Instanzenzug:
Gründe
I.
1 Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Ausgleich eines (kausalen) negativen Saldos nach Beendigung eines Kontokorrents aus Girovertrag in Anspruch.
2 Der Beklagte, Außendienstmitarbeiter eines Schmuckwarenunternehmens und daneben Inhaber eines Schmuckvertriebs, eröffnete, vermittelt durch einen unter einem Aliasnamen agierenden Bekannten B. , im August 2008 ein Girokonto bei der Klägerin. Am wurden 20.850 € von diesem Girokonto auf das Konto eines Dritten gebucht. Am wurden 21.350 € vom Konto dieses Dritten dem Konto des Beklagten gutgeschrieben. Schließlich wurden am 32.000 € von dem Girokonto auf das Konto des Dritten gebucht. Der Quartalsabschluss zum wies einen Negativsaldo in Höhe von 32.507,35 € auf. Zwischen den Parteien fand im April 2009 ein Gespräch statt, das den Ausgleich des Sollstands zum Gegenstand hatte. Mangels Glattstellung kündigte die Klägerin die Geschäftsverbindung am fristlos. Zu diesem Zeitpunkt belief sich der Sollstand auf 36.756,04 €.
3 Ihre auf Ausgleich des Saldos zum nebst Zinsen gerichtete Klage hat das Landgericht unter anderem nach Vernehmung des B. und des wegen Untreue zu deren Nachteil strafrechtlich belangten ehemaligen Filialleiters der Klägerin als Zeugen sowie nach informatorischer Anhörung des Beklagten abgewiesen, weil es nach Einholung eines graphologischen Gutachtens zwar davon ausgegangen ist, dass die Buchung vom vom Beklagten veranlasst worden sei, die Umstände der Buchung vom indessen nicht aufzuklären vermocht hat. Es hat der Klägerin zugleich Zinsen aus einer geduldeten Überziehung des Girokontos vom bis zum zuerkannt.
4 Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klageforderung entsprochen. Der Beklagte habe den zum Ende des Jahres 2008 erstellten Rechnungsabschluss jedenfalls anlässlich des Gesprächs am formlos wirksam anerkannt, so dass ihm als Saldoschuldner eines in den kausalen Saldo zum einbezogenen abstrakten Saldoanerkenntnisses zum Jahresende 2008 der Nachweis oblegen habe, die Buchung am sei ohne sein Zutun erfolgt. Da sich die genauen Umstände dieser Buchung in erster Instanz nicht hätten aufklären lassen, sei der Beklagte, soweit er seiner Inanspruchnahme die Einrede der Bereicherung entgegen halte, als beweisfällig geblieben zu behandeln.
5 Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten.
II.
6 Die Revision ist nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, da das angegriffene Urteil den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt (vgl. Senatsbeschlüsse vom XI ZB 39/03, BGHZ 159, 135, 139 f.; vom XI ZR 140/09, BKR 2010, 515, 516 und vom XI ZR 476/11, [...] Rn. 7). Aus demselben Grund sind das angefochtene Urteil gemäß § 544 Abs. 7 ZPO im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist, und der Rechtsstreit im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
7 1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings konkludent das erstinstanzliche Urteil insoweit abgeändert, als das Landgericht der Klägerin eine Zinsforderung für den Zeitraum zwischen dem und dem zuerkannt hat. Die Klägerin stützt ihr Begehren auf einen kausalen Saldo zum , der nach ihrem Vortrag als Aktivposten ein abstraktes Saldoanerkenntnis zum Ende des Jahres 2008 enthält. Sie hat daneben Einzelposten, die nach ihrem Vortrag zunächst in einen früheren kausalen Saldo und nach Novation in das abstrakte Saldoanerkenntnis eingeflossen sind, weder in erster noch in der Berufungsinstanz im Wege der objektiven Klagenhäufung (dazu Staudinger/Marburger, BGB, Neubearb. 2009, Vorbem. zu §§ 780 ff. Rn. 16) geltend gemacht. Das Landgericht hat folglich, indem es einen solchen Einzelposten zuerkannt hat, gegen § 308 Abs. 1 ZPO verstoßen. Diesen Verstoß hat das Berufungsgericht wie auch auf ein Rechtsmittel nur der Klägerin möglich korrigiert. Diese Korrektur, durch die der Beklagte nicht beschwert ist, hat auf seine Nichtzulassungsbeschwerde im Verfahren nach § 544 Abs. 7 ZPO Bestand.
8 2. Das Berufungsgericht, das zu einem vorbehaltlos wirksamen (, VersR 1960, 1036, 1038; Wagner in Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, 3. Aufl., § 355 Rn. 40) abstrakten Saldoanerkenntnis für eine spätere Rechnungsperiode keine Feststellungen getroffen hat, hat indessen bei seiner Entscheidung der Frage, ob der Beklagte dem von ihm jedenfalls anlässlich des Gesprächs am (§ 782 BGB) zum Jahresende 2008 erklärten Saldoanerkenntnis als einem Aktivposten des kausalen Saldos zum die Einrede der Bereicherung nach § 821 BGB entgegensetzen könne, den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Es hat eine Beweislastentscheidung zu seinem Nachteil getroffen, ohne die erstinstanzlich vernommenen Zeugen wie aber nach § 529 Abs. 1 Nr. 1, § 398 Abs. 1 ZPO erforderlich erneut zu vernehmen.
