OFD Frankfurt/M. - S 2332 A - 98 - St 211

Steuerliche Behandlung der Einnahmen von Ärzten in Kliniken und Krankenhäusern

Bezug:

1. Lohnsteuerliche Behandlung der Einnahmen von Chefärzten aus der Erbringung wahlärztlicher Leistungen im Krankenhaus –  ( BStBl 2006 II, 94)

Ob ein Chefarzt eines Krankenhauses wahlärztliche Leistungen selbständig oder unselbständig erbringt, beurteilt sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse. In der Regel bezieht ein angestellter Chefarzt mit den Einnahmen aus dem ihm eingeräumten Liquidationsrecht für die gesondert berechenbaren wahlärztlichen Leistungen nach dem BStBl 2006 II, 94) Arbeitslohn, wenn die wahlärztlichen Leistungen innerhalb des Dienstverhältnisses erbracht werden.

Als maßgebliche Abgrenzungskriterien für eine selbständige oder nichtselbständige Tätigkeit sind neben den allgemein zu beachtenden Merkmalen insbesondere zu würdigen, mit wem der Behandlungsvertrag über die wahlärztlichen Leistungen abgeschlossen wird und wer die Liquidation vornimmt.

Erfolgen der Abschluss des Behandlungsvertrages und die Liquidation durch das Krankenhaus, handelt es sich um Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit, werden sie dagegen durch den Chefarzt selbst vorgenommen, ist von einer selbständigen Tätigkeit auszugehen.

Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit liegen in der Regel auch vor, wenn der Abschluss des Behandlungsvertrages durch das Krankenhaus und die Liquidation durch den Chefarzt erfolgen oder umgekehrt.

Sofern die wahlärztlichen Leistungen im Rahmen einer nichtselbständigen Tätigkeit erbracht werden, ist der Lohnsteuerabzug nur von den Einnahmen vorzunehmen, die um die an das Krankenhaus abzuführenden Anteile (z. B. Nutzungsentgelte, Einzugsgebühren) und um die an die nachgeordneten Ärzte zu zahlenden Beiträge gekürzt sind.

Wenn ein Arbeitgeber zulässt, dass erhebliche Teile des Arbeitslohns von dritter Seite bezahlt werden und hierdurch die nach § 38 Abs. 1 Satz 1, § 39b EStG vorgesehene Lohnsteuereinbehaltungssystematik in einzelnen Anmeldungszeiträumen nicht mehr greift, müssen die Entrichtungsschulden – wie etwa auch in Fällen der Nachversteuerung versehentlich unversteuert belassener Lohnbestandteile – in späteren Anmeldungszeiträumen einbehalten werden. Die Pflicht des Arbeitgebers zur Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer etc. entfällt nicht deshalb, weil große Teile des Arbeitslohns von dritter Seite bezahlt werden, (EFG 2008, 1791–1795); (BFH/NV 2009, 1814); (EFG 2012, 319–324).

Hinweis der OFD:

Werden Zahlungen regelmäßig geleistet (z. B. vierteljährlich) und liegt ihnen der gleiche Abrechungszeitraum zugrunde, handelt es sich um laufenden Arbeitslohn i. S. R 115 Abs. 1 LStR. Der Umstand, dass die Zahlungen in der Höhe Schwankungen unterliegen, führt für sich gesehen noch nicht zu sonstigen Bezügen.

2. Gutachtertätigkeit/Gutachtergebühren von Ärzten in Kliniken

Bzgl. der Gutachten von Klinikärzten, die diese für Dritte erstellen, sind bei der Frage, ob es sich bei den Einnahmen aus dieser Tätigkeit um Einkünfte aus selbständiger oder aus nichtselbständiger Arbeit handelt, verschiedene Konstellationen zu unterscheiden. Allen Fällen ist jedoch gemeinsam, dass eine am Einzelfall orientierte Zuordnung unter Beachtung der allgemeinen Abgrenzungsmerkmale nach dem Gesamtbild der Verhältnisse vorgenommen werden muss. Besonders bedeutsam ist bei der Frage der Abgrenzung, ob die Gutachtertätigkeit innerhalb des Dienstverhältnisses erbracht wird (vgl. BStBl 2006 II, 94).

