BGH Beschluss v. - II ZR 216/10

Gesellschafterstellung in einer GmbH: Anforderungen an den Nachweis nach Geschäftsanteilserwerb

Gesetze: § 16 Abs 1 aF GmbHG

Instanzenzug: Brandenburgisches Az: 7 U 179/09vorgehend LG Frankfurt (Oder) Az: 32 O 33/08

Gründe

1Die Revision ist zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für ihre Zulassung nicht vorliegen und die Revision auch keine Aussicht auf Erfolg hat.

21. Ein Zulassungsgrund besteht nicht. Weder erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts noch stellen sich im Zusammenhang mit § 16 Abs. 1 GmbHG aF als auslaufendem Recht grundsätzliche Fragen, da nicht zu erwarten ist, dass noch eine erhebliche Anzahl von Fällen wie der zugrunde liegende nach altem Recht zu entscheiden sein werden (vgl. , ZIP 2010, 1446 Rn. 3 m.w.N.). Dass der Geschäftsführer einer GmbH bei der Überzeugungsbildung, ob ein Nachweis des Übergangs eines Geschäftsanteils im Sinne des § 16 Abs. 1 GmbHG aF als geführt angesehen werden kann, gesellschaftsvertragliche Bestimmungen berücksichtigen muss, welche die Abtretung erschweren, ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt (vgl. , NJW-RR 1996, 1377, 1378; Urteil vom - II ZR 209/90, ZIP 1991, 724, 725).

32. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Zulässigkeit der Beitritte der Nebenintervenienten. Der erkennende Senat kann nicht mehr nachprüfen, ob die materiellen Voraussetzungen der Nebenintervention vorlagen, weil die Zulassung des Beitritts durch das Landgericht rechtskräftig ist.

4Das Landgericht hatte die von der Klägerin gegen die Zulässigkeit der Nebenintervention erhobenen Rügen als unbegründet erachtet und durch das im Endurteil enthaltene Zwischenurteil (§ 71 Abs. 1 ZPO) den Beitritt zugelassen (vgl. , NJW 2002, 1872, 1873; Urteil vom - V ZR 132/61, NJW 1963, 2027). Gegen diese Entscheidung findet nur die sofortige Beschwerde nach § 71 Abs. 2 ZPO statt (vgl. , juris; Beschluss vom - VI ZB 49/05, NJW-RR 2006, 644; Beschluss vom - II ZB 2/89, juris; Urteil vom - IVa ZB 1/85, VersR 1985, 551; Urteil vom - V ZR 132/61, NJW 1963, 2027; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 71 Rn. 5; MünchKommZPO/Schultes, 3. Aufl., § 71 Rn. 10).

5Das landgerichtliche Urteil ist der Klägerin am zugestellt worden. Selbst wenn man in der Berufung der Klägerin vom eine sofortige Beschwerde sehen wollte, wäre diese nicht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 569 Abs. 1 ZPO eingelegt worden. Das Berufungsgericht und auch das Revisionsgericht können daher nicht mehr nachprüfen, ob die materiellen Voraussetzungen der Nebenintervention vorgelegen haben (vgl. , NJW 1963, 2027).

63. Die Revision hat auch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zu Recht zurückgewiesen.

7Das Berufungsgericht hat richtig entschieden, dass der Klägerin die erforderliche (materielle) Berechtigung zur Geltendmachung ihrer auf die Nichtigerklärung von Gesellschafterbeschlüssen und auf positive Beschlussfeststellung gerichteten Klageanträge fehlt, weil sie nicht die nach § 16 Abs. 1 GmbHG aF zu bestimmende Gesellschafterin der Beklagten geworden ist (vgl. , ZIP 2008, 2215 Rn. 11; Drescher in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, AktG § 245 Rn. 19 f.; AktG § 249 Rn. 6).

8a) Es kann dahinstehen, inwieweit es sich auf die Fiktionswirkung des § 16 Abs. 1 GmbHG aF auswirkt, dass in einem Vorprozess der Antrag der Klägerin festzustellen, dass sie Gesellschafterin der Beklagten mit einer Beteiligungsquote von jedenfalls 40 % ist, rechtskräftig abgewiesen worden ist. Denn es lag - so das Berufungsgericht zu Recht - kein überzeugender Nachweis des Anteilsübergangs auf die Klägerin vor, so dass die Fiktion des § 16 Abs. 1 GmbHG aF schon nicht eingreifen konnte.

