Betriebliche Altersversorgung - Übertragung einer Direktversicherung
Gesetze: § 1 BetrAVG, § 2 Abs 1 BetrAVG, § 2 Abs 2 S 2 BetrAVG, § 2 Abs 2 S 3 BetrAVG, § 17 Abs 3 BetrAVG, § 241 Abs 2 BGB, § 280 Abs 1 BGB, § 305c BGB
Instanzenzug: ArbG Neunkirchen Az: 2 Ca 887/09 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Saarland Az: 1 Sa 35/10 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die Fortführung einer Direktversicherung zu ermöglichen.
Der im November 1960 geborene Kläger war seit 1987 bis zum bei der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin als Pharmaberater tätig. Mit Schreiben vom teilte die Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Kläger mit:
Unter den beigefügten Unterlagen befand sich eine „Mitteilung über den Abschluß einer Direktversicherung“, die auszugsweise lautet:
Dem Schreiben waren außerdem der Versicherungsausweis und die sog. Versorgungsrichtlinien beigefügt. Diese bestimmen ua.:
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hatte im Dezember 1985 mit der C Lebensversicherungs-AG einen Gruppenversicherungsvertrag abgeschlossen, dem ua. „Obligatorische Vereinbarungen für die Gruppen-Direktversicherung“ zugrunde liegen, deren Nr. 6 auszugsweise lautet:
Mit Schreiben vom wandte sich der vormalige Prozessbevollmächtigte der Beklagten im Rahmen von Vergleichsverhandlungen anlässlich des Ausscheidens des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis an die vormalige Prozessbevollmächtigte des Klägers und teilte ua. mit:
7Mit seiner Klage hat der Kläger von der Beklagten verlangt, die Fortführung der Direktversicherung durch ihn zu ermöglichen. Darauf habe er nach Nr. 5a der Versorgungsrichtlinien einen Anspruch. Dieser werde nicht durch Nr. 5b der Versorgungsrichtlinien eingeschränkt, da die Regelung unverständlich und unklar sei. Selbst wenn der Beklagten gegenüber der Versicherungsgesellschaft das Recht zugestanden haben sollte, nach § 2 Abs. 2 BetrAVG die sog. versicherungsrechtliche oder die sog. arbeitsrechtliche Lösung zu wählen, habe sie sich ihm gegenüber verpflichtet, sich für die versicherungsrechtliche Lösung zu entscheiden. Jedenfalls folge aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, dass die Beklagte ihr Wahlrecht nicht willkürlich ausüben dürfe. Sie habe für ihre Wahl keine nachvollziehbaren Gründe dargelegt. Mit Schreiben vom habe sie seinen Fortführungswunsch akzeptiert. Der Fortführungsanspruch sei auch nicht wegen des Überschreitens der Frist des § 2 Abs. 2 BetrAVG unmöglich geworden. Die C Lebensversicherungs-AG sei inzwischen bereit, das Versicherungsverhältnis mit ihm fortzusetzen, wenn die Beklagte zustimme und er sich einer positiv ausfallenden Gesundheitsprüfung unterziehe.
8Sollte eine Fortführung der Versicherung durch ihn nicht möglich sein, habe ihm die Beklagte Schadensersatz zu leisten. Bei Fortführung des Versicherungsvertrags erhielte er mindestens eine Ablaufleistung iHv. 67.055,00 Euro zuzüglich eventueller Überschussanteile. Aufgrund der Beitragsfreistellung habe er allenfalls Versicherungsleistungen iHv. 36.374,00 Euro zu erwarten.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
10Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, aus Nr. 5a der Versorgungsrichtlinien ergebe sich kein Anspruch des Klägers auf Fortführung des Versicherungsvertrags. Nr. 5b der Versorgungsrichtlinien sehe ein ausdrückliches Bestimmungsrecht der Beklagten vor. Die gesamte Regelung in Nr. 5 der Versorgungsrichtlinien orientiere sich erkennbar an den gesetzlichen Bestimmungen des § 2 Abs. 2 BetrAVG. Danach habe der Arbeitgeber das Wahlrecht zwischen der sog. versicherungsrechtlichen und der sog. arbeitsrechtlichen Lösung. Die Wahl der versicherungsrechtlichen Lösung sei nicht möglich gewesen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorgelegen hätten. Im Übrigen habe die C Lebensversicherungs-AG einer Fortführung der Gruppenversicherung durch den Kläger als Privatperson nicht zugestimmt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit dem Hauptantrag abgewiesen und ihr mit dem Hilfsantrag stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat - unter Zurückweisung der Berufung des Klägers - auf die Berufung der Beklagten die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.
