurfte es für die während des Klageverfahrens ergangenen Zinsänderungsbescheide vom 4. Februar und vom keines weiteren Vorverfahrens, weil diese nach § 68 FGO Gegenstand des Vorverfahrens geworden sind und der Bescheid vom nicht bestandskräftig wurde.

46 Wird nämlich wie im Streitfall vor Gericht die Änderung von Bescheiden begehrt, so treten an deren Stelle die während des Gerichtsverfahrens ergehenden Änderungsbescheide (wie hier die Zinsbescheide vom 4. Februar und ) und werden damit nach § 68 Abs. 1 Satz 1 FGO Gegenstand des Verfahrens (zur Maßgeblichkeit des insoweit ergangenen letzten Änderungsbescheids , BFH/NV 2000, 680; Beschluss des Großen Senats des , BFHE 108, 1, BStBl II 1973, 231); § 68 Abs. 1 Satz 2 FGO schließt für solche Bescheide ausdrücklich ein Einspruchsverfahren aus.

47 2. Trotz dieses Verfahrensmangels scheidet die Aufhebung des angefochtenen Urteils nach Maßgabe des § 126 Abs. 4 FGO aus, weil in der Sache keine andere Entscheidung ergehen kann.

48 a) Nach § 126 Abs. 4 FGO kann der BFH auch dann in der Sache selbst entscheiden, wenn das FG eine Klage zu Unrecht als unzulässig abgewiesen hat, die Klage aber nach den vom FG getroffenen Feststellungen zweifelsfrei unbegründet ist.

49 b) Diese Voraussetzung ist im Streitfall gegeben. Die Kläger haben keinen Anspruch auf den Ansatz weiterer Erstattungszinsen in Höhe von 918,75 € für das Streitjahr 1998 und in Höhe von 693,75 € für das Streitjahr 1999.

50 Nach § 233 Satz 1 AO werden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nur verzinst, soweit dies gesetzlich vorgeschrieben ist. Die §§ 233a bis 237 AO enthalten insoweit einen abschließenden Katalog von Zinstatbeständen für bestimmte Konstellationen, zu denen die Zahlungen der Kläger im Rahmen des AdV-Verfahrens nicht gehören.

51 Denn § 233a AO erfasst ausschließlich Unterschiedsbeträge zwischen Steuerfestsetzungen. Die Erstattungsbeträge, um die es im Streitfall geht, beruhen indessen nicht auf Änderungen der Festsetzungen, sondern auf dem Umfang der AdV. Eine Zinsvorschrift, die unmittelbar an Überzahlungen des Steuerpflichtigen oder der Finanzbehörde im Zusammenhang mit Aussetzungsverfahren anknüpft, existiert nicht (, BFHE 235, 107, BStBl II 2012, 219).

Fundstelle(n):
NAAAE-54068