BGH Beschluss v. - 1 StR 156/13

Erhebung von Telekommunikations-Verkehrsdaten: Anordnung der Erhebung bei Verdacht des Vortäuschens einer Straftat

Gesetze: § 145d StGB, § 100g StPO

Instanzenzug: LG Waldshut-Tiengen Az: 2 KLs 21 Js 4634/11 - RL 14/13

Tenor

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Waldshut-Tiengen vom werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Die Rüge der unzulässigen Verwertung der Erkenntnisse aus der Maßnahme gemäß § 100g StPO ist jedenfalls unbegründet. Die Anordnungsvoraussetzungen lagen zum Zeitpunkt des Erlasses des die Maßnahme nach § 100g StPO anordnenden Beschlusses schon ausweislich desselben, aber auch gemäß den die Verdachts- und Beweislage zum Anordnungszeitpunkt rekonstruierenden Feststellungen des Tatgerichts hierzu vor. Insbesondere die von den Revisionsführern jeweils beanstandete Annahme, dass die Voraussetzung gemäß § 100g Abs. 1 Nr. 1 StPO, eine Straftat von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung, gegeben sei, ist plausibel belegt.
Eine Straftat hat „erhebliche Bedeutung“, wenn sie mindestens dem Bereich der mittleren Kriminalität zuzurechnen ist, den Rechtsfrieden empfindlich stört und geeignet ist, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen (BT-Drucks. 13/10791, S. 5; vgl. auch , BVerfGE 109, 279, 344; ). Dies setzt voraus, dass der Gesetzgeber der Straftat allgemein ein besonderes Gewicht beimisst und sie im konkreten Fall erhebliche Bedeutung hat (, NJW 2003, 1787, 1791). Der Verdacht richtete sich auf eine Straftat gemäß § 145d StGB; eine solche Tat ist im Höchstmaß mit drei Jahren Freiheitsstrafe bedroht. Sie ist deshalb nicht mehr ohne weiteres dem Bereich der Straftaten von erheblicher Bedeutung zuzurechnen (, BVerfGE 124, 43), aber im Hinblick auf die gegenüber der gesetzlich vorgesehenen Mindesthöchststrafe erhöhte Strafdrohung als Anlasstat nicht von vornherein ausgeschlossen. In Einzelfällen kann auch solchen Taten aufgrund der besonderen Bedeutung des geschützten Rechtsguts oder des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung erhebliche Bedeutung zukommen (vgl. BT-Drucks. 16/5846, S. 40).
Dies ist sowohl vom anordnenden Richter als auch vom Tatgericht bei der Rekonstruktion der Verdachts- und Beweislage zum Anordnungszeitpunkt hinreichend bedacht worden. Mit rechtsfehlerfreien Erwägungen haben sie aber angesichts der außergewöhnlichen, der Tat ein deutlich über das durchschnittliche Gewicht einer Tat nach § 145d StGB herausragendes Gepräge gebenden Umstände des Einzelfalls - des Verdachts der Begehung der Tat als Bürgermeister im Zusammenhang mit dem Amt, der Vortäuschung, Opfer eines Brandanschlages im Rathaus geworden zu sein, durch den er zur Aufgabe seines Amtes genötigt werden sollte, der dadurch zu erwartenden Schädigung des Ansehens der betroffenen Gemeinde, des durch die Tat hervorgerufenen öffentlichen Aufsehens und des zum Anordnungszeitpunkt anzunehmenden Motivs der Erlangung von wirtschaftlichen Vorteilen durch die Anerkennung als Dienstunfall - eine erhebliche Bedeutung angenommen.
Wahl                       Graf                            Cirener
             Radtke                    Mosbacher

Fundstelle(n):
wistra 2013 S. 434 Nr. 11
WAAAE-43681