Haftung des Geschäftsführers für die Steuerschulden der GmbH bei Verstoß gegen den Grundsatz der anteiligen Tilgung und unterlassener
Mitwirkung
Leitsatz
1. Gerät eine GmbH in Zahlungsschwierigkeiten, so gehört es zu den Pflichten der zur gesetzlichen Vertretung berufenen Geschäftsführer,
die Steuerschulden der GmbH in gleicher Weise zu tilgen wie die übrigen Schulden der Gesellschaft. Der Fiskus darf gegenüber
anderen Gläubigern nicht benachteiligt werden. Ein Geschäftsführer, der dies gleichwohl tut, handelt in der Regel zumindest
grob fahrlässig.
2. Bei Verstoß gegen diesen sog. Grundsatz der anteiligen Tilgung liegt im Umfang des die durchschnittliche Tilgungsquote
unterschreitenden Differenzbetrages eine schuldhafte Pflichtverletzung vor, für die der Geschäftsführer als Haftungsschuldner
einzustehen hat (= Haftungssumme).
3. Insoweit trägt zwar die Finanzbehörde die Beweislast, der Geschäftsführer hat jedoch seine Mitwirkungspflicht nicht erfüllt
und muss eine vom FA getroffene Feststellung über die Liquidität der GmbH grundsätzlich gegen sich gelten lassen, wenn er
im Rahmen der Haftungsanfrage des FA hinsichtlich der Höhe der liquiden Mittel und deren Verwendung keine Stellung zu den
konkret dargelegten Pflichtverletzungen und zu dem damit in Zusammenhang stehenden Schuldvorwurf genommen hat.
4. Soweit sich der Geschäftsführer auf wiederholte schwerwiegende Erkrankungen beruft, hätte er entweder sein Amt als Geschäftsführer
niederlegen oder mit der Erfüllung seiner Aufgaben einen Vertreter oder steuerlichen Berater beauftragen müssen.
5. Hat die GmbH noch über einen umfangreichen Bestand an technischen Anlagen und Maschinen verfügt und der Geschäftsführer
den Erlös aus deren Verkauf jedoch nicht zur Befriedigung des Fiskus, sondern ausschließlich der übrigen Gläubiger verwendet,
so dass der Fiskus letztlich der einzige Gläubiger bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der GmbH war, so hat der Geschäftsführer
den Fiskus grob schuldhaft benachteiligt.
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