Instanzenzug:
Gründe
I.
1 Der zwischenzeitlich verstorbene Antragsteller nahm die Antragsgegnerin wegen eines bebilderten Artikels über die Hochzeit seines Sohnes in der Zeitschrift "die aktuelle" vom im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung der Veröffentlichung von vier Lichtbildern in Anspruch. Das Landgericht gab dem Antrag statt und erlegte der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens auf. Den Gegenstandswert setzte das Gericht auf 15.000 € fest. In einem gesonderten Verfahren ebenfalls vor dem Landgericht Berlin erwirkte der Antragsteller wegen desselben Artikels eine einstweilige Verfügung, mit der der Beklagten die Verbreitung bestimmter Passagen der Wortberichterstattung untersagt wurde.
2 In ihrem Kostenfestsetzungsantrag hat die Antragstellerin eine Vergütung in Höhe einer 1,3-fachen Verfahrensgebühr gemäß RVG-VV Nr. 3100 nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 899,40 € zur Festsetzung angemeldet. Die Rechtspflegerin beim Landgericht hat dem Antrag entsprochen. Hiergegen hat die Antragsgegnerin sofortige Beschwerde mit der Begründung eingelegt, die Verfolgung der Unterlassungsansprüche in getrennten Verfahren sei rechtsmissbräuchlich und die hierdurch verursachten Mehrkosten nicht notwendig im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Der Antragsteller müsse sich so behandeln lassen, als habe er ein einziges Verfahren durchgeführt. In diesem Fall wäre lediglich eine Verfahrensgebühr aus den addierten Gegenstandswerten der beiden Einzelverfahren (45.000 €) nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 1.530,58 € angefallen, die nach dem Verhältnis der Gegenstandswerte zueinander zu 1/3, d.h. in Höhe von 510,19 €, auf das vorliegende Verfahren entfalle. Die sofortige Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit der vom Kammergericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragsgegnerin ihr Begehren weiter.
II.
3 Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, dass der von der Antragsgegnerin erhobene Einwand der rechtsmissbräuchlichen Rechtsverfolgung im Kostenfestsetzungsverfahren keine Berücksichtigung finden könne. Das Kostenfestsetzungsverfahren diene lediglich dazu, die vom Prozessgericht getroffene Kostengrundentscheidung der Höhe nach auszufüllen und sei deshalb auf eine formale Prüfung der Kostentatbestände und die Beurteilung einfacher Fragen des Kostenrechts zugeschnitten. Die Entscheidung zwischen den Parteien streitiger Tatsachen und komplizierter Rechtsfragen sei in diesem Verfahren nicht vorgesehen. Nach diesen Grundsätzen könne der Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren nicht überprüfen, ob das Vorgehen einer Partei gegen mehrere Parteien oder das Vorgehen mehrerer Parteien gegen eine Partei in getrennten Verfahren rechtsmissbräuchlich sei. Bei dieser Frage gehe es nicht um die Ausfüllung einer konkreten Kostengrundentscheidung, sondern um die Kürzung der Erstattungsansprüche aufgrund umfangreicher materiellrechtlicher Erwägungen, die die Entscheidungsmacht und die Entscheidungsmöglichkeiten des Rechtspflegers überschreite und in die Kompetenz des Prozessrichters gehöre.
III.
4 Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
5 1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Ihrer Statthaftigkeit steht nicht entgegen, dass dem angefochtenen Beschluss ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zugrunde liegt, in dem die Rechtsbeschwerde wegen des durch § 574 Abs. 1 Satz 2, § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO begrenzten Instanzenzugs auch im Fall ihrer Zulassung ausgeschlossen ist (, BGHZ 154, 102, 103 f.). Diese Begrenzung gilt nicht für das Kostenfestsetzungsverfahren, das als selbständige Folgesache mit einem eigenen Rechtsmittelzug ausgestattet ist (BGH, Beschlüsse vom - V ZB 25/04, NJW 2005, 2233; vom - I ZB 47/06, GRUR 2007, 999 Rn. 8; vom - I ZB 16/07, NJW 2008, 2040 Rn. 6).
6 2. Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist der von der Antragsgegnerin erhobene Einwand, die Antragstellerin habe durch die Geltendmachung gleichgerichteter, auf identische Veröffentlichungen gestützter Unterlassungsansprüche in getrennten Verfahren ungerechtfertigt Mehrkosten verursacht, im Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen.
7 a) Es kann offenbleiben, ob die Erstattungsfähigkeit der durch die getrennte Geltendmachung der Unterlassungsansprüche entstandenen erhöhten Rechtsanwaltsgebühren mit der Begründung verneint werden kann, dass diese Kosten nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewesen seien (vgl. dazu Senatsbeschluss vom - VI ZB 59/11, [...] Rn. 7 (insoweit in MDR 2012, 1314 nicht abgedruckt) mwN).