9 a) Das Berufungsgericht ist nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des Gerichts des ersten Rechtszuges gebunden. Bestehen allerdings Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil, ist in aller Regel eine erneute Beweisaufnahme geboten (vgl. BVerfG, NJW 2005, 1487; NJW 2011, 49 Rn. 14; Senatsbeschluss vom XI ZR 140/09, BKR 2010, 515, 516; , NJW-RR 2009, 1291 Rn. 5 und Beschluss vom XII ZR 18/11, NJW-RR 2012, 704 Rn. 6).
10 Zweifel in diesem Sinne bestehen, wenn das Berufungsgericht auf der Grundlage des Ergebnisses der Beweisaufnahme eine Beweislastentscheidung treffen will, sich das erstinstanzliche Gericht zur Glaubhaftigkeit der Aussagen von ihm vernommener Zeugen jedoch nicht geäußert hat und außer der Möglichkeit entgegengesetzter Interessen der Zeugen am Ausgang des Rechtsstreits eindeutige objektive Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der einen oder anderen Aussage fehlen (vgl. , W M 2013, 666 Rn. 10; Urteil vom V ZR 253/83, NJW-RR 1986, 285 f.). Sieht das Berufungsgericht unter solchen Umständen von der Wiederholung der Beweisaufnahme ab, liegt darin ein nach Art. 103 Abs. 1 GG relevanter Verstoß gegen § 529 Abs. 1 Nr. 1, § 398 Abs. 1 ZPO (vgl. BVerfG, NJW 2005, 1487; Senatsbeschluss vom XI ZR 140/09, BKR 2010, 515, 516; , VersR 2006, 949 Rn. 1 f.; Beschluss vom VIII ZR 3/09, NJW-RR 2009, 1291 Rn. 4 und Beschluss vom XII ZR 18/11, NJW-RR 2012, 704 Rn. 6).
11 b) Nach diesen Maßgaben ist Art. 103 Abs. 1 GG verletzt.
12 Das Landgericht hat zwar festgestellt, es bleibe letztlich "unaufklärbar", wer die Buchung am veranlasst habe. Zugleich hat es aber ausdrücklich festgehalten, es habe ein von ihm bezweifeltes Saldoanerkenntnis zum Jahresende 2008 unterstellt "[...] keine Überzeugung davon " gewinnen können, "dass der Beklagte mit dieser Buchung etwas zu tun" gehabt habe. Es hat wiederholt betont, es erscheine ihm "gut möglich", dass insoweit ein "Missbrauch des Kontos durch den untreuen Mitarbeiter [...] der Klägerin " vorgelegen habe. Seine Einschätzung hat es dahin zusammengefasst, es sei "[d]enkbar [...], dass der ehemali ge Filialleiter der Klägerin [...] für die Buchungen verantwortlich" sei und "diese zu dem Gesamtschaden gehör[t]en, den er angerichtet" habe. "Denkbar" sei ebenfalls, dass B. "sich Geld beschafft" habe "und dabei eigenmächtig oder auch im Zusammenwirken mit dem Beklagten Verfügungen" veranlasst habe. Weiter könne nicht ausgeschlossen werden, "dass der Beklagte zunächst mit den Verfügungen einverstanden" gewesen sei und später versucht habe, "die Vorgänge" um den ehemaligen Filialleiter der Klägerin auszunutzen, "um sich von seiner Zahlungspflicht zu befreien". Schließlich könne auch eine "Verwicklung" Dritter nicht ausgeschlossen werden.
13 Damit boten die landgerichtlichen Feststellungen, die sich einer Wertung dazu enthielten, wem Glauben zu schenken sei, keine hinreichende Grundlage für eine Beweislastentscheidung zum Nachteil des Beklagten. Dieser Mangel konnte nur dadurch behoben werden, dass das Berufungsgericht sich durch erneute Vernehmung des B. und des ehemaligen Filialleiters der Klägerin zu den Umständen der Buchung vom bzw. durch eine erneute Anhörung des Beklagten gemäß § 141 ZPO einen eigenen, unmittelbaren Eindruck von den Zeugen bzw. vom Beklagten verschaffte. Ohne von dieser Erkenntnismöglichkeit Gebrauch gemacht zu haben, durfte das Berufungsgericht nicht abschließend entscheiden, dass der Beklagte beweisfällig geblieben sei.
14 c) Das angefochtene Urteil beruht auf dem in der Verkennung der Voraussetzungen der § 529 Abs. 1 Nr. 1, § 398 Abs. 1 ZPO liegenden Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht auf der Grundlage seiner hier maßgeblichen Sicht (vgl. , WM 2004, 46, 47) zu einer abweichenden Entscheidung gelangt wäre, wenn es die Beweisaufnahme wiederholt hätte.