Gründe
12Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die zulässige Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch darauf, dass diese ihm durch die Wahl der versicherungsrechtlichen Lösung und Abgabe der dazu erforderlichen Erklärungen die beitragspflichtige Fortführung der Direktversicherung ermöglicht. Die Beklagte schuldet dem Kläger auch keinen Schadensersatz, da sie sich durch die beitragsfreie Fortführung der Direktversicherung nicht pflichtwidrig verhalten hat.
13I. Die Klage ist zulässig; allerdings bedürfen die Klageanträge der Auslegung.
141. Klageanträge sind der Auslegung durch das Revisionsgericht zugänglich. Maßgeblich sind dabei die für die Willenserklärungen des bürgerlichen Rechts entwickelten Grundsätze. Entsprechend § 133 BGB ist nicht am buchstäblichen Sinn des in der Prozesserklärung gewählten Ausdrucks zu haften, vielmehr ist der in der Erklärung verkörperte Wille zu ermitteln. Im Zweifel sind Prozesserklärungen dahin auszulegen, dass das gewollt ist, was aus Sicht der Prozessparteien nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht. Dabei sind die schutzwürdigen Belange des Erklärungsadressaten zu berücksichtigen (vgl. - Rn. 29). Das Gericht ist gehalten, Klageanträge nach Möglichkeit so auszulegen, dass eine Sachentscheidung über sie ergehen kann ( - Rn. 12 mwN).
152. Danach ergibt die Auslegung der Klageanträge, dass die Anträge zu 1. und 2. als einheitlicher Hauptantrag zu verstehen sind, gerichtet auf die Verurteilung der Beklagten, die versicherungsrechtliche Lösung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG zu wählen und die hierfür erforderlichen Erklärungen gegenüber der C Lebensversicherungs-AG abzugeben, um die beitragspflichtige Fortführung der Direktversicherung durch den Kläger zu ermöglichen; hilfsweise für den Fall, dass diesem Hauptantrag nicht entsprochen wird, soll festgestellt werden, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm jeden Schaden zu ersetzen, der ihm aufgrund der Beitragsfreistellung des Direktversicherungsvertrags entsteht.
16a) Bei der Auslegung der Hauptanträge ist zu berücksichtigen, dass für die Fortführung einer Direktversicherung durch den Arbeitnehmer zwei Möglichkeiten denkbar sind. Es kommt zum einen in Betracht, dass der Kläger von der Beklagten die Wahl der versicherungsrechtlichen Lösung nach § 2 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG und die Abgabe der dazu nach § 2 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 BetrAVG erforderlichen Erklärungen begehrt. Der Wille des Klägers kann zum anderen darauf gerichtet sein, dass ihm die Versicherung vollständig übertragen wird und er in die Position des Versicherungsnehmers einrückt (vgl. - Rn. 19 ff., NZA 2012, 1117).
