BAG Urteil v. - 6 AZR 608/11

(Sonderliquidationsverfahren für öffentliche Unternehmen nach griechischem Recht - Betriebsübergang - Vollmachtsstatut - keine Zurückweisung der Betriebsratsanhörung nach § 174 S 1 BGB)

Gesetze: § 613a Abs 1 S 1 BGB, § 180 S 1 BGB, § 180 S 2 BGB, § 177 Abs 1 BGB, § 174 S 1 BGB, § 102 Abs 1 BetrVG, § 102 Abs 2 S 1 BetrVG

Instanzenzug: Az: 31 Ca 779/10 Urteilvorgehend LArbG Berlin-Brandenburg Az: 15 Sa 735/11 Urteil

Tatbestand

1Die Klägerin will vorrangig festgestellt wissen, dass ihr Arbeitsverhältnis auf die Beklagte zu 3. übergegangen ist. Die Klägerin und die Beklagte zu 1. streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis durch eine ordentliche, auf betriebliche Gründe gestützte Kündigung beendet wurde.

2Die Beklagte zu 1., eine Aktiengesellschaft griechischen Rechts mit Sitz in Athen, ist eine ehemalige Fluggesellschaft, deren Hauptanteilseigner der griechische Staat ist. Sie unterhielt in Deutschland eine Niederlassung in F mit 36 Arbeitnehmern. Daneben beschäftigte sie weitere 33 Arbeitnehmer in den Stationen B, D, M und S. Keiner dieser Arbeitnehmer war im Flugbetrieb eingesetzt. Sie betreuten vielmehr den Bodenbetrieb des Flugverkehrs der Beklagten zu 1. von und nach Deutschland. Dazu gehörte ein Teil der Aufgaben der flughafenbezogenen Abfertigung von Passagieren und Fracht. Die Arbeitnehmer gaben zB Tickets aus, reservierten Sitzplätze, betreuten die Passagiere und Reisebüros und rechneten gegenüber Frachtkunden ab. An allen Standorten bestand ein Betriebsrat, zudem war ein Gesamtbetriebsrat gebildet.

3Der griechische Staat erbrachte gegenüber der Beklagten zu 1. wiederholt Leistungen, um den Flugbetrieb aufrechtzuerhalten. Die Europäische Kommission leitete deshalb mehrere Verfahren wegen unionsrechtswidriger Beihilfen ein. Im Jahr 2008 unterrichtete Griechenland die Europäische Kommission nach Art. 88 Abs. 3 EG (jetzt: Art. 108 Abs. 3 AEUV) über Pläne, bestimmte Vermögenswerte ua. der Beklagten zu 1. an die P S.A. zu verkaufen und danach die Beklagte zu 1. zu liquidieren. Im September 2008 entschied die Europäische Kommission, dass die gemeldete Maßnahme keine staatliche Beihilfe iSv. Art. 87 Abs. 1 EG (jetzt: Art. 107 Abs. 1 AEUV) sei.

Der griechische Gesetzgeber verabschiedete mit Wirkung vom das Gesetz 3710/2008. Mit dessen Art. 40 wurde in das Gesetz 3429/2005 Art. 14 A eingefügt. Art. 14 A des Gesetzes 3429/2005 lautet in der beglaubigten Übersetzung auszugsweise:

5Im Rahmen des Privatisierungsverfahrens stellte die Beklagte zu 1. den Flugbetrieb weltweit Ende September 2009 ein. Anschließend nahm die P S.A. den Flugbetrieb in Griechenland auf, ohne Ziele von und nach Deutschland anzusteuern. Die P S.A. firmierte Anfang Oktober 2009 in O S.A. - die Beklagte zu 3. - um. Die Beklagte zu 3. beschäftigt in Deutschland keine Arbeitnehmer und unterhält in der Bundesrepublik keine Betriebsräume. Sie bietet auch keine Flugverbindungen von, in und nach Deutschland an, bediente jedoch seit einige der zuvor von der Beklagten zu 1. im Ausland angebotenen Flugverbindungen. Die Beklagte zu 3. erwarb vom griechischen Staat die Lizenzrechte an der Marke „O“. Der Flughafenkoordinator hatte ihr Anfang September 2009 auf ihren Antrag sog. Slots - dh. Zeitnischen für das Starten und Landen - für den Flughafen in F von der Beklagten zu 1. übertragen. Diese Slots wurden ihr am wieder entzogen, weil inzwischen bekannt geworden war, dass sie keine Flüge von und nach Deutschland anbieten würde. Die Slots wurden einer anderen Fluggesellschaft zugewiesen.

6Auf Antrag der Griechischen Republik vom unterstellte das Berufungsgericht Athen (Efeteio) die Beklagte zu 1. mit Beschluss vom der Sonderliquidation nach dem durch Art. 40 des Gesetzes 3710/2008 eingefügten Art. 14 A des Gesetzes 3429/2005. Das Gericht setzte die E S.A., eine Aktiengesellschaft griechischen Rechts mit Sitz in Athen, als Liquidatorin ein. Bereits am war in der Zeitung der Regierung der Griechischen Republik (Band Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Bl. Nr. 3847) ein Protokoll des Verwaltungsrats der E S.A. veröffentlicht worden. Danach hatte dieser entschieden, dem Direktor T und dem geschäftsführenden Ratsmitglied Ma die volle Verwaltungs- und Vertretungsmacht der Gesellschaft zu übertragen. Das sollte für alle Fragen außer denjenigen gelten, die nach dem Gesetz eine kollektive Handlung des Verwaltungsrats erforderten. Die beiden Verwaltungsratsmitglieder sollten jeder getrennt handeln können. Im Rahmen ihrer Handlungsmacht sollten sie das Recht haben, unter Gewährung von notariellen Vollmachten oder Vollmachtsurkunden die Ausführung konkreter Aufträge zur Vertretung der Gesellschaft vor Verwaltungs- oder Gerichtsbehörden oder gegenüber Dritten an Angestellte der Gesellschaft oder andere zu übertragen.

7Von August bis Dezember 2009 fanden in Deutschland zwischen der Beklagten zu 1. und dem Gesamtbetriebsrat Interessenausgleichsverhandlungen vor der Einigungsstelle statt. Die Verhandlungen über einen Interessenausgleich scheiterten, der Sozialplan vom kam durch Spruch der Einigungsstelle zustande.

8Die Klägerin war seit April 1992 bei der Beklagten zu 1. bzw. deren Rechtsvorgängerin, der zu 2. beklagten O A S.A., tätig, zuletzt als Leiterin der Station B. In dieser Station waren acht Arbeitnehmer beschäftigt, darunter mehr als fünf schon vor dem . Die maßgeblichen Arbeitsbedingungen ergaben sich aus den im Arbeitsvertrag in Bezug genommenen Beschäftigungsbedingungen. Nach Nr. 20 dieser Bestimmungen galten sie für die im Anhang 1 aufgeführten Personengruppen, die örtlich in Deutschland durch die Beklagte zu 1. angestellt wurden. Dazu gehörte auch die Stationsleiterin.

Mit Schreiben vom leitete Rechtsanwalt G, der spätere Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1., die Anhörung des Betriebsrats der Station B zu der beabsichtigten Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin ein. In diesem Schreiben ist ua. wörtlich ausgeführt:

10Es folgten Angaben zur Person der Klägerin (Name, Adresse, Geburtsdatum, Familienstand, Unterhaltspflichten, Betriebszugehörigkeit, ausgeübte Tätigkeit, Bruttoentgelt).

Mit Schreiben vom widersprach der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung und beanstandete ua.: „Der Betriebsrat hat bereits per Fax am gerügt, dass keine Vollmacht im Original vorliegt.“ Die Beklagte zu 1. hat den Zugang eines solchen Telefaxes trotz Vorlage eines Sendeprotokolls, das die betreffende Telefaxnummer für den ausweist, bestritten. Das von der Klägerin vorgelegte Telefax des Betriebsrats vom lautet auszugsweise:

12Mit Schreiben vom teilte die Beklagte zu 1. der Agentur für Arbeit B die in der Station B geplanten Entlassungen mit. Die Agentur für Arbeit B erwiderte mit Schreiben vom , die acht geplanten Entlassungen seien nicht anzeigepflichtig, weil der gesetzliche Schwellenwert nicht erreicht sei.

