Anhörungsrüge gegen ein Revisionsurteil des Bundesgerichtshofes: Mindestanforderungen an die Darlegung eines Gehörsverstoßes
Gesetze: Art 103 Abs 1 GG
Instanzenzug: Az: I ZR 30/10 Urteilvorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen Az: 2 U 4/08vorgehend Az: 12 O 379/06
Gründe
1Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhörungsrüge ist nicht begründet.
21. Die Gerichte sind nach Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Einzelpunkte des Parteivorbringens in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 96, 205, 216 f.). Der Senat hat die Angriffe der Revision der Beklagten in vollem Umfang darauf geprüft, ob sie begründet sind. Er hat sie indes sämtlich für nicht durchgreifend erachtet. Soweit die Beklagten mit der Anhörungsrüge ihren Vortrag aus der Revisionsinstanz wiederholen, kann die Anhörungsrüge damit nicht begründet werden. Nach der vom Bundesverfassungsgericht gebilligten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können mit der Anhörungsrüge nur neue und eigenständige Verletzungen des Art. 103 Abs. 1 GG durch das Rechtsmittelgericht gerügt werden (vgl. , NJW 2008, 923; , NJW 2008, 2635).
32. Soweit die Beklagten verschiedentlich einen Verstoß des Senats gegen die Pflicht zur Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union, an den Großen Senat des Bundesgerichtshofs oder den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes rügen, legen sie damit keine Gehörsverletzung dar. Dabei kann weiterhin offenbleiben, ob die Missachtung einer Vorlagepflicht eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG darstellt (vgl. , GRUR 2003, 546, 547 - Turbo-Tabs). Der Senat hat in den Entscheidungsgründen eine Pflicht zur Vorlage im Zusammenhang mit der Frage erörtert, ob ein empirischer Nachweis der Gefahren des Internetvertriebs geboten ist, hat aber eine Notwendigkeit der Vorlage letztlich verneint (Revisionsurteil Rn. 84). Auch den weiteren Vortrag der Beklagten zur Frage eines Vorabentscheidungsersuchens hat der Senat in Erwägung gezogen, jedoch nicht als begründet angesehen. Wird aus den Entscheidungsgründen deutlich, weshalb der Senat eine Pflicht zur Vorlage verneint hat, bedarf es keiner ausdrücklichen Erörterung der einzelnen Punkte, die aus der Sicht der Beklagten für eine Vorlage gesprochen hätten.
43. Einen Gehörsverstoß im vorliegenden Verfahren können die Beklagten nicht mit Verweisen auf im Verfahren I ZR 92/09 vorgelegte Schriftsätze oder Anlagen begründen. Soweit sich die Beklagten im Übrigen auf Seite 24 der Anhörungsrüge ohne Angabe einer konkreten Fundstelle auf angeblich im vorliegenden Verfahren gehaltenen Vortrag beziehen, genügt dies ebenfalls nicht den formalen Mindestanforderungen an die Darlegung eines Gehörsverstoßes in einer Anhörungsrüge.
Bornkamm Pokrant Büscher
Schaffert Kirchhoff
Fundstelle(n):
ZAAAE-17679