17Der Kläger will die Direktversicherung beitragspflichtig zu seinen Gunsten fortführen können, um im Versicherungsfall die volle Versicherungsleistung von der Versicherungsgesellschaft zu erhalten. Dieses Ziel könnte zwar grundsätzlich auch dadurch erreicht werden, dass ihm die Direktversicherung übertragen und er Versicherungsnehmer wird. Dies bedürfte allerdings nicht nur der Zustimmung der Beklagten als bisheriger Versicherungsnehmerin, sondern auch der Zustimmung der C Lebensversicherungs-AG als Versicherer (vgl. § 415 Abs. 1 BGB). Dies kann der Kläger mit dem vorliegenden Rechtsstreit jedoch nicht erreichen, da er ausschließlich die Beklagte in Anspruch genommen hat, nicht jedoch die C Lebensversicherungs-AG. Das mit dem Hauptantrag verfolgte Klagebegehren ist daher so zu verstehen, dass die Beklagte verurteilt werden soll, die versicherungsrechtliche Lösung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG zu wählen und die hierfür erforderlichen Erklärungen gegenüber der C Lebensversicherungs-AG abzugeben. Die Ausübung dieses Wahlrechts bedarf nicht der Zustimmung der Versicherungsgesellschaft.
18b) Der Hilfsantrag ist dahingehend auszulegen, dass er für den Fall des Unterliegens mit dem Hauptantrag gestellt wird. Nur bei diesem Verständnis steht der Antrag unter einer zulässigen innerprozessualen Bedingung.
193. So ausgelegt ist der Hauptantrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dem steht nicht entgegen, dass in dem Antrag die von der Beklagten vorzunehmenden Handlungen und die von ihr abzugebenden Erklärungen nicht näher bezeichnet sind. Dies ist nicht erforderlich. Ist ein Klageantrag auf Vornahme einer Handlung gerichtet, muss er nur den erstrebten Erfolg konkretisieren und nicht die zur Erreichung des Erfolgs vorzunehmende Handlung (vgl. - zu I 2 der Gründe, BAGE 88, 63).
20II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch darauf, dass diese gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG die versicherungsrechtliche Lösung wählt und die hierfür nach § 2 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 BetrAVG erforderlichen Erklärungen gegenüber der C Lebensversicherungs-AG abgibt, um die beitragspflichtige Fortsetzung der Direktversicherung zu seinen Gunsten zu ermöglichen. Da die Beklagte sich durch die beitragsfreie Fortführung der Direktversicherung nicht pflichtwidrig verhalten hat, stehen dem Kläger auch keine Schadensersatzansprüche zu.
211. Aus § 2 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG ergibt sich kein Anspruch des Klägers darauf, dass die Beklagte die versicherungsrechtliche Lösung wählt und die dazu erforderlichen Erklärungen gegenüber der C Lebensversicherungs-AG abgibt, um ihm die beitragspflichtige Fortführung der Direktversicherung zu ermöglichen.
22a) Bei der Direktversicherung eröffnet das Gesetz dem Arbeitgeber zwei Wege, um unverfallbare Versorgungsanwartschaften aufrechtzuerhalten. Grundsätzlich gilt gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 iVm. Abs. 1 BetrAVG die gleiche Regelung wie bei Direktzusagen, so dass die für den Versorgungsfall vorgesehene fiktive Vollleistung zeitanteilig zu kürzen ist. Soweit die nach dem Versicherungsvertrag bereits geleisteten Beiträge nicht ausreichen, um den so errechneten Teilanspruch zu finanzieren, hat der vorzeitig ausgeschiedene Arbeitnehmer einen Ergänzungsanspruch gegen den Arbeitgeber gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG. An Stelle dieser ratierlichen Berechnung nach der sog. arbeitsvertraglichen Lösung kann der Arbeitgeber unter den in § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 3, Satz 3 BetrAVG geregelten Voraussetzungen die sog. versicherungsrechtliche Lösung wählen (vgl. zu diesen Begrifflichkeiten - zu III 2 der Gründe, BAGE 52, 287). Die Wahl der versicherungsrechtlichen Lösung bewirkt, dass sich der Anspruch des Arbeitnehmers im Verhältnis zum Arbeitgeber auf die von dem Versicherer aufgrund des Versicherungsvertrags zu erbringende Versicherungsleistung beschränkt, dh. auf die Leistung, die sich aus der beitragsfreien Direktversicherung ergibt (vgl. etwa Höfer BetrAVG Stand August 2012 § 2 Rn. 3156). Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG hängt die Anwendung der versicherungsrechtlichen Lösung von einem Verlangen des Arbeitgebers ab. Nur der Arbeitgeber hat daher - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 3, Satz 3 BetrAVG - die Möglichkeit, statt der arbeitsvertraglichen Lösung die versicherungsrechtliche Lösung zu wählen (FCK/Jumpertz 13. Aufl. § 2 Rn. 22).