Mit Schreiben vom , das der Klägerin am zuging, kündigte Rechtsanwalt G „namens und in Vollmacht des Sonderliquidators“ das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum . Das Schreiben lautet auszugsweise:

Dem Kündigungsschreiben war eine von Herrn Ma für die E S.A. unterzeichnete Originalvollmacht vom zugunsten von Rechtsanwalt G beigefügt. Darin heißt es:

15Rechtsanwalt G kündigte auch alle anderen Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer der Beklagten zu 1. in Deutschland. Die E S.A. bestätigte die Handlungen von Herrn Ma durch Schreiben vom , das von allen Mitgliedern des Verwaltungsrats unterschrieben worden war. Dieses während des Rechtsstreits eingereichte Schreiben ging der Klägerin im Prozessverlauf zu.

16Mit ihrer am beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin vorrangig geltend gemacht, das Arbeitsverhältnis sei auf die Beklagte zu 3. übergegangen. Daneben wendet sich die Klägerin gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 1. durch die Kündigung vom . In der Klageschrift ist als Beklagte zu 1. die „E S.A., vertreten durch ihren Geschäftsführer, Herrn Ma, …, als Sonderliquidatorin über das Vermögen der O S.A.“ angegeben. Der Klageschrift waren ua. Ablichtungen der Entgeltbescheinigung „12.2009“ der O S.A. und des Kündigungsschreibens beigefügt.

17Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Flugbetrieb der Beklagten zu 1. sei auf die Beklagte zu 3. übergegangen. Hilfsweise hat sie sich das Vorbringen der Beklagten zu 3., es sei nicht zu einem Betriebsübergang gekommen, zu eigen gemacht. Die Kündigung der Beklagten zu 1. sei unwirksam. Die E S.A. sei nicht wirksam als Sonderliquidatorin bestellt worden. Die Kündigungsvollmacht sei unbestimmt. Es sei nicht erkennbar, in wessen Namen Rechtsanwalt G das Kündigungsschreiben unterzeichnet habe. Rechtsanwalt G sei nicht zur Kündigung berechtigt gewesen. Die Massenentlassungsanzeige sei nicht ordnungsgemäß, weil die Station B keine selbständige Organisationseinheit mit eigener Leitung gewesen sei. Ferner sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß zu der Kündigung angehört worden. Er habe das Anhörungsschreiben mangels beigefügter Originalvollmacht in entsprechender Anwendung von § 174 Satz 1 BGB zurückweisen dürfen. Die Betriebsratsanhörung sei auch inhaltlich unzureichend. Die Kündigung sei schließlich sozialwidrig. Die Klägerin habe auf einem freien Arbeitsplatz in Griechenland weiterbeschäftigt werden können.

Die Klägerin hat zuletzt - soweit für die Revision von Interesse - beantragt

19Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte zu 3. hat angenommen, die Betriebsorganisation der Beklagten zu 1. in Deutschland sei vollständig aufgelöst worden. Ob die Beklagte zu 3. im Ausland Flugverkehr betreibe, sei für die Frage des Betriebsübergangs unerheblich. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass sie einem übergegangenen Betriebsteil angehört habe und ihre Tätigkeit im Betriebsteil „Boden“ fortbestehe. Die Beklagte zu 1. hat eine Massenentlassungsanzeige für entbehrlich gehalten, weil die Station B ein eigenständiger Betrieb gewesen sei. Eine Betriebsratsanhörung könne nicht mangels Vollmachtsnachweises analog § 174 Satz 1 BGB zurückgewiesen werden. Die Klägerin habe das Sonderliquidationsverfahren anerkannt, indem sie die Klage ausweislich der Klageschrift gegen die E S.A. gerichtet habe. Jedenfalls fänden §§ 335 ff. und insbesondere § 343 Abs. 1 Satz 1 InsO Anwendung.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin und der Beklagten zu 1. durch die Kündigung vom nicht aufgelöst worden ist. Im Übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Revision für die Klägerin und die Beklagte zu 1. zugelassen. Mit der Revision möchte die Klägerin weiter festgestellt wissen, dass ihr Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 3. fortbesteht. Die Beklagte zu 1. erstrebt mit der Revision die vollständige Wiederherstellung des klageabweisenden erstinstanzlichen Urteils.

Gründe

21Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis ist nicht auf die Beklagte zu 3. übergegangen. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt. Die Revision der Beklagten zu 1. ist demgegenüber begründet. Die gegen die Beklagte zu 1. gerichtete Kündigungsschutzklage hat in der Sache keinen Erfolg.

22A. Die Klage ist zulässig. Die deutschen Gerichte sind auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) für die Entscheidung des Rechtsstreits international zuständig. Der für die Anwendung der EuGVVO erforderliche Auslandsbezug (vgl. dazu  - [Lindner] Rn. 29, ZIP 2011, 2377) ergibt sich daraus, dass die Beklagten zu 1. und zu 3. ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat haben (vgl.  - [Owusu] Rn. 26, Slg. 2005, I-1383). Der allgemeine Feststellungs- und der Kündigungsschutzantrag sind keine Annexverfahren iSv. Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren (EuInsVO). Bei ihnen wäre die internationale Zuständigkeit aufgrund der Bereichsausnahme in Art. 1 Abs. 2 Buchst. b EuGVVO den Gerichten des Staats der Verfahrenseröffnung, hier also den griechischen Gerichten, zugeordnet. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das über das Vermögen der Beklagten zu 1. mit Beschluss des Berufungsgerichts Athen vom eröffnete Sonderliquidationsverfahren nach Art. 14 A des Gesetzes 3429/2005 idF des Art. 40 des Gesetzes 3710/2008 (künftig: Sonderliquidationsverfahren) ein Insolvenzverfahren iSv. Art. 2 Buchst. a EuInsVO ist. Kündigungsschutzklagen gegen eine - wie hier - nach deutschem Recht erklärte Kündigung fehlt der spezifische Insolvenzbezug, um den für die Annahme eines Annexverfahrens erforderlichen engen Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren zu bejahen. Das gilt auch dann, wenn die kurze Kündigungsfrist des § 113 Satz 2 InsO maßgeblich sein soll. Solche Klagen haben ihren Rechtsgrund nicht im Insolvenzrecht, sondern im Arbeitsrecht. Für sie bestimmt sich die internationale Zuständigkeit deshalb nach der EuGVVO und nicht nach der EuInsVO (vgl. ausführlich  - Rn. 16 ff., ZIP 2012, 2312). Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aufgrund der rügelosen Einlassung der Beklagten zu 1. und zu 3. jedenfalls aus Art. 24 EuGVVO, wenn sie nicht schon nach Art. 19 Nr. 2 Buchst. a EuGVVO aus dem Gerichtsstand des gewöhnlichen Arbeitsorts folgt.

23B. Die Klage ist in vollem Umfang - sowohl gegenüber der Beklagten zu 1. als auch im Verhältnis zur Beklagten zu 3. - unbegründet.

24I. Die O S.A. als Schuldnerin ist, vertreten durch die E S.A. als Sonderliquidatorin, passivlegitimiert. Die Auswirkungen der Bestellung der E S.A. zur Sonderliquidatorin über das Vermögen der Beklagten zu 1. als Schuldnerin sowie ihre Befugnisse und ihre Rechtsstellung als Liquidatorin beurteilen sich nach griechischem Recht. Das gilt unabhängig davon, ob das Sonderliquidationsverfahren ein Insolvenzverfahren iSv. Art. 2 Buchst. a EuInsVO ist. Der Senat musste den Gerichtshof der Europäischen Union deswegen nicht nach Art. 267 AEUV um Vorabentscheidung ersuchen, um die Frage zu klären.

251. Nach Art. 14 A Nr. 4 Satz 1 des Gesetzes 3429/2005 hat die Sonderliquidation nicht die Auflösung des Schuldnerunternehmens zur Folge. Der Liquidator wird nicht Rechtsnachfolger des Unternehmens. Vielmehr werden die Geschäfte dieses Unternehmens nach Art. 14 A Nr. 4 Satz 3 des Gesetzes 3429/2005 von dem Liquidator, der das Unternehmen vertritt, lediglich geführt. Anders als im deutschen Recht verbleibt damit die Arbeitgeberstellung bei dem Schuldnerunternehmen.