8 b) Denn der Einwand der Antragsgegnerin ist im Kostenfestsetzungsverfahren jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs zu berücksichtigen.
9 aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts unterliegt jede Rechtsausübung - auch im Zivilverfahren - dem aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleiteten Missbrauchsverbot (Senatsbeschluss vom - VI ZB 59/11, MDR 2012, 1314, Rn. 9; BGH, Beschlüsse vom - V ZB 83/06, BGHZ 172, 218 Rn. 13 f.; vom - XII ZB 156/06, NJW 2007, 2257 Rn. 12 f.; Urteil vom - VIII ZR 282/00, BGHZ 149, 311, 323; BVerfG, NJW 2002, 2456, jeweils mwN). Als Ausfluss dieses auch das gesamte Kostenrecht beherrschenden Grundsatzes ist die Verpflichtung jeder Prozesspartei anerkannt, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie im Falle ihres Sieges vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren lässt. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung kann dazu führen, dass das Festsetzungsverlangen als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren ist und die unter Verstoß gegen Treu und Glauben zur Festsetzung angemeldeten Mehrkosten vom Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren abzusetzen sind (vgl. Senatsbeschluss vom - VI ZB 59/11, aaO; BGH, Beschlüsse vom - X ZB 3/09, NJW 2011, 529 Rn. 10; vom - XII ZB 156/06, aaO Rn. 12 ff.; vom - V ZB 58/12, z.V.b.; KG, KG-Report 2002, 172, 173; 2000, 414, 415; OLG Stuttgart, OLG-Report 2001, 427, 428; OLG München, OLG-Report 2001, 105; MünchKommZPO/Giebel, ZPO, 3. Aufl., Rn. 41, 48, 110; Musielak/Lackmann, ZPO, 9. Aufl., § 91 Rn. 9; Jaspersen/Wache in Vorwerk/Wolf, Beck OK ZPO, § 91 Rn. 152 (Stand: April 2012); Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Aufl., § 91 Rn. 140; von Eicken/Mathias, Die Kostenfestsetzung, 20. Aufl., Rn. B 362; vgl. auch Senatsurteil vom - VI ZR 127/10, AfP 2011, 184).
10 bb) So kann es als rechtsmissbräuchlich anzusehen sein, wenn der Antragsteller die Festsetzung von Mehrkosten beantragt, die dadurch entstanden sind, dass er einen einheitlichen Lebenssachverhalt willkürlich in mehrere Prozessmandate aufgespalten hat (vgl. MünchKommZPO/Giebel, aaO, Rn. 48). Dies kann beispielsweise dann anzunehmen sein, wenn er einen oder mehrere gleichartige oder in einem inneren Zusammenhang stehende und aus einem einheitlichen Lebensvorgang erwachsene Ansprüche gegen eine oder mehrere Personen ohne sachlichen Grund in getrennten Prozessen verfolgt hat (vgl. Senatsbeschluss vom - VI ZB 59/11, aaO; BGH, Beschlüsse vom - V ZB 58/12, z.V.b.; vom - XII ZB 156/06, NJW 2007, 2257 Rn. 13; OLG Düsseldorf, JurBüro 1982, 602; 2002, 486; 2011, 648, 649; OLG Koblenz, VersR 1992, 339; KG, KG-Report 2002, 172, 173; 2000, 414, 415; OLG München, OLG-Report 2001, 105 f.; OLG Stuttgart, OLG-Report 2001, 427, 428). Gleiches gilt für Erstattungsverlangen in Bezug auf Mehrkosten, die darauf beruhen, dass mehrere von demselben Prozessbevollmächtigten vertretene Antragsteller in engem zeitlichem Zusammenhang mit weitgehend gleichlautenden Antragsbegründungen aus einem weitgehend identischen Lebenssachverhalt ohne sachlichen Grund in getrennten Prozessen gegen den- oder dieselben Antragsgegner vorgegangen sind (vgl. Senatsbeschluss vom - VI ZB 59/11, aaO, Rn. 10; , z.V.b.; OLG Frankfurt am Main, JurBüro 1974, 1599; OLG Stuttgart, OLG-Report 2001, 427, 428; OLG München, OLG-Report 2001, 105 f.; KG, KG-Report 2000, 414, 415; 2002, 172, 173; Münch-KommZPO/Giebel, aaO Rn. 48, 110; Musielak/Lackmann, aaO; Jaspersen/ Wache in Vorwerk/Wolf, aaO Rn. 119.8 (Stand: April 2012)).