23Diese Wahlmöglichkeit ist eine Regelung zugunsten des Arbeitgebers (vgl. BT-Drucks. 7/1281 S. 25 f.). Bei einer Direktversicherung wird häufig das bis zum vorzeitigen Ausscheiden des Arbeitnehmers angesammelte geschäftsplanmäßige Deckungskapital des Versicherers - und dementsprechend auch die nach dem Versicherungsvertrag dem Arbeitnehmer zustehende Leistung - für die Erfüllung des ratierlich berechneten Anspruchs des vorzeitig mit unverfallbarer Anwartschaft ausgeschiedenen Arbeitnehmers nicht ausreichen. Die Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG soll dem Arbeitgeber - wenn er die in § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 3 BetrAVG geregelten „sozialen Auflagen“ erfüllt - die Möglichkeit geben, den Anspruch des ausgeschiedenen Arbeitnehmers durch Wahl der versicherungsrechtlichen Lösung der Höhe nach gleichwohl auf den nach dem Versicherungsvertrag bestehenden Anspruch zu beschränken und die Ergänzungshaftung zu vermeiden. Durch die Wahlmöglichkeit soll dem Arbeitgeber insbesondere auch der Abschluss von Direktversicherungen für bereits längere Zeit im Unternehmen beschäftigte Arbeitnehmer erleichtert werden (vgl. BT-Drucks. 7/1281 S. 26). Aus dieser Zwecksetzung des § 2 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG folgt, dass der Arbeitgeber in seiner Wahl grundsätzlich frei ist und keinen inhaltlichen Bindungen unterliegt. Er kann sich daher insbesondere auch für die dem Arbeitnehmer ungünstigere Lösung entscheiden (vgl. etwa Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto BetrAVG 5. Aufl. § 2 Rn. 255; Höfer BetrAVG Stand August 2012 § 2 Rn. 3203). Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem in § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 BetrAVG angesprochenen Recht des ausgeschiedenen Arbeitnehmers zur Fortsetzung der Versicherung mit eigenen Beiträgen. Dieses Fortsetzungsrecht ist Tatbestandsvoraussetzung der Wahlmöglichkeit des Arbeitgebers. Die Vorschrift räumt dem Arbeitnehmer keinen Anspruch ein.
24b) Die Beklagte ist zur Wahl der versicherungsrechtlichen Lösung auch deshalb nicht verpflichtet - und wäre hierzu auch nicht berechtigt -, weil die in § 2 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 BetrAVG geregelten Voraussetzungen für die Wahlmöglichkeit nicht vorliegen.
25Es kann dahin stehen, ob dem Kläger ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt wurde oder sein Bezugsrecht innerhalb von drei Monaten seit seinem Ausscheiden unwiderruflich geworden ist und damit die erste sog. soziale Auflage iSd. § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BetrAVG erfüllt ist. Die Wahlmöglichkeit der Beklagten scheitert jedenfalls daran, dass nach Nr. 6 der „Obligatorischen Vereinbarungen für die Gruppen-Direktversicherung“ zwischen der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin und der C Lebensversicherungs-AG die Überschussanteile entgegen § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BetrAVG nicht vom Beginn der Versicherung an zur Verbesserung der Versicherungsleistung zu verwenden waren, sondern alljährlich mit den fälligen Beiträgen verrechnet wurden. Eine solche Verrechnung dient nicht der Verbesserung der Versicherungsleistung, sondern kommt ausschließlich dem Arbeitgeber zugute (vgl. etwa Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto BetrAVG 5. Aufl. § 2 Rn. 217; Höfer BetrAVG Stand August 2012 § 2 Rn. 3243).