262. Diese Rechtsstellung von Schuldnerunternehmen und Liquidator nach griechischem Recht ist hier maßgeblich.

27a) Sollte das Sonderliquidationsverfahren nach Maßgabe der Art. 16 und 17 EuInsVO anzuerkennen sein, weil für Griechenland das Sonderliquidationsverfahren im Anhang A zur EuInsVO und der Sonderliquidator im Anhang C aufgeführt sind (in diesem Sinn wohl Mankowski Anm. NZI 2011, 876, 877), wäre für die Befugnisse der Beklagten zu 1. als Schuldnerin und der E S.A. als Liquidatorin nach Art. 4, 18 Abs. 1 EuInsVO griechisches Recht anzuwenden (lex fori concursus).

28b) Wäre das Sonderliquidationsverfahren vom closed-list-system der EuInsVO nicht erfasst und damit der Anwendungsbereich dieser Verordnung nicht eröffnet, bestimmten sich die Befugnisse von Schuldnerin und Liquidatorin ebenfalls nach griechischem Recht (§ 335 InsO).

29aa) In diesem Fall käme eine Anerkennung des Verfahrens nach dem in §§ 335 ff. InsO normierten deutschen autonomen Internationalen Insolvenzrecht in Betracht (vgl.  - Rn. 11, BGHZ 188, 177; Mankowski Anm. NZI 2011, 876, 877; ders. WM 2011, 1201, 1202; Stephan in HK-InsO 6. Aufl. Vor §§ 335 ff. Rn. 18 ff.; HambKomm/Undritz 4. Aufl. Vorbemerkungen zu §§ 335 ff. InsO Rn. 15). Die EuInsVO verdrängt das autonome nationale Recht außerhalb ihres Anwendungsbereichs nicht. Wird ein nationales Insolvenzverfahren von den Anhängen der EuInsVO nicht erfasst, bleibt ein Spielraum, den das nationale Internationale Insolvenzrecht nutzen kann (vgl. Mankowski Anm. NZI 2011, 876, 877). Das nimmt den Definitionen der EuInsVO als speziellerer Regelung des europäischen Internationalen Insolvenzrechts und deren Anhängen nicht die praktische Wirksamkeit (aA Cranshaw DZWIR 2012, 133, 134). Für die von ihren Anhängen nicht erfassten Verfahren reklamiert die EuInsVO keine Geltung und entfaltet daher keine Regelungssperre für das nationale autonome Internationale Insolvenzrecht. Insoweit gilt nichts anderes als für die Bereichsausnahmen des Art. 1 Abs. 2 EuInsVO (vgl. dazu MünchKommBGB/Kindler 5. Aufl. Bd. 11 Vor §§ 335 ff. InsO Rn. 3).

30bb) Wäre das Sonderliquidationsverfahren nach § 343 InsO anzuerkennen, bestimmten sich die Befugnisse von Schuldnerin und Liquidatorin nach § 335 InsO ebenfalls nach griechischem Recht als der lex fori concursus (vgl. MünchKommInsO/Reinhart 2. Aufl. § 335 Rn. 65; LSZ/Smid Internationales Insolvenzrecht 2. Aufl. InsO § 335 Rn. 8).

31cc) Sollte das Sonderliquidationsverfahren dagegen nicht als Insolvenzverfahren iSd. §§ 335 ff. InsO zu qualifizieren sein, sodass eine Anerkennung nach § 343 InsO ausschiede, wäre die gesellschaftsrechtliche Frage, wie die Beklagte zu 1. als Schuldnerin (organschaftlich) vertreten ist, gleichwohl nach griechischem Recht zu beantworten. Das Gesellschaftsstatut richtet sich nach dem Gründungsstatut und damit für die in Griechenland gegründete Beklagte zu 1. nach griechischem Recht. Nach allgemeiner Auffassung, die sich auf die Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union in den Sachen Centros ( - C-212/97 - Slg. 1999, I-1459), Überseering ( - C-208/00 - Slg. 2002, I-9919) und Inspire Art ( - C-167/01 - Slg. 2003, I-10155) stützt, richtet sich das Gesellschaftsstatut von Gesellschaften, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union gegründet worden sind, nicht nach ihrem Verwaltungssitz, sondern nach ihrem Gründungsort. Die unionsrechtlich verbürgte Niederlassungsfreiheit kann nur auf diese Weise gewährt werden (vgl.  - Rn. 22, BGHZ 190, 364).

32II. Die materiell-rechtliche Wirksamkeit der Kündigung der Beklagten zu 1. bestimmt sich nach deutschem Arbeitsrecht. Auch in diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob das Sonderliquidationsverfahren der EuInsVO unterfällt. Zur Klärung der Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen, ist daher keine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union erforderlich.

331. Ist der Anwendungsbereich der EuInsVO eröffnet, ist für die Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf einen Arbeitsvertrag und auf das Arbeitsverhältnis nach Art. 10 EuInsVO ausschließlich das Recht des Mitgliedstaats maßgeblich, das auf den Arbeitsvertrag anzuwenden ist (lex causae). Wäre das Sonderliquidationsverfahren nach § 343 InsO anzuerkennen, wäre nach § 337 InsO ebenfalls das Arbeitsvertragsstatut maßgeblich. Die Bestimmung des § 337 InsO ist Art. 10 EuInsVO nachgebildet (vgl. BT-Drucks. 15/16 S. 18). Das Recht des Staats, dem das Arbeitsverhältnis unterliegt, soll auch die Wirkungen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf diese Rechtsbeziehung bestimmen (vgl. Braun/Tashiro InsO 5. Aufl. § 337 Rn. 3). Handelte es sich überhaupt nicht um ein anzuerkennendes Insolvenzverfahren, wäre nach den Grundsätzen des Internationalen Privatrechts zu bestimmen, welches Recht Anwendung fände.

342. In allen drei denkbaren Konstellationen ist nach den hier noch maßgeblichen Art. 27, 30 und 34 EGBGB zu ermitteln, welches Recht Anwendung findet. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass nach diesen Kollisionsregeln des Internationalen Privatrechts deutsches Arbeitsrecht für das Arbeitsverhältnis der Parteien maßgeblich ist. Rechtsfehler sind auf der Grundlage von Art. 30 Abs. 2 EGBGB nicht ersichtlich.

35III. Die Kündigung der Beklagten zu 1. gilt nicht bereits nach § 7 Halbs. 1 KSchG als rechtswirksam. Die Klage, die sich gegen die „E S.A. … als Sonderliquidatorin über das Vermögen der O S.A.“ als Beklagte zu 1. richtete, wahrte die Dreiwochenfrist des § 4 Satz 1 KSchG.

361. Ist eine Parteibezeichnung nicht eindeutig, ist die Partei durch Auslegung zu ermitteln. Selbst bei äußerlich eindeutiger, aber offenkundig unrichtiger Bezeichnung ist grundsätzlich diejenige Person als Partei angesprochen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll. Es kommt darauf an, welcher Sinn der von der klagenden Partei in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist. Ergibt sich aus den gesamten Umständen, wer als beklagte Partei gemeint ist, kann das Rubrum unbedenklich „berichtigt“ werden. Das gilt vor allem dann, wenn der Klageschrift das Kündigungsschreiben beigefügt ist, aus dem sich ergibt, von wem die Kündigung erklärt ist. Entscheidend ist, dass die rechtliche Identität gewahrt bleibt. Bleibt die Partei nicht dieselbe, handelt es sich um eine Parteiänderung. Eine ungenaue oder erkennbar falsche Parteibezeichnung kann dagegen jederzeit von Amts wegen richtiggestellt werden. Das kann auch noch durch das Revisionsgericht geschehen (vgl. für die st. Rspr.  - Rn. 18 f. mwN).

372. Nach diesen Grundsätzen ist die unrichtige Bezeichnung der Beklagten zu 1. in der Klageschrift dahin auszulegen, dass sich die Klage von vornherein gegen die O S.A. unter Sonderliquidation, vertreten durch die Liquidatorin E S.A., richtete und mit ihr die Dreiwochenfrist des § 4 Satz 1 KSchG gewahrt wurde. Für die Beklagte zu 1. war erkennbar, dass die Kündigungsschutzklage gegen sie erhoben werden sollte. Dafür spricht insbesondere das der Klageschrift beigefügte Kündigungsschreiben. Daraus geht hervor, dass die Kündigung unter dem Betreff „O S.A. ./. ... hier: Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ erklärt wurde und der Unterzeichner den Geschäftsführer der Sonderliquidatorin E S.A. vertrat. Damit konnten bei objektiver Würdigung keine berechtigten Zweifel bestehen, dass sich die Klage von Anfang an gegen die Beklagte zu 1. und nicht gegen die E S.A. richten sollte, die die Kündigung nur als Vertreterin erklären ließ. Der Senat hat die ungenaue Parteibezeichnung daher richtiggestellt.