11 c) Nach diesen Grundsätzen ist das Festsetzungsverlangen des Antragstellers, soweit es auf die Erstattung der durch die getrennte Rechtsverfolgung entstandenen Mehrkosten gerichtet ist, als rechtsmissbräuchlich anzusehen. Die vom Antragsteller in den getrennten Verfahren erhobenen Unterlassungsansprüche ergeben sich aus demselben Lebenssachverhalt - der Veröffentlichung des bebilderten Artikels in der Zeitschrift "die aktuelle" vom - und sind sowohl gleichartig als auch gleichgerichtet. Ihre Geltendmachung diente in beiden Fällen dem Zweck, eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Antragstellers durch einen rechtswidrigen Eingriff in seine Privatsphäre für die Zukunft zu unterbinden. Auf diesen Gesichtspunkt hatte der Antragsteller seine Ansprüche in seinen am selben Tag unter demselben Aktenzeichen verfassten und im Wesentlichen gleichlautenden Abmahnschreiben ausdrücklich gestützt. Auch seine am selben Tag verfassten Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hatte er übereinstimmend damit begründet, dass die Berichterstattung sein Persönlichkeitsrecht verletze, weil sie sein Privatleben in rechtswidriger Weise öffentlich mache. Die Ansprüche stehen darüber hinaus in einem inneren Zusammenhang. Dies ergibt sich daraus, dass die Wort- und Bildberichterstattung Bestandteil eines Artikels war, die beanstandeten Lichtbilder der Illustration der Wortberichterstattung dienten und ihr Informationsgehalt unter Berücksichtigung der zugehörigen Textberichterstattung zu ermitteln war (vgl. , VersR 2010, 673 Rn. 35; vom - VI ZR 214/10, AfP 2011, 362 Rn. 21 ff.; vom - VI ZR 26/11, VersR 2012, 192 Rn. 26).
12 Sachliche Gründe für eine getrennte Geltendmachung der gleichartigen Unterlassungsansprüche sind weder ersichtlich noch dargetan. Die Aktenbearbeitung und Abwicklung eines Verfahrens, in dem ein Antragsteller gleichgerichtete Ansprüche aus einem einheitlichen Lebensvorgang gegen dieselbe Antragsgegnerin verfolgt, begründet keine erhöhten Anforderungen, die eine getrennte Rechtsverfolgung als sachgemäß erscheinen lassen könnten (vgl. , NJW-RR 2006, 474 Rn. 21). Entgegen der Auffassung des Antragstellers war eine getrennte Geltendmachung der Unterlassungsansprüche auch nicht wegen der Eilbedürftigkeit erforderlich. Der Antragsteller hatte der Antragsgegnerin mit Abmahnschreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten vom jeweils eine Frist zur Abgabe einer Unterlassungserklärung bis setzen lassen. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Antragsgegnerin bei einer einheitlichen Abmahnung eine verlängerte Prüfungsfrist hätte eingeräumt werden müssen.
13 Der Antragsteller muss sich deshalb kostenrechtlich so behandeln lassen, als habe er ein einziges Verfahren gegen die Antragsgegnerin geführt (vgl. Senatsbeschluss vom - VI ZB 59/11, [...] Rn. 12 (insoweit in MDR 2012, 1314 nicht abgedruckt); , [...] Rn. 6 (insoweit nicht in NJW 2007, 2257 abgedruckt), jeweils mwN). Er kann die Kosten der Rechtsverfolgung nicht in voller Höhe erstattet verlangen, sondern nur anteilig im Verhältnis der Gegenstandswerte der Einzelverfahren zum - gemäß § 22 Abs. 1 RVG ermittelten - (fiktiven) Gesamtgegenstandswert eines einheitlichen Verfahrens (vgl. Senatsbeschluss vom - VI ZB 68/11, z.V.b.; KG, KG-Report 2002, 172, 174).
14 Hätte der Antragsteller seine Unterlassungsansprüche gegen die Antragsgegnerin in einem einzigen Verfahren verfolgt, wären Gesamtkosten in Höhe von 1.530,58 € entstanden. Die Gebühren der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers wären gemäß § 22 Abs. 1 RVG nach einem Gesamtgegenstandswert von 45.000 € zu berechnen gewesen, der sich aus einer Addition der auf die einzelnen Unterlassungsanträge entfallenden Gegenstandswerte in Höhe von 15.000 € und 30.000 € ergibt. Entstanden wären mithin Kosten in Höhe einer 1,3-fachen Verfahrensgebühr gemäß §§ 2, 13 RVG i.V.m. Nr. 3100 VV von 1.266,20 € sowie eine Post- und Telekommunikationspauschale gemäß Nr. 7002 VV in Höhe von 20 €, also insgesamt 1.286,20 € netto = 1.530,58 € brutto. Auf das vorliegende Verfahren wäre damit nur ein Kostenanteil von 510,19 € entfallen.
Fundstelle(n):
RAAAE-24788