262. Ein Anspruch des Klägers auf Wahl der versicherungsrechtlichen Lösung kann auch nicht aus einer Vereinbarung der Parteien hergeleitet werden. Zwar ist es grundsätzlich möglich, dass sich der Arbeitgeber arbeitsvertraglich aufgrund der Versorgungszusage zur Wahl einer bestimmten Lösung verpflichtet (vgl. etwa Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto BetrAVG 5. Aufl. § 2 Rn. 255). Da nach § 17 Abs. 3 BetrAVG von § 2 BetrAVG durch einzelvertragliche Vereinbarung nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden darf, kann eine solche Vereinbarung allerdings nur dann wirksam getroffen werden, wenn entweder die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 BetrAVG erfüllt sind oder der Arbeitgeber sich zusätzlich verpflichtet, im Versorgungsfall für die mögliche Differenz zwischen den sich nach der versicherungsrechtlichen Lösung ergebenden Ansprüchen und denjenigen Ansprüchen des Arbeitnehmers, die sich aufgrund der sog. arbeitsrechtlichen Lösung ergeben, aufzukommen. Eine solche Verpflichtung ist die Beklagte nicht eingegangen. Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt die Auslegung von Nr. 5a Satz 2 der Versorgungsrichtlinien nicht, dass die Beklagte unabhängig von den in § 2 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 BetrAVG geregelten Voraussetzungen verpflichtet wäre, dem Kläger durch die Wahl der versicherungsrechtlichen Lösung die beitragspflichtige Fortführung der Direktversicherung zu ermöglichen.
27a) Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei den Versorgungsrichtlinien, die dem Kläger als Anlage zum Schreiben vom übermittelt worden sind, um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern diejenigen des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Ausgangspunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Parteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten ( - Rn. 21; - 3 AZR 83/09 - Rn. 20 mwN, BAGE 136, 374). Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Landesarbeitsgericht ist vom Revisionsgericht uneingeschränkt zu überprüfen ( - Rn. 22).
28b) Danach hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, dass aus Nr. 5a Satz 2 der Versorgungsrichtlinien kein uneingeschränktes Recht des Klägers auf Fortsetzung der Direktversicherung unabhängig von den in § 2 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 BetrAVG geregelten Voraussetzungen zur Wahl der versicherungsrechtlichen Lösung folgt. Nr. 5a Satz 2 der Versorgungsrichtlinien beschreibt lediglich die sich bei der Wahl der versicherungsrechtlichen Lösung durch die Beklagte aus dem Betriebsrentengesetz für den Kläger ergebende Möglichkeit. Ansprüche des Klägers, die über die Vorschriften des Betriebsrentengesetzes hinausgehen, werden durch die Regelung nicht begründet.
29aa) Schon aus dem Wortlaut von Nr. 5a Satz 2 der Versorgungsrichtlinien ergibt sich kein unbeschränktes Fortsetzungsrecht des Klägers im Verhältnis zur Beklagten. In Nr. 5a Satz 2 der Versorgungsrichtlinien heißt es: „Sie haben dann das Recht, die Versicherung sowohl beitragsfrei als auch mit eigenen Beiträgen beitragspflichtig fortzusetzen“. Satz 2 nimmt durch die Verwendung des Wortes „dann“ erkennbar auf den vorangehenden Satz 1 Bezug. Das Fortsetzungsrecht ist nach dieser Formulierung Folge des in Satz 1 geregelten Tatbestands. Das in Satz 2 angesprochene Fortsetzungsrecht setzt danach voraus, dass der in Satz 1 geregelte Fall des Ausscheidens des Klägers unter Erfüllung der Voraussetzungen für die Unverfallbarkeit mit der Folge vorliegt, dass die Ansprüche des Klägers auf diejenigen Leistungen begrenzt sind, die vom Versicherer aufgrund des Versicherungsvertrags nach dem vorhandenen Wert zu erbringen sind. Durch diese Formulierung wird erkennbar, dass ein Recht auf Fortsetzung nur „dann“ und nicht etwa in jedem Fall bestehen soll.