38IV. Die Klage ist nicht unschlüssig, weil die Klägerin behauptet, ihr Arbeitsverhältnis sei im Weg eines Betriebsübergangs bereits Ende September 2009, also vor Zugang der Kündigung vom , auf die Beklagte zu 3. übergegangen. Die Klägerin hat sich das Vorbringen der Beklagten zu 1. und zu 3., es sei nicht zu einem Betriebsübergang gekommen, hilfsweise zu eigen gemacht und ihre Klage auch darauf gestützt. Damit ist die Klage jedenfalls nach dem Hilfsvorbringen schlüssig (vgl.  - Rn. 20, EzA BGB 2002 § 613a Nr. 132).

39V. Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am bestand das zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1. begründete Arbeitsverhältnis noch. Das Arbeitsverhältnis ging nicht auf die Beklagte zu 3. über, weil es keinem ggf. übergegangenen Betriebsteil zuzuordnen war. Die Klage gegenüber der Beklagten zu 3. hat deswegen in der Sache keinen Erfolg.

401. § 613a BGB ist grundsätzlich auch bei Betriebsübergängen in das Ausland anwendbar. Die Geltung der Norm ist nicht auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkt. Das Territorialitätsprinzip wird durch das Internationale Privatrecht verdrängt. Bei Betriebsübergängen mit Auslandsbezug können sachgerechte Lösungen nur über die Regelungen des Arbeitsvertragsstatuts erzielt werden. Allerdings ändert sich regelmäßig das Arbeitsvertragsstatut eines Arbeitnehmers, in dessen Arbeitsverhältnis keine Rechtswahl getroffen ist, bei einem Wechsel von Deutschland ins Ausland aufgrund eines Betriebsübergangs. Regelmäßig wird nach dem Betriebsübergang das Recht des Staats zur Anwendung kommen, in dem das Arbeitsverhältnis nach dem Betriebsübergang besteht. Eine solche Änderung tritt aber erst ein, nachdem das Arbeitsverhältnis übergegangen ist. Für die Frage, ob es zu einem Betriebsübergang gekommen ist, ist eine solche Statutänderung ebenso wie für die Frage der Wirksamkeit einer vor dem Betriebsübergang erklärten, nach deutschem Recht zu beurteilenden Kündigung noch ohne Belang (vgl.  - Rn. 41 ff., AP BGB § 613a Nr. 409 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 125).

412. Die Klägerin hat die Voraussetzungen eines Betriebsübergangs auf die Beklagte zu 3. nicht dargelegt.

42a) Ein Betriebs- oder Betriebsteilübergang iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB verlangt, dass die Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit gewahrt bleibt. Eine wirtschaftliche Einheit besteht aus einer organisatorischen Gesamtheit von Personen und/oder Sachen, die auf Dauer angelegt wirtschaftliche Tätigkeit mit eigener Zielsetzung ausüben soll. Handelt es sich nach diesen Grundsätzen um einen Betriebs(-teil)übergang, betrifft er nur Arbeitnehmer, die in den übergegangenen Betrieb oder Betriebsteil tatsächlich eingegliedert waren. Es genügt nicht, dass sie Tätigkeiten für den übertragenen Teil verrichteten, ohne in dessen Struktur eingebunden gewesen zu sein (st. Rspr., vgl. zB  - [Watson Rask und Christensen] Rn. 16, Slg. 1992, I-5755;  - Rn. 75, BB 2012, 3144, jeweils mwN).

43b) Es kann dahinstehen, ob die Beklagte zu 3. den Flugbetrieb der Beklagten zu 1. iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übernahm. Dieser wirtschaftlichen Einheit war die Klägerin nach den mit ihrer Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht zugeordnet. Die Klägerin betreute gemeinsam mit den übrigen sieben Arbeitnehmern der Station B und zusammen mit den anderen Arbeitnehmern der Beklagten zu 1. in Deutschland im Bodenbetrieb den Flugverkehr der Beklagten zu 1. von Deutschland aus und nach Deutschland. Sie gab zB Tickets aus, reservierte Sitzplätze und war für die Kommunikation mit den Passagieren und Reisebüros sowie die Abrechnung und Abwicklung gegenüber Frachtkunden zuständig. In die Struktur des Flugbetriebs war sie nicht eingebunden. Die Klägerin hat nicht dargelegt, welche dieser von ihr und den übrigen Arbeitnehmern der Beklagten zu 1. in Deutschland verrichteten Tätigkeiten unter Wahrung der bisherigen wirtschaftlichen Einheit von der Beklagten zu 3. übernommen worden sein sollen. Ihr gesamter Vortrag bezieht sich auf den Flugbetrieb und nicht auf die von der Beklagten zu 1. vor dem in Deutschland im Bodenbetrieb versehenen Aufgaben. Diese Tätigkeiten werden von der Beklagten zu 3. für den deutschen Markt nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht fortgeführt.

44c) Die Angriffe der Revision führen zu keinem anderen Ergebnis.

45aa) Die Klägerin macht geltend, auf ein international operierendes Dienstleistungsunternehmen, dessen maßgebliche wirtschaftliche Aktiva sich einer örtlichen Verankerung entzögen, passe der übliche Betriebs- oder Betriebsteilbegriff nicht mehr. Die wirtschaftliche Einheit eines solchen Unternehmens sei nicht durch eine örtliche Bezugnahme auf den Grund und Boden eines bestimmten Staats zu erfassen. Bei einem solchen Unternehmen bestehe die wirtschaftliche Einheit im Betrieb eines europa- und weltweiten Flugverkehrs unter einer bestimmten Firma, mit bestimmten Flugzeugen, erfahrenem Personal, bestehendem Kundenstamm und übernommenem Know-how. Diese Einheit habe die Beklagte zu 3. von der Beklagten zu 1. übernommen.

46bb) Diese Argumentation lässt Tatbestand und Rechtsfolgen eines Betriebsübergangs außer Acht. Kommt es zu einem Betriebsübergang, tritt der Erwerber nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Nichts anderes bestimmt Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- und Betriebsteilen. Die Bestimmung gibt vor, dass die Rechte und Pflichten des Veräußerers aus einem zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis auf den Erwerber übergehen. Das Arbeitsverhältnis wird inhaltlich durch die Verbindung zwischen dem Arbeitnehmer und der wirtschaftlichen Einheit bestimmt, der er zur Erfüllung seiner Aufgaben angehört (vgl.  - [Watson Rask und Christensen] Rn. 16, Slg. 1992, I-5755; - C-186/83 - [Botzen ua.] Rn. 15, Slg. 1985, 519). Gehört der Arbeitnehmer einer übernommenen wirtschaftlichen Einheit nicht an, besteht kein Grund, sein Arbeitsverhältnis auf den Erwerber übergehen zu lassen. Das gilt auch bei Unternehmen, die einen europa- oder weltweiten Flugbetrieb unterhalten. Auch bei solchen Unternehmen gibt es Aufgaben, die nur in einer örtlich begrenzten wirtschaftlichen Einheit anfallen und die sich nur dieser begrenzten Einheit zuordnen lassen. Dazu gehören die Aufgaben, die die für Deutschland eingestellten Arbeitnehmer der Beklagten zu 1. in Deutschland im Bodenbetrieb versahen und die die Beklagte zu 3. nicht übernahm.

47cc) Aus den von der Revision zitierten Entscheidungen des - 8 AZR 37/10 - Rn. 34, AP BGB § 613a Nr. 409 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 125) und (- 8 AZR 326/09 - Rn. 28 ff., AP BGB § 613a Nr. 402 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 123) folgt nichts anderes. Erst bei identitätswahrender Übertragung einer wirtschaftlichen Einheit stellt sich die weitere Frage, ob der Funktions- und Zweckzusammenhang zwischen den übertragenen Betriebsmitteln sowie den sonstigen den Betrieb ausmachenden Faktoren beibehalten wurde. Dabei ist unerheblich, ob die bisherige Organisationsstruktur beibehalten wird. Zu diesem zweiten Prüfungsschritt kommt es hier nicht, weil der Bodenbetrieb der Beklagten zu 1. in Deutschland bereits nicht identitätswahrend auf die Beklagte zu 3. übertragen wurde.

