BGH Beschluss v. - 4 StR 192/13

Einstellung des Strafverfahrens im Urteil wegen eines Verfahrenshindernisses: Keine Wiederaufnahme eines hinsichtlich einer Nebenstraftat vorläufig eingestellten Verfahrens

Gesetze: § 154 Abs 2 StPO, § 260 Abs 3 StPO

Instanzenzug: LG Magdeburg Az: 25 KLs 46/12

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen, davon in einem Fall unter Mitsichführen einer Schusswaffe, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt.

2Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

31. Das Verfahren in den Fällen II. 3 bis II. 6 der Urteilsgründe ist einzustellen.

4Dazu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom Folgendes ausgeführt:

„Die Revision ist teilweise begründet, da bezüglich der Fälle II. 3. bis 6. ein von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis vorliegt, das zur Teileinstellung gemäß § 260 Abs. 3 StPO - und damit verbunden auch zu einer Änderung des Schuldspruchs - führt. Hinsichtlich dieser Fälle (Ziffern 9. bis 16. der Anklageschrift vom ) hat das Landgericht durch Beschluss auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in der Hauptverhandlung vom vorläufig gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt (Bd. V, Bl. 84 d.A.).

In der Anklageschrift vom hatte die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten unter den Ziffern 1. bis 18. zur Last gelegt, in den Monaten von März 2011 bis November 2011 dem gesondert verfolgten    B.     2 Mal im Monat Betäubungsmittel, deren Art und Mengen genauer bezeichnet sind, verkauft zu haben (Bd. IV, Bl. 87 d.A.). Die Anklage geht bei der vorgenommenen Bezifferung ersichtlich von einer - einzig auch sinnvollen - chronologischen Reihenfolge aus. So werden etwa die Verkäufe im November 2011 ausdrücklich als Taten 17. und 18. bezeichnet.

Die nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellten Taten, Ziffer 9. bis 16. der Anklageschrift, betreffen daher die Betäubungsmittelverkäufe in den Monaten Juli, August, September und Oktober 2011. Dass die Strafkammer abweichend von der Chronologie der Anklage andere Taten hat einstellen wollen, ist weder den Urteilsgründen noch dem Protokoll der Hauptverhandlung zu entnehmen. Einer solchen Annahme widerspricht auch der am gleichen Tag erfolgte Antrag der Staatsanwaltschaft nach § 258 Abs. 1 StPO, der ausdrücklich auf die Bezifferung der Anklageschrift Bezug genommen hat (Bd. V, Bl. 84 d.A.). Daher steht der erfolgten Verurteilung in den Fällen II. 3. bis 6. der Urteilsgründe die vorläufige Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO, die mangels Wiederaufnahme des Verfahrens nach wie vor in Kraft ist, entgegen. Dies führt zur Teileinstellung des dem Beschluss vom nachfolgenden Verfahrens gemäß § 260 Abs. 3 StPO (vgl. Senat; Beschluss vom , 4 StR 85/00; ).

Das Urteil ist im Gesamtstrafenausspruch aufzuheben, da die Einzelstrafen für die Fälle II. 3. bis 6. aufgrund der vorzunehmenden Teileinstellung des Verfahrens entfallen. Trotz der nur sehr geringfügig über der Einsatzstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten liegenden Gesamtstrafe, ist nicht auszuschließen, dass die Strafkammer bei Berücksichtigung der erfolgten vorläufigen Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO von vier der acht verurteilten Taten eine noch geringere Gesamtfreiheitsstrafe ausgesprochen hätte.“

5Dem schließt sich der Senat an.

62. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der Sachrüge hat im Übrigen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

7Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat, dass die Erwägung der Strafkammer, zu Lasten des Angeklagten sei im Fall II. 8 der Urteilsgründe das Vorhandensein einer scharfen Schusswaffe zu berücksichtigen, im Hinblick auf § 46 Abs. 3 StGB keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet (vgl. Senatsurteil vom - 4 StR 537/01, NStZ 2002, 480 zu § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB).

II.

8Die Sache bedarf daher zum Gesamtstrafenausspruch neuer Verhandlung und Entscheidung.

9Infolge der Aufhebung und Zurückverweisung ist die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen die Kostenentscheidung erledigt.

10Zur fortbestehenden Anhängigkeit eines Teils der Tatvorwürfe beim Landgericht verweist der Senat auf Ziff. 4 der Zuschrift des Generalbundesanwalts sowie auf sein Urteil vom - 4 StR 245/00, BGHSt 46, 130, 138).

Mutzbauer                          Cierniak                          Franke

                       Bender                          Quentin

Fundstelle(n):
QAAAE-39844