9aa) Nach § 16 Abs. 1 GmbHG aF galt bei einer Anteilsveräußerung der Gesellschaft gegenüber derjenige als Erwerber und damit als Gesellschafter, dessen Erwerb unter Nachweis des Übergangs bei der Gesellschaft angemeldet war. Zum Nachweis des Übergangs der Gesellschafterstellung genügte es, dass die Gesellschaft vom Rechtsübergang überzeugend unterrichtet wurde (, ZIP 2008, 2214 Rn. 9; Urteil vom - II ZR 209/90, ZIP 1991, 724, 725).

10bb) Eine überzeugende Unterrichtung in diesem Sinne hat das Berufungsgericht zu Recht verneint. Zwar stand es grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Geschäftsführers, ob ein solcher Nachweis als geführt anzusehen war. Bei der Überzeugungsbildung mussten jedoch gesellschaftsvertragliche Bestimmungen berücksichtigt werden, welche die Abtretung erschwerten (, NJW-RR 1996, 1377, 1378; Urteil vom - II ZR 209/90, ZIP 1991, 724, 725; Scholz/Winter/Seibt, GmbHG, 10. Aufl., § 16 Rn. 18; Winter/Löbbe in Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG, § 16 Rn. 17;Hachenburg/Zutt, GmbHG, 8. Aufl., § 16 Rn. 15).

11Dies hat der Geschäftsführer der Beklagten nicht getan. Nach der zutreffenden, vom erkennenden Senat uneingeschränkt überprüfbaren Auslegung von § 13 des Gesellschaftsvertrags der Beklagten durch das Berufungsgericht und das Landgericht gehört die Klägerin nicht zu den Personen, die Geschäftsanteile der Beklagten erwerben konnten. Dies steht nach der Entscheidung im Vorprozess mittlerweile auch rechtskräftig zwischen den Parteien fest. Der Geschäftsführer der Beklagten hat die gesellschaftsvertragliche Bestimmung, welche in der maßgeblichen objektiven Auslegung die Abtretung an die Klägerin nicht zulässt, nicht beachtet. Auf ein falsches Verständnis des Geschäftsführers in diesem Zusammenhang kommt es vorliegend nicht an. Das dem Geschäftsführer eingeräumte Ermessen findet seine objektive Grenze in der statutarischen Beschränkung der Geschäftsanteilsübertragung.

12b) Die Fiktionswirkung des § 16 Abs. 1 GmbHG aF ist entgegen der Auffassung der Revision auch nicht durch einen Verzicht auf den Nachweis eingetreten.

13Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs konnte die Gesellschaft zwar auf einen förmlichen Nachweis verzichten, wenn der Geschäftsführer auch ohne entsprechenden Nachweis von der Richtigkeit der Anmeldung überzeugt war (, WM 1967, 24, 25). Eine ordnungsgemäße Anmeldung lag daher grundsätzlich vor, wenn die Gesellschaft den Erwerber ohne Nachweise einzufordern als neuen Gesellschafter anerkannte und behandelte (, ZIP 1991, 724, 725).

14Um einen Verzicht auf den Nachweis des Erwerbs, etwa auf die Vorlage der Abtretungsurkunde, geht es hier aber nicht. Denn die überzeugende Unterrichtung scheiterte objektiv daran, dass die Klägerin nach dem Gesellschaftsvertrag der Beklagten keinen Geschäftsanteil erwerben konnte. Die Nichtbeachtung dieser Regelung machte die Ermessensausübung des Geschäftsführers der Beklagten fehlerhaft. Die Wirkung des § 16 Abs. 1 GmbHG aF trat bei einem Verzicht auf (weitere) Nachweise  nur dann ein, wenn die Prüfung des Anteilsübergangs durch den Geschäftsführer pflichtgemäßem Ermessen entsprach (Winter/Löbbe in Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG, § 16 Rn. 18; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Pentz, GmbHG, 4. Aufl., § 16 Rn. 17).

Bergmann                                         Strohn                                            Reichart

                          Drescher                                           Born

Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.

Fundstelle(n):
DStR 2012 S. 12 Nr. 46
GmbHR 2012 S. 1303 Nr. 23
ZIP 2013 S. 117 Nr. 3
UAAAE-22055