48VI. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin und der Beklagten zu 1. wurde durch die Kündigung vom mit dem beendet.

491. Es ist nicht unklar, durch wen und in wessen Namen die Kündigung erklärt wurde. Die Auslegung der Vollmachtsurkunde ergibt, dass Rechtsanwalt G von der E S.A. als Sonderliquidatorin der Beklagten zu 1. bevollmächtigt wurde, die Kündigung zu erklären.

50a) Die Erteilung einer Vollmacht ist eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung, deren Inhalt durch Auslegung nach § 133 BGB zu ermitteln ist (vgl.  - zu I 1 a bb der Gründe, AP ZPO § 81 Nr. 2 = EzA ZPO § 81 Nr. 1). Maßgeblich ist bei einer in einer Urkunde verlautbarten Vollmacht die Verständnismöglichkeit des Geschäftsgegners, hier der Klägerin. Dabei können auch Inhalt und Zweck des zugrunde liegenden Geschäfts berücksichtigt werden, sofern es sich um Umstände handelt, die dem Geschäftsgegner bekannt sind (vgl.  - zu 2 a der Gründe, DB 1991, 2233).

51b) In der Vollmachtsurkunde vom heißt es unmissverständlich, dass die E S.A., vertreten durch den Vorstand, als „Sonderliquidator“ über das Vermögen der Beklagten zu 1. Rechtsanwalt G bevollmächtige, die Kündigung zu erklären. Der Name der E S.A. ist durch Großbuchstaben hervorgehoben. Sie wird bereits dadurch eindeutig als Vollmachtgeberin gekennzeichnet.

52c) Selbst wenn das Verwaltungsratsmitglied der E S.A. Ma nach griechischem Gesellschaftsrecht im Verhältnis zu Dritten nicht alleinvertretungsberechtigt gewesen sein sollte mit der Folge einer mängelbehafteten Bevollmächtigung von Rechtsanwalt G, konnte die E S.A. die Kündigung unter dem genehmigen.

53aa) Welches Recht auf die Probleme einer rechtsgeschäftlichen Vollmacht bei grenzüberschreitenden Sachverhalten anzuwenden ist (Vollmachtsstatut), ist gesetzlich nicht geregelt. Auch die hier noch nicht anwendbare Rom I-Verordnung bestimmt dazu nichts. Zum Schutz des Verkehrsinteresses muss das Vollmachtsstatut nach eigenen Anknüpfungsregeln ermittelt werden. Die Vollmacht wird nicht generell dem Recht, das für das vom Vertreter vorgenommene Rechtsgeschäft gilt, unterstellt (vgl. Heinz Das Vollmachtsstatut S. 5; Palandt/Thorn BGB 72. Aufl. IPR Anh. zu Art. 10 EGBGB Rn. 1). Die Vollmacht ist nicht Bestandteil des Hauptgeschäfts, sondern in ihren Voraussetzungen und Wirkungen von diesem unabhängig. Sie kann deshalb Gegenstand eigenständiger kollisionsrechtlicher Interessen sein (vgl. Heinz aaO S. 14 mwN). Das Vollmachtsstatut bestimmt sich grundsätzlich nach dem Recht des Staats, in dem von der Vollmacht Gebrauch gemacht wird oder werden soll, also nach dem Recht des Wirkungsorts (vgl.  - zu II 2 b der Gründe, BGHZ 128, 41; - VII ZR 218/89 - zu II 1 c der Gründe, NJW 1990, 3088).

54bb) Das Vollmachtsstatut bestimmt sich hier nach deutschem Recht. Die auf Rechtsanwalt G lautende Vollmacht wurde zwar in Athen ausgestellt. Von ihr sollte aber Gebrauch gemacht werden, um in der Bundesrepublik Deutschland eine Kündigung zu erklären. Die Kündigungserklärung sollte mit Wirkung für und gegen die E S.A. als gesetzliche Vertreterin der Beklagten zu 1. in Deutschland abgegeben werden und erfolgte auch dort.

55cc) Das Vollmachtsstatut ist für alle Fragen maßgeblich, die die Vollmacht selbst betreffen. Es erstreckt sich auf das Bestehen der Vollmacht, insbesondere die Frage der wirksamen Erteilung der Vollmacht, auf ihren Inhalt, ihren Umfang und ihre Auslegung sowie ihre Dauer und Beendigung. Auch die Wirksamkeit erteilter Untervollmachten und die Frage, ob die Vollmacht überschritten oder missbraucht wurde, richtet sich nach dem Vollmachtsstatut (vgl. Heinz Das Vollmachtsstatut S. 28 f.; Leible IPRax 1998, 257, 258; Palandt/Thorn BGB 72. Aufl. IPR Anh. zu Art. 10 EGBGB Rn. 3).

56dd) Die Rüge der unwirksamen Erteilung der Vollmacht an Rechtsanwalt G allein durch das Verwaltungsratsmitglied Ma greift jedenfalls wegen einer wirksamen Genehmigung nicht durch.

57(1) Die organschaftliche Vertretung der E S.A. richtet sich als gesellschaftsrechtliche Frage nach dem Gesellschaftsstatut und damit nach griechischem Recht. Nach Art. 14 A Nr. 4 Satz 3 des Gesetzes 3429/2005 vertritt der Liquidator das Unternehmen nach seiner Einsetzung. Die gesetzliche Bestimmung regelt die organschaftliche Vertretung der Aktiengesellschaft O S.A. im Rahmen der Sonderliquidation, mit anderen Worten eine gesellschaftsrechtliche Frage. Das Gesellschaftsstatut von Gesellschaften, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union gegründet wurden, bestimmt sich nach dem Gründungsort, um die unionsrechtlich verbürgte Niederlassungsfreiheit zu wahren (vgl.  - Rn. 22, BGHZ 190, 364; - II ZR 28/10 - Rn. 17, BGHZ 190, 242; siehe auch  - [Inspire Art] Rn. 58 ff., Slg. 2003, I-10155; - C-208/00 - [Überseering] Rn. 52 ff., Slg. 2002, I-9919). Die Beklagte zu 1. ist eine in Griechenland gegründete Gesellschaft.

58(2) Die Klägerin hat ansatzweise geltend gemacht, Herr Ma sei für die E S.A. nicht alleinvertretungsberechtigt gewesen. Damit hat sie sich der Sache nach auf ein Rechtsgutachten bezogen, das vom Arbeitsgericht Frankfurt am Main in den Sachen - 2 Ca 399/10 - bis - 2 Ca 402/10 - eingeholt wurde. Das Rechtsgutachten ist unter dem von dem Athener Professor für Arbeits- und Sozialrecht Prof. Dr. Nikitas Aliprantis erstellt worden. Das Gutachten kommt zu mehreren Ergebnissen. Die unterbliebene Veröffentlichung der geänderten Zusammensetzung des Vorstands der E S.A. und der Alleinvertretungsberechtigung von Herrn Ma verletze das im einfachen griechischen Gesetzesrecht verankerte, unionsrechtlich determinierte materielle Publizitätsprinzip. Das habe zur Folge, dass die Beklagte zu 1. Kündigungen gekündigten Personen nicht entgegenhalten könne. Die sog. Bestätigung der Kündigung vom habe den Mangel nach griechischem Recht nicht heilen können.

59(3) Der Senat kann offenlassen, ob die Klägerin eine Gegenrüge im engeren Sinn, also eine Verfahrensrüge iSv. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b, § 557 Abs. 3 Satz 2 ZPO erheben musste, um die unterbliebene Ermittlung ausländischen Rechts zu beanstanden.

60(a) Dagegen spricht, dass das Bundesarbeitsgericht annimmt, das Revisionsgericht sei verpflichtet, nach § 293 ZPO im Weg des Freibeweises eigene Ermittlungen hinsichtlich des ausländischen Rechts anzustellen, weil es sich um die Ermittlung von Recht und nicht um Tatsachenfeststellungen handle (vgl. schon  - zu IV 2 der Gründe, BAGE 27, 99; siehe auch - 8 AZR 216/91 - zu III 2 b der Gründe). Ggf. verlangt das Bundesarbeitsgericht Anhaltspunkte im Vortrag der Parteien, um eine weitere Ermittlungspflicht zu begründen (vgl.  - zu VI der Gründe, BAGE 71, 297; siehe auch - 2 AZR 5/84 - zu A II 3 der Gründe). Allerdings ist das Gericht an die rechtliche Einschätzung der Parteien nicht gebunden (vgl.  - zu III 2 a der Gründe).