a. Gutachtertätigkeit von Chefärzten

Erstellen Chefärzte Gutachten für dem Klinikbetrieb nicht zugehörige Dritte (z. B. Krankenkassen, Berufsgenossenschaften), so ist für die steuerliche Behandlung der Einkünfte anhand der Gesamtumstände zu ermitteln, wie die Ausübung der Tätigkeit im konkreten Einzelfall erfolgt.

Für ein Ausüben der Tätigkeit innerhalb des Dienstverhältnisses und somit für das Vorliegen nichtselbständiger Arbeit spricht es hierbei zum Beispiel, wenn die Gutachteraufträge dem Chefarzt nicht direkt zugehen, sondern über die Klinikleitung an ihn weitergereicht werden und auch die Abrechnung der gutachtlichen Tätigkeit unter Mitwirkung der Klinik erfolgt.

Anhaltspunkte für das Vorliegen selbständiger Arbeit können dahingegen etwa darin gesehen werden, dass der Chefarzt dem Krankenhaus ein Entgelt für die Benutzung der zur Erstellung der Gutachten notwendigen Krankenhauseinrichtungen zahlt. Des Weiteren kann es für eine selbständige Tätigkeit des Chefarztes sprechen, wenn der Chefarzt selbst die Gutachten in seinem Namen und mit eigenem Briefkopf unterschreibt (vgl. ).

b. Gutachtertätigkeit von nachgeordneten Ärzten/Assistenzärzten

In der Praxis werden Gutachten häufig von bei der Klinik angestellten Assistenzärzten oder unter deren Mitwirkung erstellt.

Werden die Gutachten von den Assistenzärzten ohne Mitwirkung eines übergeordneten Arztes/Chefarztes gefertigt, ist die Einordnung der Gutachtertätigkeit als selbständige oder nichtselbständige Arbeit anhand der oben unter a) beschriebenen Kriterien vorzunehmen. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass Tarifverträge oder auch Einzelarbeitsverträge der Ärzte eine Pflicht zur Erstellung von Gutachten beinhalten können. Auf solche Regelungen ist insbesondere bei Universitätskliniken zu achten. Eine derartige Verpflichtung spricht dafür, dass das Erstellen des Gutachtens im Rahmen des Dienstverhältnisses erfolgt. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Übernahme der Nebentätigkeit nur in besonders begründeten Ausnahmefällen verweigert werden darf. In diesen Fällen ist für die Frage, ob die Gutachtertätigkeit im Rahmen des Dienstverhältnisses erfolgt, besonders bedeutsam, inwiefern eine Weisungsabhängigkeit der Assistenzärzte besteht.

Gleiches gilt im Übrigen auch für die Zuordnung der Einkünfte der angestellten Assistenzärzte, wenn die Erstellung des Gutachtens im Rahmen einer zugelassenen Nebentätigkeit eines Chefarztes erfolgt, der sich der Hilfe eines Assistenzarztes bedient, wenn tarifvertraglich oder arbeitsvertraglich eine Pflicht der Assistenzärzte zur Gutachtenerstellung besteht und diese Pflicht sich auch auf die Erstellung von Gutachten im Rahmen der Nebentätigkeit des Chefarztes erstreckt. Auch hier ist für die Zuordnung der Tätigkeit zum Dienstverhältnis das Vorliegen einer Weisungsabhängigkeit zu beachten.

Der Umstand, dass die nachgeordneten Ärzte eine besondere Vergütung für ihre Gutachtertätigkeit erhalten, ist für die Einordnung der Einkünfte als solche aus nichtselbständiger Arbeit unschädlich (vgl. ).

OFD Frankfurt/M. v. - S 2332 A - 98 - St 211

Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
MAAAE-36633