30bb) Insbesondere aus dem Gesamtzusammenhang der Regelungen in Nr. 5 der Versorgungsrichtlinien folgt, dass dem Kläger durch Nr. 5a Satz 2 der Versorgungsrichtlinien kein von § 2 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG unabhängiges Recht zur Fortführung der Versicherung eingeräumt werden sollte. Die Regelungen beruhen ersichtlich auf § 2 Abs. 2 BetrAVG und geben die danach bestehenden Möglichkeiten wieder.
31(1) Der Regelung in Nr. 5a der Versorgungsrichtlinien liegen erkennbar die Vorschriften des Betriebsrentengesetzes zugrunde.
32Bereits der in Satz 1 verwendete Begriff der Unverfallbarkeit ist in den Versorgungsrichtlinien selbst nicht definiert, so dass zur Begriffsbestimmung und zum Verständnis der Regelung auf die Vorschriften des Betriebsrentengesetzes zurückgegriffen werden muss. Nr. 5a Satz 1 der Versorgungsrichtlinien greift zudem die schon bei Erteilung der Versorgungszusage am geltende Regelung der versicherungsrechtlichen Lösung in § 2 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG auf, indem in Übereinstimmung mit der gesetzlichen Vorschrift bestimmt wird, dass die Ansprüche des Klägers auf die Leistungen begrenzt sind, die vom Versicherer aufgrund des Versicherungsvertrags zu erbringen sind.
33Dies wird durch Nr. 5a Satz 2 der Versorgungsrichtlinien bestätigt, der mit § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 BetrAVG übereinstimmt, sowie durch die Regelung in Nr. 5a Satz 3 der Versorgungsrichtlinien, die auf die gesetzlichen Bestimmungen zum Abtretungs-, Beleihungs- und Rückkaufverbot und somit auf § 2 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG hinweist.
34(2) Auch der Regelung in Nr. 5b der Versorgungsrichtlinien liegen erkennbar die Vorschriften des § 2 Abs. 2 BetrAVG zugrunde. Der Eingangshalbsatz von Nr. 5b gibt das in § 2 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG vorgesehene Wahlrecht des Arbeitgebers wieder und betont, dass dieser bestimmen kann, ob sich die Ansprüche des Arbeitnehmers nach der in Nr. 5a der Versorgungsrichtlinien genannten versicherungsrechtlichen Lösung richten. Im Übrigen wird in Nr. 5b der Versorgungsrichtlinien der sich aus § 2 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG ergebende ratierliche Anspruch der arbeitsvertraglichen Lösung beschrieben.
35(3) Die weiteren Regelungen der Nr. 3a der Versorgungsrichtlinien hinsichtlich der zum Zeitpunkt der Versorgungszusage geltenden Unverfallbarkeitsvoraussetzungen (vgl. § 1 Abs. 1 BetrAVG in der vom bis gültigen Fassung vom ) sowie der Nr. 4 der Versorgungsrichtlinien hinsichtlich der vorzeitigen Altersleistung (vgl. § 6 BetrAVG in der vom bis gültigen Fassung vom ) orientieren sich ebenfalls erkennbar am Betriebsrentengesetz. Nr. 6 der Versorgungsrichtlinien nimmt im Hinblick auf die Insolvenzsicherung unverfallbarer Ansprüche ausdrücklich die gesetzlichen Bestimmungen in Bezug.
36(4) Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Regelungen in § 2 Abs. 2 BetrAVG ergibt sich daher unzweifelhaft, dass Nr. 5a Satz 2 der Versorgungsrichtlinien dem Kläger kein uneingeschränktes Recht zur Fortführung der Direktversicherung einräumt, das die Beklagte zur Wahl der versicherungsrechtlichen Lösung verpflichtet, sondern dass lediglich deklaratorisch die sich bei deren Wahl für den Kläger aus dem Betriebsrentengesetz ergebende Möglichkeit wiedergegeben wird. Weitergehende Ansprüche des Klägers sollen dadurch nicht begründet werden.