61(b) Der Bundesgerichtshof geht demgegenüber davon aus, dass ausländisches Recht jedenfalls nach § 545 Abs. 1 ZPO in der bis geltenden Fassung nicht revisibel ist. Zulässig ist nach seiner Auffassung jedoch eine auf § 293 ZPO gestützte Verfahrensrüge, mit der die unzureichende oder fehlerhafte Ermittlung des ausländischen Rechts durch das Tatsachengericht geltend gemacht wird (vgl. nur  - Rn. 33, DB 2012, 1983; - I ZR 144/09 - Rn. 11, TranspR 2012, 110; - VIII ZB 47/08 - Rn. 17, NJW-RR 2009, 855).

62(c) Der Senat kann zugunsten der Klägerin annehmen, dass diese die fehlerhafte Ermittlung des griechischen Rechts nicht durch (Gegen-)Rüge des § 293 ZPO beanstanden musste. Auf die Frage der Genehmigung der Kündigung ist deutsches Recht anzuwenden.

63(aa) Der Senat lässt offen, ob die Genehmigung eines vollmachtlos vorgenommenen Rechtsgeschäfts dem Vollmachtsstatut oder dem Geschäftsstatut unterliegt. Nach überwiegender Auffassung entscheidet das Geschäftsstatut über die Zulässigkeit einer Vertretung ohne Vertretungsmacht sowie über die Genehmigungsfähigkeit, das „Wie“ und die Wirkungen einer Genehmigung. Das wird damit begründet, dass die Genehmigung nicht die Vollmacht nachträglich heilen oder ergänzen solle, sondern die Heilung des Hauptgeschäfts anstrebe. Eine andere Auffassung will auch das für die Genehmigung vollmachtloser Rechtsgeschäfte maßgebliche Recht nach dem Vollmachtsstatut bestimmen (vgl. Heinz Das Vollmachtsstatut S. 31 f.; Leible IPRax 1998, 257, 259, jeweils mwN zum Streitstand). Die Frage braucht nicht beantwortet zu werden, weil auf die Kündigung deutsches Recht anzuwenden ist. Wird nicht auf das Vollmachtsstatut, sondern auf das Geschäftsstatut abgestellt, bestimmt sich die Genehmigung vollmachtlosen Handelns ebenfalls nach deutschem Recht.

64(bb) Die Sonderliquidatorin E S.A. genehmigte durch die sog. Bestätigung vom Handlungen von Herrn Ma ohne Vertretungsmacht und damit zugleich Handlungen von Rechtsanwalt G ohne rechtsgeschäftliche Vollmacht. Die Wirksamkeit und die Folgen dieser Genehmigung beurteilen sich unabhängig von der Frage, ob sie sich nach dem Vollmachts- oder Geschäftsstatut richten, nach deutschem Recht.

65(aaa) Die Kündigung ist nach deutschem Recht ein einseitiges Rechtsgeschäft, bei dem eine Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig ist (§ 180 Satz 1 BGB). Nach § 180 Satz 2 BGB findet aber § 177 Abs. 1 BGB entsprechende Anwendung, wenn der Erklärungsempfänger die vom Vertreter behauptete Vertretungsmacht nicht „bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts“ beanstandet (vgl.  - Rn. 14; - 2 AZR 485/08 - Rn. 13, AP BGB § 626 Nr. 232 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 33). Die Vertretungsmacht ist unverzüglich iSv. § 174 Satz 1, § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB zu rügen (vgl.  - zu B I der Gründe, AuR 1998, 202). Geschieht das nicht, ist die Kündigung dem Arbeitgeber mit Zugang der Genehmigung beim Arbeitnehmer zuzurechnen. In diesem Zeitpunkt beginnt die Klagefrist (vgl.  - aaO; - 2 AZR 403/07 - Rn. 21 mwN, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 70).

66(bbb) Die Klägerin rügte die Vollmacht von Rechtsanwalt G nicht unverzüglich, sondern frühestens mit der Klageschrift vom , und damit deutlich über eine Woche nach Zugang der Kündigung am .

67(aaaa) Die Zurückweisung einer Kündigungserklärung ist nach einer Zeitspanne von mehr als einer Woche nicht unverzüglich iSv. § 174 Satz 1 BGB, wenn keine besonderen Umstände vorliegen. Diese Grundsätze gelten auch für die Rüge der Vollmacht „bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts“ iSv. § 180 Satz 2 iVm. § 177 Abs. 1 BGB. Beanstandet der Gekündigte die Vollmacht nicht unverzüglich, kann der Vertretene die Kündigung genehmigen. Die Wochenfrist beginnt mit der tatsächlichen Kenntnis des Empfängers von der Kündigung. Es soll schnell geklärt werden, ob er die Wirksamkeit der Kündigung unter formalen Gesichtspunkten infrage stellt. Die Rüge ist an keinerlei Nachforschungen über die wirklichen Vertretungs- und Vollmachtsverhältnisse gebunden und erfordert auch keinen schwierigen Abwägungsprozess. Eine Zeitspanne von einer Woche ist deshalb unter gewöhnlichen Umständen ausreichend, um die Entscheidung über die Rüge zu treffen (vgl. für § 174 Satz 1 BGB  - Rn. 33, AP BGB § 174 Nr. 22 = EzA BGB 2002 § 174 Nr. 7).

68(bbbb) Die Klägerin hat hier nicht vorgebracht, von der Kündigung nicht bereits am Tag ihres Zugangs am Kenntnis erlangt zu haben. Sie hat auch keine besonderen Umstände für die Überschreitung der Wochenfrist geltend gemacht. Die Kündigung war damit nach § 177 Abs. 1, § 180 Satz 2 BGB genehmigungsfähig. Eine solche Genehmigung erteilte die E S.A. als Sonderliquidatorin unter dem . Diese Genehmigung ging der Klägerin im Prozessverlauf zu. Damit war die Kündigung der Beklagten zu 1. als Arbeitgeberin zuzurechnen.

692. Die Kündigung verstößt entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht gegen § 102 BetrVG.

70a) Der Betriebsrat der Station B konnte das Anhörungsschreiben nicht zurückweisen, weil ihm keine Originalvollmacht vorgelegt wurde. Die Anhörung wurde ordnungsgemäß eingeleitet. Selbst wenn das Telefax des Betriebsrats vom und sein Schreiben vom als Zurückweisung ausgelegt werden, erfasst § 174 BGB weder unmittelbar noch analog eine solche Konstellation.

71aa) Die Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG ist eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung. Für solche Handlungen ist die analoge Anwendung des § 174 BGB grundsätzlich geboten (vgl. schon  - zu II 2 der Gründe, MDR 1983, 381; Soergel/Leptien 13. Aufl. § 174 Rn. 7).

72(1) Rechtsgeschäftsähnliche Handlungen sind auf einen tatsächlichen Erfolg gerichtete Erklärungen, deren Rechtsfolgen nicht wie bei Willenserklärungen kraft des ihnen innewohnenden Willensakts, sondern kraft Gesetzes eintreten. Regelmäßig ermöglichen oder verhindern sie den Eintritt gesetzlich angeordneter Folgen des Tätigwerdens oder Untätigbleibens (vgl.  - zu B IV 1 b cc der Gründe, BAGE 101, 298; siehe zB auch - 7 ABR 138/09 - Rn. 48, AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 139; - 1 ABR 93/07 - Rn. 33, BAGE 130, 1). In erster Linie handelt es sich dabei um Aufforderungen und Mitteilungen, die auf Ansprüche oder Rechtsverhältnisse Bezug nehmen und vielfach im Bewusstsein der dadurch ausgelösten Rechtsfolgen ausgesprochen werden, jedoch nicht unmittelbar auf den Eintritt dieser Rechtsfolgen gerichtet sind oder gerichtet sein müssen (vgl.  - zu II 1 b bb der Gründe, BGHZ 145, 343).

