Oberste Finanzbehörden der Länder BStBl 2013 I S. 1362

Erbschaftsteuer/Bewertung; Besteuerung von Anteilen an einer gemeinnützigen Kapitalgesellschaft

1. Nach § 11 Absatz 2 BewG sind Anteile an einer Kapitalgesellschaft mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Wenn sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten lässt, die weniger als ein Jahr zurückliegen, ist er unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft, einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode oder im vereinfachten Ertragswertverfahren (§§ 199 ff. BewG) zu ermitteln. Dabei darf der Substanzwert der Gesellschaft nicht unterschritten werden.

2. Nach § 55 Absatz 1 Nummer 1 Satz 2 und Nummer 2 AO dürfen die Gesellschafter einer steuerbegünstigten, gemeinnützige Zwecke verfolgenden Körperschaft keine Gewinnanteile oder sonstigen Zuwendungen aus Mitteln der Körperschaft erhalten und bei ihrem Ausscheiden oder bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft nicht mehr als ihre eingezahlten Kapitalanteile und den gemeinen Wert ihrer geleisteten Sacheinlagen zurückerhalten.

3. Die sich aus den gemeinnützigkeitsrechtlichen Bindungen für die Gesellschafter ergebenden Beschränkungen werden im Rahmen der Bewertung der Anteile nicht gesondert berücksichtigt. Das vereinfachte Ertragswertverfahrens nach §§ 199 ff. BewG kann nur angewendet werden, wenn es nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt. Da die steuerliche Gewinnermittlung einer steuerbegünstigten Körperschaft nicht den ideellen Bereich, die Vermögensverwaltung und den Zweckbetrieb umfasst, dürften regelmäßig begründete Zweifel an der Anwendbarkeit des vereinfachten Ertragswertverfahrens bestehen (R B 199.1 Absatz 6 ErbStR). Unter Berufung auf die gemeinnützigkeitsrechtlichen Bindungen darf der Substanzwert (§ 11 Absatz 2 Satz 3 BewG) nicht unterschritten werden.

4. Werden Anteile an einer steuerbegünstigten Körperschaft von Todes wegen oder durch Schenkung unter Lebenden übertragen, ist bei der Besteuerung der nach § 151 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 BewG festgestellte Wert anzusetzen (§ 12 Absatz 2 ErbStG).

5. Die sich aus den gemeinnützigkeitsrechtlichen Bindungen für den Erwerber der Anteile ergebenden Beschränkungen sind für den Erwerb von Todes wegen oder durch Schenkung unter Lebenden im Rahmen der Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach § 10 Absatz 1 Satz 1 ErbStG als auflösend bedingte Last zu berücksichtigen, d. h. zunächst wie eine unbedingte Last abzuziehen (§ 7 Absatz 1 BewG).

6. Die Höhe der auflösend bedingten Last entspricht grundsätzlich der Differenz zwischen dem gemeinen Wert der erworbenen Anteile an der Kapitalgesellschaft (vgl. Tz. 1 und 3) und dem Betrag, den der Erwerber der Anteile nach § 55 Absatz 1 Nummer 1 Satz 2 und Nummer 2 AO bei seinem Ausscheiden oder bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft ohne Verstoß oder Beeinträchtigung der gemeinnützigkeitsrechtlichen Bindungen zurückerhalten kann (vgl. Tz. 2). Der Erwerber der Anteile darf dabei nicht mehr erhalten, als ein Rechtsvorgänger erhalten hätte. Wertsteigerungen sind Gewinn der Kapitalgesellschaft und dürfen somit gemäß § 55 Absatz 1 Nummer 1 AO nur für deren steuerbegünstigten Zweck verwendet werden. Für die Ermittlung des gemeinen Werts der Sacheinlagen kommt es auf die Verhältnisse zu dem Zeitpunkt an, an dem die Sacheinlagen geleistet worden sind (§ 55 Absatz 2 AO).

7. Das für die Feststellung des gemeinen Werts der Anteile an der Kapitalgesellschaft nach § 152 Nummer 3 BewG zuständige Finanzamt (Betriebsfinanzamt) ermittelt im Rahmen des Feststellungsverfahrens den Wert der abzugsfähigen Last (vgl. Tz. 6) und teilt diesen nachrichtlich im Wege der Amtshilfe dem Erbschaftsteuerfinanzamt mit.

8. Mit dem Eintritt der auflösenden Bedingung ist die Festsetzung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer zu berichtigen (§ 7 Absatz 2 BewG) und die Steuer unter Berücksichtigung einer entsprechend verringerten Last zu berechnen. Dies ist insbesondere der Fall, soweit der Erwerber

9. Das zuständige Erbschaftsteuerfinanzamt muss den Steuerfall bis zum Eintritt der auflösenden Bedingung oder dem Ausscheiden des Erwerbers aus der Gesellschaft in geeigneter Weise überwachen. Überträgt der Erwerber seine Anteile von Todes wegen oder durch Schenkung unter Lebenden, endet die Überwachung für seinen Erwerb. Eine Berichtigung der Steuerfestsetzung erfolgt nicht.

Der Erwerber ist im Steuerbescheid darauf hinzuweisen, dass der Eintritt der Bedingung innerhalb einer Frist von einem Monat bei dem zuständigen Erbschaftsteuerfinanzamt anzuzeigen ist (§ 153 Absatz 2 AO).

Der Erlass ist auf alle Erwerbe anzuwenden, für die die Steuer nach dem entstanden ist, soweit Steuerbescheide noch nicht bestandskräftig sind. Entsprechendes gilt für Erwerbe, für die die Steuer nach dem und vor dem entstanden ist, wenn der Erwerber einen Antrag nach Artikel 3 des ErbStRG auf rückwirkende Anwendung des durch das ErbStRG geänderten, am in Kraft getretenen Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts gestellt hat.

Inhaltlich gleichlautend
Oberste Finanzbehörden der Länder v.
Fin Min Baden-Württemberg - 3 - S 3806 /79
Bayerisches Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat - 34 - S 3102 - 0005 - 37 831/13
Senatsverwaltung für Finanzen Berlin - III D - S 3102 - 1/2013
Ministerium der Finanzen des Landes Brandenburg - 36 - S 3812 - 1/11
Die Senatorin für Finanzen der Freien Hansestadt Bremen - S 3812 - 13
Finanzbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg - 53 - S 3806 - 004/12
Hessisches Ministerium der Finanzen - S 3230 A - 032 - II6a
Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern - S 3102 - 00000 - 2013/001
Niedersächsisches Finanzministerium - S 3102 - 29 - 351
Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen - S 3102 - 101 - V A 6
Ministerium der Finanzen des Landes Rheinland-Pfalz - S 3102 A - 13 - 004 - 448
Ministerium für Finanzen und Europa des Saarlandes - B/5 - S 3102 - 1#004
Sächsisches Staatsministerium der Finanzen - 35 - S 3102/14/11 - 2013/203994
Ministerium der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt - 46 - S 3102 - 20
Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein - VI 35 - S 3102 - 1002
Thüringer Finanzministerium - S 3102 A - 08/2013


Fundstelle(n):
BStBl 2013 I Seite 1362
ZAAAE-48482