Instanzenzug:
Gründe
1 Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen Mordes in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit sexueller Nötigung, sexuellem Missbrauch von Kindern und Freiheitsberaubung mit Todesfolge und in einem Fall in Tateinheit mit versuchtem sexuellem Missbrauch von Kindern, wegen sexueller Nötigung in vier Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern, und wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in fünf Fällen, davon in einem Fall in zwei rechtlich zusammentreffenden Fällen, zu lebenslanger Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt, die besondere Schwere der Schuld festgestellt und die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Der Angeklagte hat mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision lediglich den aus der Urteilsformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.
2 Nach den Feststellungen des Landgerichts missbrauchte der Angeklagte teilweise unter Einsatz von Gewalt oder Drohung in elf Fällen Kinder sexuell oder versuchte sie zu missbrauchen. In drei Fällen tötete er seine Opfer, um Vortaten zu verdecken, in einem Fall auch heimtückisch.
3 I.
Hinsichtlich der Tat zum Nachteil von S. J. (unter II. 2. b. [1]. der Urteilsgründe) ist der Angeklagte allein des Mordes in Tateinheit mit Freiheitsberaubung mit Todesfolge schuldig. Die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener sexueller Nötigung und sexuellen Missbrauchs von Kindern muss entfallen, da insoweit Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist. Beide Delikte waren zum Tatzeitpunkt im Höchstmaß mit einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren bedroht (§ 176 Abs. 1, § 178 Abs. 1 StGB in der Fassung vom ). Somit war nach § 78 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 3, Abs. 4 StGB Verjährung bereits eingetreten, bevor sich das Ermittlungsverfahren im April 2011 gegen den Angeklagten richtete.
4 Im Übrigen hat die Überprüfung des Schuld- und des Strafausspruchs aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zulasten des Angeklagten ergeben.
5 II.
Die Anordnung der Sicherungsverwahrung kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht. Zwar ist nach dem Wortlaut des Gesetzes die Anordnung der Sicherungsverwahrung auch neben lebenslanger Freiheitsstrafe möglich. Nach dem u.a., BVerfGE 128, 326) ist § 66 StGB aber mit Art. 2 Abs. 2 Satz 2, Art. 104 Abs. 1 GG unvereinbar und bis zu einer Neuregelung, längstens bis zum , während der Übergangszeit nur anwendbar, soweit der Eingriff unerlässlich ist, um die Ordnung des betroffenen Lebensbereichs aufrechtzuerhalten (BVerfG aaO S. 406). Wie bereits der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs entschieden hat (, [...] Rn. 22 ff.), ist im Rahmen der nach § 66 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 StGB zu treffenden Ermessensentscheidung ein Nebeneinander von lebenslanger Freiheitsstrafe und Sicherungsverwahrung indes nicht unerlässlich. Dem schließt sich der Senat an.
6 Eine lebenslange Freiheitsstrafe kann auch nach Ablauf der nach § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 StGB bestimmten Verbüßungsdauer nur dann zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann (vgl. § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB). Solange der Verurteilte noch gefährlich ist, wird die lebenslange Freiheitsstrafe vollstreckt. Erst wenn sich herausstellt, dass von dem Verurteilten keine Gefahr mehr ausgeht, wird die Strafe zur Bewährung ausgesetzt. In diesem Falle dürfte indes auch eine zusätzlich zur lebenslangen Strafe angeordnete Sicherungsverwahrung nicht mehr vollzogen werden (§ 67c Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 66 Abs. 1 Nr. 4 StGB). Auch sie müsste zur Bewährung ausgesetzt werden (§ 67c Abs. 1 Satz 1, Satz 2 1. Halbsatz StGB). Angesichts dessen erscheint es kaum denkbar, dass im Anschluss an eine bedingte Aussetzung der lebenslangen Freiheitsstrafe die Sicherungsverwahrung wegen fortbestehender Gefährlichkeit des Betroffenen vollstreckt werden wird (BGH aaO Rn. 23; vgl. auch u.a., BVerfGE 117, 71, 93; , NStZ-RR 2011, 41). Auch die verfahrensrechtlichen Anforderungen an eine spätere Entscheidung über eine etwaige Strafaussetzung entsprechen denjenigen, die für die nach § 67c Abs. 1 Satz 1 StGB zu klärende Frage gelten, ob der Zweck der Maßregel die Unterbringung auch nach der Verbüßung der Strafe noch erfordert (§ 454, § 463 Abs. 1 und 3 StPO). Insbesondere ist stets unter Heranziehung eines Sachverständigen zu klären, ob bei dem Verurteilten keine Gefahr mehr besteht, dass dessen durch die Tat zutage getretene Gefährlichkeit fortbesteht (§ 463 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 454 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die Anordnung der Sicherungsverwahrung erscheint damit neben der Verurteilung zu lebenslanger Freiheitsstrafe im Interesse der öffentlichen Sicherheit nicht als unabdingbar (s. bereits , BGHSt 33, 398, 400 f.; insgesamt kritisch Peglau, NJW 2000, 2980 f.; Kreuzer, ZRP 2011, 7, 9).
7 III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 und 4, § 472 Abs. 1, § 472a Abs. 2 StPO. Im Hinblick auf das Revisionsvorbringen des Angeklagten, mit dem er - erfolglos - die Feststellungen zur Tat vom Juli 1995 und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld beanstandet, ist es nicht unbillig, ihn trotz des Teilerfolgs der Revision mit den gesamten Rechtsmittelkosten zu belasten.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
wistra 2013 S. 4 Nr. 3
WAAAE-30471