73(2) Der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat offengelassen, ob die Mitteilung iSv. § 102 Abs. 1 BetrVG wegen ihres fristauslösenden Charakters bereits eine Willenserklärung oder (nur) eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung ist (vgl.  - zu I 2 b bb der Gründe, BAGE 40, 95). Im Hinblick darauf, dass eine ohne Anhörung des Betriebsrats erklärte Kündigung nach der gesetzlichen Anordnung des § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam ist, ist zumindest eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung anzunehmen.

74bb) Eine analoge Anwendung des § 174 BGB auf die Anhörung des Betriebsrats ist nach dem Zweck des Anhörungserfordernisses in § 102 Abs. 1 BetrVG und dem Zweck der Zurückweisungsmöglichkeit des § 174 Satz 1 BGB gleichwohl ausgeschlossen. Das gilt auch dann, wenn - wie hier - eine betriebsfremde Person als Botin des Arbeitgebers das Anhörungsverfahren eingeleitet hat.

75(1) Die Betriebsratsanhörung nach § 102 Abs. 1 BetrVG zielt nicht darauf ab, die Wirksamkeit der beabsichtigten Kündigung zu überprüfen. Sie beschränkt sich vielmehr darauf, dem Betriebsrat im Vorfeld der Kündigung die Möglichkeit zu geben, auf die Willensbildung des Arbeitgebers Einfluss zu nehmen (vgl.  - zu II 2 der Gründe, BAGE 78, 39). Sinn des Anhörungserfordernisses ist es, dem Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Ermittlungen Gelegenheit zu geben, seine Überlegungen zu der Kündigungsabsicht dem Arbeitgeber zur Kenntnis zu bringen. Der Arbeitgeber soll die Stellungnahme des Betriebsrats - insbesondere dessen Bedenken und dessen Widerspruch gegen die beabsichtigte Kündigung - bei seiner Entscheidung über die Kündigung berücksichtigen können (st. Rspr., vgl. nur  - zu II 1 der Gründe). Das Verfahren nach § 102 BetrVG ist kein formalisiertes, an bestimmte Formvorschriften gebundenes Verfahren. Deswegen genügt auch eine mündliche oder fernmündliche Anhörung des Betriebsrats den Anforderungen des § 102 BetrVG (vgl.  - Rn. 37 mwN, BAGE 131, 155).

76(2) § 174 BGB dient dem Gewissheitsinteresse des Gegners eines einseitigen empfangsbedürftigen Rechtsgeschäfts oder einer geschäftsähnlichen Handlung. Die Bestimmung soll klare Verhältnisse schaffen. Der Erklärungsempfänger ist zur Zurückweisung berechtigt, wenn er keine Gewissheit hat, dass der Erklärende wirklich bevollmächtigt ist und sich der Vertretene dessen Erklärung tatsächlich zurechnen lassen muss. Der Empfänger einer einseitigen Willenserklärung oder geschäftsähnlichen Handlung soll nicht nachforschen müssen, welche Stellung der Erklärende hat. Er soll vor der Ungewissheit geschützt werden, ob eine bestimmte Person bevollmächtigt ist, das Rechtsgeschäft vorzunehmen (vgl.  - Rn. 23, BAGE 137, 347).

77(3) Bei einer Gesamtschau dieser Zwecke ergibt sich, dass der Zweck des § 174 BGB seine analoge Anwendung auf das Anhörungsschreiben iSv. § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nicht erfordert.

78(a) Der Gesetzgeber misst dadurch, dass er das Anhörungsverfahren nicht formalisiert ausgestaltet und eine mündliche Anhörung nicht ausgeschlossen hat, dem Gewissheitsinteresse im Zusammenhang mit § 102 BetrVG keine schützenswerte Bedeutung bei. Bei einer telefonischen Anhörung ist ein Nachweis iSv. § 174 BGB ausgeschlossen. Dennoch soll durch eine solche Anhörung die Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG in Lauf gesetzt werden können. Der Gesetzgeber geht ersichtlich davon aus, dass das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit iSv. § 2 Abs. 1 BetrVG, das auch im Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG zu beachten ist, ausreicht, um den Betriebsrat zu schützen, wenn er Zweifel daran hat, ob die ihm gegenüber Auftretenden berechtigt sind, für den Arbeitgeber tätig zu werden (vgl.  - zu B II 1 a der Gründe, BAGE 52, 346). Das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit soll im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat Offenheit und Ehrlichkeit gewährleisten. Beide Seiten sind verpflichtet, ihre Rechte so auszuüben, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich bleibt. Daraus folgt die Verpflichtung, sich bei der Verfolgung der uU unterschiedlichen Interessen an die Regeln zu halten, die Vertrauen erst ermöglichen (vgl. Franzen GK-BetrVG 9. Aufl. § 2 Rn. 13, 15).

79(b) Es kann dahinstehen, ob der Betriebsrat bei Fehlen näherer Anhaltspunkte davon ausgehen muss, dass sich der Arbeitgeber im Rahmen der Anhörung nach § 102 BetrVG nur ordnungsgemäß bevollmächtigter oder beauftragter Personen bedient. Jedenfalls ist dem Zweck des Anhörungsverfahrens nach § 102 BetrVG auch genügt, wenn der Bote oder Vertreter des Arbeitgebers keinen Nachweis seiner Botenmacht oder keine Vollmacht vorlegt. Der Betriebsrat ist auch in einem solchen Fall nicht gehindert, seine Auffassung zu der Kündigung zu äußern und Einfluss auf den Willensbildungsprozess des Arbeitgebers zu nehmen (vgl.  - zu B II 1 d bb (2) (v) der Gründe). Hat er Zweifel an der Boten- oder Vertreterstellung desjenigen, der ihm gegenüber bei der Anhörung aufgetreten ist, oder bezweifelt er, dass dieser seine Einwände zur Kenntnis nimmt und/oder an den Arbeitgeber weiterleitet, kann er seine Einwände dem Arbeitgeber unmittelbar mitteilen und den (betriebsfremden) Dritten umgehen. Ein abstrakt schützenswertes Interesse daran, klare Verhältnisse zu schaffen und sicher zu sein, dass die Stellungnahmefrist des § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG zu laufen beginnt oder begonnen hat, hat der Betriebsrat vor dem Hintergrund des Zwecks des § 102 BetrVG nicht (aA  - zu II 1 b bb (1) der Gründe, LAGE BetrVG 2001 § 102 Nr. 16).

80b) Die Betriebsratsanhörung ist auch nicht deshalb unwirksam, weil die Beklagte zu 1. ihren Kündigungsentschluss im Zeitpunkt der Anhörung abschließend gefasst hatte, wie sich aus dem Anhörungsschreiben ergibt. Es genügt, dass die Kündigung den Einflussbereich der Beklagten zu 1. bei der Anhörung noch nicht verlassen hatte. Damit war nicht auszuschließen, dass es dem Betriebsrat gelingen konnte, auf den Kündigungswillen der Arbeitgeberin einzuwirken (vgl. die st. Rspr. seit  - zu 3 a der Gründe, BAGE 27, 331).

81c) Die Betriebsratsanhörung genügt inhaltlich den Anforderungen des § 102 BetrVG. Die Klägerin hält die Betriebsratsanhörung inhaltlich für ungenügend, weil der Betriebsrat nicht über den Betriebsübergang auf die Beklagte zu 3. unterrichtet worden sei und ihm keine Informationen über eine soziale Auswahl gegeben worden seien. Beide Rügen greifen nicht durch.

82aa) Nach dem Grundsatz der subjektiven Determination war eine Information über einen Betriebsübergang auf die Beklagte zu 3. nicht erforderlich, weil die Beklagte zu 1. subjektiv davon ausging, dass es nicht zu einem solchen Betriebsübergang gekommen sei oder kommen werde.

83bb) Die Beklagte zu 1. hat unwidersprochen vorgetragen, dass Abwicklungsarbeiten nur von Arbeitnehmern der Buchhaltung und dem Finanzdirektor durchgeführt worden seien, die mit der Klägerin nicht vergleichbar und nicht in B beschäftigt gewesen seien. Eine Sozialauswahl war bezogen auf die Klägerin in B deswegen aus Sicht der Beklagten zu 1. nicht zu treffen.

