BGH Beschluss v. - 4 StR 28/13

Instanzenzug:

Gründe

1 Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt und das bei der Tat verwendete Messer eingezogen. Mit seiner nicht weiter ausgeführten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung des formellen und des materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2 1. Der Senat hat mit Zustimmung des Generalbundesanwalts den Vorwurf der Bedrohung nach § 154a Abs. 2 StPO von der Verfolgung ausgenommen, weil er neben der begangenen gefährlichen Körperverletzung nicht beträchtlich ins Gewicht fällt. Da die tateinheitlich begangene Bedrohung vom Landgericht bei der Strafbemessung nicht zum Nachteil des Angeklagten herangezogen worden ist, kann der Senat ausschließen, dass eine noch mildere Freiheitsstrafe verhängt worden wäre.

3 2. Das Urteil kann jedoch keinen Bestand haben, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist. Die Feststellungen zum Alkoholkonsum des Angeklagten drängten zu der Prüfung, ob die Voraussetzungen einer Unterbringung nach § 64 StGB gegeben sind.

4 Der zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung 52 Jahre alte Angeklagte trinkt hauptsächlich am Wochenende Bier und Wodka. Seit acht Jahren ist er überwiegend arbeitslos und lebt von öffentlicher Unterstützung. Er hat bereits mehrfach in alkoholisiertem Zustand die Kontrolle über sich verloren und ist aggressiv geworden. Dabei geriet er sowohl mit seiner Lebensgefährtin, als auch mit Dritten aneinander (UA 3). Seiner Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung im Jahr 2005 lag ein in alkoholisiertem Zustand begangener Übergriff zugrunde. Bei der abgeurteilten Tat, einer Körperverletzung unter Verwendung eines Messers, war der Angeklagte erheblich alkoholisiert (Tatzeit-BAK: 2,48 Promille). Das Landgericht hat deshalb die Voraussetzungen des § 21 StGB nicht ausschließbar für gegeben erachtet (UA 9). Vor der Hauptverhandlung hat sich der Angeklagte für eine Alkoholtherapie in eine Tagesklinik begeben (UA 4).

5 Diese Feststellungen legen nahe, dass der Angeklagte einen Hang im Sinne des § 64 Satz 1 StGB hat, alkoholische Getränke im Übermaß zu sich zu nehmen (vgl. , Rn. 2; Beschluss vom - 1 StR 406/03, NStZ-RR 2004, 39, 40) und die abgeurteilte Tat hierauf zurückgeht (vgl. , NJW 1990, 3282, 3283). Die mitgeteilte Vorstrafe und das in der Vergangenheit zu beobachtende aggressive Verhalten nach dem Konsum von Alkohol deuten darauf hin, dass ihm auch die für eine Maßnahme nach § 64 StGB erforderliche Gefährlichkeitsprognose zu stellen ist (vgl. , NStZ 1994, 280). Die freiwillige Aufnahme einer Alkoholtherapie kann Ausdruck eines gefestigten Therapiewillens sein und für die Annahme einer positiven Behandlungsprognose im Sinne des § 64 Satz 2 StGB sprechen.

6 Eine Erörterung des § 64 StGB ist hier auch nicht deshalb entbehrlich, weil für die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ein begrenztes Ermessen ("soll") eingeräumt ist. Will der Tatrichter von einer Maßregel nach § 64 StGB in Ausübung seines Ermessens absehen, muss er die dafür maßgeblichen Gründe mitteilen und seine Ermessensentscheidung für das Revisionsgericht nachprüfbar machen ().

7 Der Umstand, dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, steht einer Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht entgegen (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen.

8 Der Senat kann ausschließen, dass das Landgericht bei Anordnung der Unterbringung eine geringere Strafe verhängt hätte. Die Sache wird an eine allgemeine Strafkammer zurückverwiesen, weil der die Zuständigkeit des Schwurgerichts begründende Tatvorwurf weggefallen ist (vgl. , Rn. 9).

9 Der Schriftsatz des Verteidigers des Angeklagten vom hat vorgelegen.

Fundstelle(n):
EAAAE-33163