BGH Beschluss v. - IX ZB 10/13

Insolvenzverfahren: Voraussetzungen einer Nachtragsverteilung

Gesetze: § 5 Abs 1 InsO, § 47 S 2 InsO, § 203 Abs 1 Nr 3 InsO, § 203 Abs 2 InsO

Instanzenzug: LG Verden Az: 3 T 80/12vorgehend AG Walsrode Az: 11 IK 192/10

Gründe

I.

1Das Insolvenzgericht hat nach Aufhebung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin gemäß § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO die Nachtragsverteilung hinsichtlich mehrerer Schmuckstücke im Wert von rund 23.200 € und einer Kapitallebensversicherung in Höhe von 35.721,20 € angeordnet. Hiergegen hat die Schuldnerin sofortige Beschwerde erhoben mit der Behauptung, Eigentümerin des Schmucks beziehungsweise Inhaberin der Rechte an der Versicherungsleistung sei ihre Tochter. Der Einzelrichter des Beschwerdegerichts hat die Beschwerde zurückgewiesen und wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache die Rechtsbeschwerde zugelassen.

II.

2Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

3Entscheidet der originäre Einzelrichter - wie hier - in einer Sache, der er rechtsgrundsätzliche Bedeutung beimisst, über die Beschwerde und lässt er die Rechtsbeschwerde zu, so ist die Zulassung wirksam. Auf die Rechtsbeschwerde unterliegt die Entscheidung jedoch wegen fehlerhafter Besetzung des Beschwerdegerichts der Aufhebung von Amts wegen, weil der Einzelrichter in Rechtssachen, denen er grundsätzliche Bedeutung beimisst, zwingend das Verfahren an das Kollegium zu übertragen hat. Bejaht er mit der Zulassungsentscheidung zugleich die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, ist seine Entscheidung objektiv willkürlich und verstößt gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (, BGHZ 154, 200, 201 ff; vom - IX ZB 298/11, ZInsO 2012, 1439 Rn. 3 mwN).

III.

4Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an den Einzelrichter zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO), damit er die gegebenenfalls nach § 568 Satz 2 ZPO erforderliche Übertragungsentscheidung treffen kann.

5Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die Zugehörigkeit eines nachträglich ermittelten Gegenstands zur Masse des noch laufenden (§ 203 Abs. 1 InsO) oder bereits aufgehobenen (§ 203 Abs. 2 InsO) Insolvenzverfahrens tatbestandliche Voraussetzung der Anordnung einer Nachtragsverteilung nach § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist. Sie kann deshalb nicht vom Insolvenzgericht offen gelassen und entsprechend § 47 Satz 2 InsO der Klärung im ordentlichen Verfahren überlassen werden. Vielmehr hat das Insolvenzgericht von Amts wegen die erforderlichen Ermittlungen anzustellen und kann dazu auch Beweise erheben (§ 5 Abs. 1 InsO). Das Recht eines Dritten, seine Berechtigung an dem Gegenstand vor den ordentlichen Gerichten zu verfolgen, bleibt davon unberührt.

Kayser                        Raebel                            Lohmann

                Grupp                         Möhring

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Fundstelle(n):
MAAAE-39867