843. Die Kündigungen der Beklagten zu 1. in B waren nicht nach § 17 KSchG anzeigepflichtig.

85a) Für die Anzeigepflicht nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG ist die Zahl der in einem Betrieb erfolgenden Entlassungen, dh. Kündigungen, im Verhältnis zu der Zahl der in der Regel in diesem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer ausschlaggebend (vgl.  - Rn. 13, BAGE 134, 176). Der Begriff des Betriebs in § 17 KSchG entspricht dabei dem der §§ 1, 4 BetrVG (st. Rspr., vgl. nur  - Rn. 33 mwN). Der Betrieb ist die organisatorische Einheit, innerhalb derer ein Arbeitgeber allein oder mit seinen Arbeitnehmern mithilfe von technischen und immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt. Gilt ein Betriebsteil nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BetrVG als selbständig, müssen die Schwellenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG in diesem Betriebsteil überschritten sein, um die Anzeigepflicht auszulösen (vgl.  - Rn. 74, EzA BGB 2002 § 613a Nr. 132). Damit ist für die Berechnung des Schwellenwerts auf die Station B abzustellen. Der Schwellenwert des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KSchG war dort nicht erreicht.

86b) Nichts anderes folgt aus dem Unionsrecht. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist für den Begriff des „Betriebs“ nicht entscheidend, ob die fragliche Einheit eine Leitung hat, die selbständig Massenentlassungen vornehmen kann (vgl.  - [Athinaïki Chartopoiïa] Rn. 28 f., Slg. 2007, I-1499). Auch das Unionsrecht lässt es daher zu, für die Frage des Betriebs auf die Station B abzustellen.

874. Die Kündigung ist nicht sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2 KSchG. Die Klägerin hat nur geltend gemacht, die Beklagte zu 1. hätte die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz in Griechenland prüfen und ihr einen solchen Arbeitsplatz ggf. im Weg der Änderungskündigung anbieten müssen.

88a) Das Landesarbeitsgericht hat dieses Vorbringen der Klägerin als unsubstantiiert angesehen. Sie habe nicht im Einzelnen dargelegt, dass Arbeitsstellen bei der Beklagten zu 1. frei seien, sondern nur darauf verwiesen, dass die in Griechenland beschäftigten Arbeitnehmer der Beklagten zu 1. in anderen Staatsunternehmen untergebracht worden seien. Damit habe sie nicht aufgezeigt, dass freie Stellen bei der Beklagten zu 1. vorhanden seien.

89b) Der Fall bietet keinen Anlass, die Frage der Verpflichtung zum Angebot von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten in ausländischen Betrieben zu klären. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass die Klägerin ihrer Darlegungslast für das Bestehen einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit nicht genügt hat. Der Arbeitnehmer wird seiner im Ausgangspunkt bestehenden Darlegungslast erst gerecht, wenn er konkrete Vorstellungen zu Möglichkeiten anderweitiger Beschäftigung äußert und deutlich macht, wie er sich seine weitere Tätigkeit vorstellt, an welche Art der Beschäftigung er denkt. Erst dann hat der Arbeitgeber darzulegen und zu beweisen, weshalb diese Vorstellungen nicht zu realisieren sind (vgl. für die st. Rspr.  - Rn. 50 mwN). Die Klägerin hat nach den Tatsachenfeststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht aufgezeigt, wie sie sich eine Weiterbeschäftigung bei der Beklagten zu 1. in Griechenland vorstellt, sondern auf Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten beim griechischen Staat - also einem Dritten - verwiesen. Gegen diese Feststellungen hat die Klägerin keine Gegenrügen erhoben. Im Übrigen gab es im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung auch in Griechenland unstreitig keine freien Arbeitsplätze bei der Beklagten zu 1. Diese hatte ihren Flugbetrieb bereits Ende September 2009 eingestellt. Freie Arbeitsplätze gab es allenfalls bei der Beklagten zu 3., auf die jedenfalls der Betriebsteil der Beklagten zu 1., in dem die Klägerin im Bodenbetrieb beschäftigt war, nicht überging.

905. Das Arbeitsverhältnis wurde mit der Frist des § 113 Satz 2 InsO am beendet.

91a) Die Klägerin nimmt an, bei dem Sonderliquidationsverfahren handle es sich nicht um ein Verfahren iSd. EuInsVO, weil es insbesondere nicht zu einem Vermögensbeschlag gekommen sei.

92b) Diese Angriffe sind nicht geeignet, ein Insolvenzverfahren und damit die abgekürzte Kündigungsfrist des § 113 Satz 2 InsO infrage zu stellen. Dabei kann offenbleiben, ob das in Griechenland eröffnete Sonderliquidationsverfahren ein Verfahren ist, das in den Anhängen A und C der EuInsVO erwähnt ist. Auch wenn das nicht der Fall sein sollte, läge ein Insolvenzverfahren iSd. §§ 335 ff. InsO vor, dessen Wirkungen in Deutschland von den deutschen Gerichten nach § 343 InsO anzuerkennen sind.

93aa) Ob es sich um ein Insolvenzverfahren iSv. §§ 335 ff. InsO handelt, ist im Weg der Qualifikation zu bestimmen. Voraussetzung ist, dass das ausländische Verfahren im Wesentlichen den gleichen Zielen wie das deutsche Insolvenzverfahren verpflichtet ist (vgl.  - Rn. 9, ZIP 2009, 2217). Das lässt sich jedenfalls durch den Rückgriff auf die Vorgaben in Art. 1 Abs. 1 EuInsVO überprüfen (vgl. Kölner Schrift/Paulus 3. Aufl. Kap. 46 Rn. 34, 71). Das Leitbild der EuInsVO ist zwar nicht als zwingende Anforderung an ausländische Insolvenzverfahren in Drittstaaten anzusehen (vgl.  - Rn. 19, BAGE 121, 309). Insolvenzverfahren iSv. §§ 335 ff. InsO sind aber jedenfalls Gesamtverfahren, die die Insolvenz, dh. die Zahlungsunfähigkeit, die Zahlungseinstellung oder die Krediterschütterung des Schuldners voraussetzen und den vollständigen oder teilweisen Vermögensbeschlag gegen ihn sowie die Bestellung eines Verwalters zur Folge haben (vgl. Kölner Schrift/Mankowski Kap. 47 Rn. 5 f.). Vermögensbeschlag bedeutet, dass der Schuldner die Befugnisse zur Verwaltung seines Vermögens verliert (vgl.  - [Eurofood IFSC] Rn. 54, Slg. 2006, I-3813).

94bb) Diese Voraussetzungen sind nach dem durch Art. 40 des Gesetzes 3710/2008 eingefügten Art. 14 A des Gesetzes 3429/2005 erfüllt. Erforderlich für die Bestellung eines Liquidators sind nach Art. 14 A Nr. 1 Buchst. a und Buchst. b des Gesetzes 3429/2005 wirtschaftliche Schwierigkeiten, die zumindest eine Überschuldung oder drohende Zahlungsunfähigkeit nach sich ziehen. Nach Art. 14 A Nr. 4 des Gesetzes 3429/2005 führt der Liquidator die Geschäfte, er verwaltet und vertritt das Unternehmen. Das führt zu einem Vermögensbeschlag, weil die Schuldnerin die Befugnis zur Verwaltung ihres Vermögens verliert. Nicht sie oder ihre Geschäftsführung, sondern der gerichtlich eingesetzte Sonderliquidator ist vertretungs- und entscheidungsbefugt. Nach Art. 14 A Nr. 5 und Nr. 6 des Gesetzes 3429/2005 hat der Sonderliquidator die Aktiva des Unternehmens zu verwerten oder das Unternehmen zu veräußern. Das macht deutlich, welche Insolvenzzwecke die Regelung des Art. 14 A des Gesetzes 3429/2005 verfolgt. Nach Art. 14 A Nr. 20 des Gesetzes 3429/2005 sind für eine Zeit von 18 Monaten alle Maßnahmen der Zwangsvollstreckung und Sicherungsmaßnahmen gegen das in Sonderliquidation befindliche Unternehmen ausgesetzt.

95cc) Die deutschen Gerichte sind deshalb jedenfalls nach § 343 Abs. 1 Satz 1 InsO gebunden.

96dd) Ungeachtet der Anerkennungswirkung findet deutsches Arbeitsrecht Anwendung. Teil des deutschen Arbeitsrechts ist auch die Verkürzung der Kündigungsfrist bei Insolvenzkündigungen (vgl.  - Rn. 66, ZIP 2012, 2312).

C. Die Klägerin hat nach § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Fundstelle(n):
BB 2013 S. 948 Nr. 16
DB 2013 S. 1421 Nr. 25
RAAAE-32781