37c) Im Hinblick auf dieses Auslegungsergebnis ist für die Anwendung der nunmehr in § 305c Abs. 2 BGB kodifizierten Unklarheitenregel, die bereits vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes galt (vgl. - Rn. 29, AP BetrAVG § 2 Nr. 58 = EzA BetrAVG § 2 Nr. 30) kein Raum. Diese kommt erst in Betracht, wenn nach Ausschöpfen aller Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel verbleibt (vgl. - Rn. 40 mwN, AP BetrAVG § 1 Auslegung Nr. 13 = EzA BetrAVG § 1 Betriebsvereinbarung Nr. 9). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
383. Entgegen der Auffassung des Klägers folgt auch aus dem Gesichtspunkt der nachwirkenden Fürsorgepflicht kein Anspruch auf Ermöglichung der Fortsetzung der Direktversicherung durch Wahl der versicherungsrechtlichen Lösung und Abgabe der dazu erforderlichen Erklärungen.
39a) Aus § 241 Abs. 2 BGB folgt zwar, dass der Arbeitgeber im Rahmen seiner vertraglichen Schutz- und Rücksichtnahmepflicht auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen hat. Die Schutz- und Rücksichtnahmepflichten können gegebenenfalls auch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus wirken (vgl. - Rn. 35 mwN, BAGE 136, 156).
40b) Vorliegend besteht jedoch keine nachwirkende Pflicht der Beklagten gemäß § 241 Abs. 2 BGB, die versicherungsrechtliche Lösung zu wählen und die dazu erforderlichen Erklärungen abzugeben, um die beitragspflichtige Fortsetzung der Direktversicherung zugunsten des Klägers zu ermöglichen. Dagegen spricht bereits, dass nach der Konzeption des § 2 Abs. 2 BetrAVG der Arbeitgeber bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 3, Satz 3 BetrAVG frei entscheiden kann, welche Lösung er wählt. Dieser gesetzlich gewährleisteten Entscheidungsfreiheit steht eine nachwirkende Pflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB zur Wahl einer bestimmten Lösung grundsätzlich entgegen. Im Übrigen wäre die Beklagte zur Wahl der versicherungsrechtlichen Lösung auch deshalb nicht verpflichtet, weil die in § 2 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 BetrAVG geregelten Voraussetzungen für die Wahlmöglichkeit nicht gegeben sind und sie sich der Differenzhaftung nach der arbeitsrechtlichen Lösung daher nicht entziehen kann. Deshalb ist die Beklagte auch nicht verpflichtet, der Übernahme des Direktversicherungsvertrags durch den Kläger zu den in dem Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom und in dem Schreiben der C Lebensversicherungs- genannten geänderten Bedingungen zuzustimmen, um ihm auf diesem Wege die beitragspflichtige Fortführung zu ermöglichen.
414. Der geltend gemachte Anspruch lässt sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht aus dem Schreiben des vormaligen Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom herleiten. In diesem Schreiben wurde lediglich die Prüfung etwaiger Ansprüche im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung angekündigt und für den Fall, dass dem Kläger Ansprüche auf Übertragung von Versicherungen zustehen sollten, deren Erfüllung in Aussicht gestellt.
425. Der Hilfsantrag, der dem Senat aufgrund der Abweisung des Hauptantrags zur Entscheidung anfällt, ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1, § 241 BGB. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die beitragspflichtige Fortsetzung der Direktversicherung zugunsten des Klägers zu ermöglichen. Sie hat sich daher durch die beitragsfreie Fortführung der Direktversicherung nicht pflichtwidrig iSd. § 280 Abs. 1 BGB verhalten.
III. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
QAAAE-35544