BAG Urteil v. - 2 AZR 738/11

Kündigungsschutzklage - Streitgegenstand

Gesetze: § 4 S 1 KSchG, § 322 ZPO

Instanzenzug: ArbG Bielefeld Az: 4 Ca 1399/10 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen) Az: 19 Sa 1967/10 Urteilnachgehend Az: 1 BvR 1171/14 Beschluss

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier außerordentlicher Kündigungen.

2Der 1950 geborene Kläger war seit April 1977 bei der Beklagten tätig, zuletzt als Leiter Buchhaltung/Finanzen/Personal. Die Parteien führen seit Jahren eine Vielzahl von Bestands- und Vergütungsstreitigkeiten. Nachdem sich zuvor mehrere Kündigungen, die die Beklagte auf ihr bekannt gewordene Untreuehandlungen des Klägers und damit zusammenhängende Entscheidungen der Strafverfolgungsbehörden gestützt hatte, aus unterschiedlichen Gründen als unwirksam erwiesen hatten, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom erneut fristlos. Zur Begründung berief sie sich auf eine strafgerichtliche Verurteilung des Klägers zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung vom und auf Erklärungen, die dessen Verteidiger in der betreffenden Hauptverhandlung abgegeben hatte. Gegen diese Kündigung hat sich der Kläger in einem anderen Rechtsstreit gewandt, der beim Senat unter dem Aktenzeichen - 2 AZR 732/11 - geführt wird. Eine weitere, am erklärte fristlose Kündigung, die die Beklagte auf Äußerungen des Klägers über ihr steuerliches Verhalten gestützt hatte, ist in einem Vorprozess für unwirksam erklärt worden. Das betreffende ist rechtskräftig.

3Gegen seine strafgerichtliche Verurteilung durch das Amtsgericht legte der Kläger Berufung mit dem Ziel ein, eine Strafaussetzung zur Bewährung zu erreichen. Mit Urteil vom änderte das Landgericht das erstinstanzliche Urteil entsprechend ab. Daraufhin kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom erneut fristlos. Nachdem sie unter dem Abschriften des Urteils und des Protokolls der Verhandlung vom erhalten hatte, kündigte sie ein weiteres Mal.

4Gegen die beiden zuletzt genannten Kündigungen erhob der Kläger rechtzeitig die vorliegende Klage.

Er hat - zusammengefasst - beantragt

6Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Vorinstanzen haben dem Antrag der Beklagten entsprochen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Mit Urteil vom hat der Senat die gegen die Kündigung vom erhobene Klage abgewiesen.

Gründe

8Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage gegen die Kündigungen vom und vom zu Recht ohne materielle Prüfung abgewiesen. Die begehrte Feststellung scheitert zumindest daran, dass das Arbeitsverhältnis bereits aufgrund der außerordentlichen Kündigung der Beklagten vom geendet hat.

91. Einer Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG kann nur stattgegeben werden, wenn das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung nicht schon aufgrund anderer Tatbestände sein Ende gefunden hatte. Der Bestand des Arbeitsverhältnisses im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung ist Voraussetzung für die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst wurde ( - Rn. 13, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 73). Streitgegenstand einer Kündigungsschutzklage mit einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG ist, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien aus Anlass einer bestimmten Kündigung zu dem in ihr vorgesehenen Termin aufgelöst worden ist. Die begehrte Feststellung erfordert nach dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung eine Entscheidung über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt der Kündigung. Mit der Rechtskraft des der Klage stattgebenden Urteils steht deshalb fest, ob im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden hat oder nicht. Die Rechtskraft schließt gemäß § 322 ZPO im Verhältnis der Parteien zueinander eine hiervon abweichende gerichtliche Feststellung in einem späteren Verfahren aus ( - Rn. 13 mwN, aaO).

102. Der Senat hat im Verfahren - 2 AZR 732/11 - die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts bestätigt, mit der dieses die Kündigungsschutzklage des Klägers gegen die Kündigung vom abgewiesen hat. Mit der Verkündung dieses Senatsurteils steht rechtskräftig fest, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungen vom und vom nicht mehr bestanden hat. Diesem Ergebnis widerspricht nicht das - rechtskräftige - in dem festgestellt worden ist, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom nicht beendet worden ist. Bei dieser Entscheidung blieb die Frage, ob das Arbeitsverhältnis nicht bereits durch die Kündigung vom aufgelöst worden ist, zulässigerweise ausgeklammert (vgl.  -).

3. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

Fundstelle(n):
GAAAE-36716