15 d) Das Berufungsurteil kann auch mit keiner anderen Begründung Bestand haben (, WM 2004, 46, 47 f.; Musielak/Ball, ZPO, 10. Aufl., § 543 Rn. 9k). Dass der Beklagte das Saldoanerkenntnis unter den Voraussetzungen des § 814 BGB abgegeben habe, was von der Klägerin darzutun und zu beweisen war (Oetker/Maultzsch, HGB, 2. Aufl., § 355 Rn. 79; Baumgärtel/Jährig, Handbuch der Beweislast BGB SchuldR BT III, 3. Aufl., § 812 Rn. 56) und was voraussetzte, dass der Beklagte positive Kenntnis davon hatte, aus dem kausalen Saldo zum Jahresschluss 2008 nicht verpflichtet zu sein, ist nicht festgestellt (vgl. , WM 1972, 283, 286; Staub/Canaris, HGB, 4. Aufl., § 355 Rn. 216; MünchKommHGB/Langenbucher, 2. Aufl., § 355 Rn. 104). Insbesondere hat sich das Berufungsgericht mit den Erklärungen des Beklagten anlässlich des Gesprächs am ausschließlich unter dem Gesichtspunkt eines Anerkenntnisses des Saldos als solchem befasst, aber nicht zugleich festgestellt, der Beklagte habe dabei die richtige rechtliche Wertung getroffen, der Klägerin nichts zu schulden (vgl. , WM 1972, 283, 286).
16 3. Da schon in der fehlerhaften Anwendung der § 529 Abs. 1 Nr. 1, § 398 Abs. 1 ZPO eine im Sinne des § 544 Abs. 7 ZPO relevante Gehörsverletzung liegt, auf der das Berufungsurteil beruht, kann offenbleiben, ob es einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG darstellt, wenn das Gericht unzureichenden Vortrag einer sekundär darlegungspflichtigen Partei (dazu sogleich unter III.1) nicht als Geständnis im Sinne des § 138 Abs. 3 ZPO wertet (offen BVerfG, NJW 1994, 848, 849).
III.
17 Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
18 1. Eine Bank, die als einen Aktivposten eines von ihr geltend gemachten kausalen negativen Saldos ein abstraktes Saldoanerkenntnis einführt, trifft, sofern der insoweit primär darlegungs- und beweisbelastete Saldoschuldner gegen das abstrakte Saldoanerkenntnis die Einrede der Bereicherung erhebt, eine sekundäre Darlegungslast zu den näheren Umständen von Einzelposten, die der durch die Feststellung des Überschusses untergegangenen kausalen Saldoforderung zugrunde lagen. Dies folgt daraus, dass dem Saldoschuldner auch nach Abgabe des abstrakten Saldoanerkenntnisses ein Auskunftsanspruch zu den näheren Umständen einzelner Buchungen zusteht (vgl. Senatsurteil vom XI ZR 183/00, WM 2001, 621 f.; , WM 1985, 1098, 1099 f.; Mayen in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 47 Rn. 95 und 86). Dieser Auskunftsanspruch muss nicht erst im Wege einer gesonderten Klage durchgesetzt werden, sondern strahlt unmittelbar auf die Anforderungen an den Sachvortrag der Bank aus (vgl. , WM 2005, 571, 573; Urteil vom III ZR 337/08, [...] Rn. 28; Balzer, Beweisaufnahme und Beweiswürdigung im Zivilprozess, 3. Aufl., Rn. 15 a.E.).
19 Ob die Klägerin ihrer sekundären Darlegungslast im Hinblick auf die Belastungsbuchung vom genügt hat, wird das Berufungsgericht zu überprüfen haben, bevor es eine Wiederholung der Beweisaufnahme in Betracht zu ziehen haben wird, weil im Sinne des § 138 Abs. 1 und 2 ZPO unzureichender Vortrag der Bank zur Geständnisfiktion des § 138 Abs. 3 ZPO führt (, WM 1996, 208, 211, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 131, 163 ff.; Baumgärtel/Laumen, Handbuch der Beweislast Grundlagen, 2. Aufl., § 15 Rn. 17 a.E.; Jäckel, Das Beweisrecht der ZPO, 2009, Rn. 36).
20 Umstände, die es der Klägerin ausnahmsweise erlaubten, sich auf § 138 Abs. 4 ZPO zu berufen (vgl. Senatsurteil vom XI ZR 183/00, W M 2001, 621, 622 f.; , W M 1994, 2192, 2194), hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Die Tatsache, dass der zuständige Filialleiter der Klägerin sich zu gleicher Zeit Untreuetaten zu deren Lasten schuldig machte, die mutmaßlich das Girokonto des Beklagten betrafen, genügt dafür nicht. Dass die Klägerin zur Erfüllung ihrer sekundären Darlegungslast, die nur einen Buchungsvorgang im Jahr 2008 anging, besonderen und kostenintensiven Aufwand treiben müsste, ist nicht ersichtlich.
21 2. Sollte das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin aus der Kontokorrentabrede verneinen, wird es sich mit dem von der Klägerin hilfsweise geltend gemachten Schadenersatzanspruch zu befassen haben.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
EAAAE-41062